Individualismus und das Externalitätenproblem

by Dirk Elsner on 13. September 2008

Wir verstehen unter externen Effekten Entscheidungskonsequenzen, die andere als jenen, der die Entscheidung getroffen hat bzw. an ihrem Zustandekommen beteiligt war, in deren Bedürfnisbefriedigung positiv oder negativ berühren. Entsprechend lassen sich negative und positive Externalitäten unterscheiden.

Die externen Kosten und die externen Nutzen sind unter zwei Gesichtspunkten problematisch:

  • Einmal führen sie zu fehlerhaften Entscheidungen bei der Allokation der Ressourcen. Da die externen Effekte in der Regel nicht in das Kosten-Nutzen-Kalkül des die Entscheidung treffenden Individuums eingehen, werden die extern tangierten Bedürfnisse vernachlässigt. Das hat zur Folge, dass von einzelnen Gütern und Dienstleistungen zu viel, von anderen zu wenig hergestellt wird. Das Ergebnis ist eine Verschwendung knapper Produktionsfaktoren. Dies gilt dann nicht, wenn keine Transaktionskosten bestehen, an sämtlichen wohlfahrtsrelevanten Handlungsalternativen private Eigentumsrechte existieren und ein voll wettbewerbsfähiger Markt besteht, auf dem diese gehandelt werden können[1].
  • Zum anderen widerspricht das Vorliegen von externen Kosten dem Ideal, das verlangt, dass jedes Individuum alle Folgen seiner Entscheidungen trägt und jedes Individuum die Folgen nur seiner Handlungen trägt.

Auch die distributionspolitischen Folgen von externen Kosten sind also unerwünscht. Sie widersprechen der als Ideal bejahten Selbstverantwortlichkeit des Individuums. Externe Kosten bedeuten, dass der eine den anderen instrumentalisiert. Jener, den ein anderer durch seine Entscheidungen in der Wohlfahrt beeinträchtigt, wird in den Dienst ihm fremder Zwecke gezwungen..

Problematisch ist dies allerdings nur dann, wenn die ursprüngliche Verteilung der Ressourcen entweder vorbehaltlos bejaht oder als unbedeutend ausgeklammert wird. Gilt die Ausgangsverteilung nämlich als unannehmbar, verfügt etwa A über Ressourcen, die nicht ihm, sondern B zustehen, so korrigieren externe Kosten, die B bei A verursacht, diesen Missstand ganz oder teilweise. Dies jedenfalls solange, wie die externen Kosten nicht so hoch sind, dass sie selbst zu einer als unannehmbar geltenden Verteilung führen.

Während externe Kosten und externe Nutzen allokationspolitisch problematisch sind, ist dies unter distributionspolitischen Aspekten nur bei externen Kosten der Fall. Diese Asymmetrie erklärt sich aus der Tatsache, dass bei externen Kosten jemand gegen seinen Willen zu Wohlfahrtsminderungen gezwungen wird, ihm aber bei externen Nutzen Handlungsalternativen unentgeltlich eröffnet werden, die er zwecks Wohlfahrtserhöhung freiwillig nutzen kann. Im Falle der externen Kosten haben wir es mit der Verletzung der individuellen Freiheit durch einen Stärkeren zu tun, im Falle der externen Nutzen mit der frei bejahten Wahrnehmung unentgeltlich durch die Entscheidung eines anderen eröffneter wohlfahrtsrelevanter Handlungsmöglichkeiten. Diese Asymmetrie findet sich in jenem für die liberale Gesellschaftspolitik charakteristischen Merkmal wieder, die unter Umständen die Produktion von externen Kosten verbietet, aber höchst selten die Produktion von externem Nutzen gebietet. In der Tat haben liberale Gesellschaften weit mehr Verbote als Gebote[2].


[1] G. Kirsch, Neue Politische Ökonomie, 3., überarb. u. erw. Aufl. 1993, S. 24 f.

[2] G. Kirsch, Neue Politische Ökonomie, 3., überarb. u. erw. Aufl. 1993, S. 25.

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