Debatte um unglaubwürdige Weblogs in Deutschland: Spätzündung zu einer Onlinestudie

by Dirk Elsner on 26. September 2008

Eine schöne Debatte ist da verspätet losgegangen und ausgelöst von der ARD/ZDF-Onlinestudie 2008. Bei BasicThinking läuft der Kommentarthread fast über zu einem Artikel von Robert Basic. Ich glaube trotz der Aufregung, die Blogosphäre sollte die Studie ernst nehmen und sie zum Anlass nehmen, sich kritisch zu hinterfragen.

„Nur Weblogs und berufliche Netzwerke verzeichnen leicht rückläufige Akzeptanz.“

Das ist zunächst einmal eine Feststellung, die sich aus den Erhebungsdaten ergibt. Inhaltlich für mich nachvollziehbar. Nachdem sich der Medienhype um Blogs und Netzwerke gelegt hat, haben viele Mitmacher festgestellt, dass ein Blog sich nicht von selbst schreibt und ein Netzwerk nicht entsteht durch die Registrierung bei Xing. Beides erfordert Zeit für die Pflege.

„Weblogs bleiben weiterhin Randerscheinungen.“

Auch dem würde ich erst einmal zustimmen. Die Mehrheit der Weblogs hat sich in Deutschland noch nicht die Kompetenz erarbeitet, wie Blogs in den USA. Es reicht halt nicht aus, einfach eine Meldung von einer anderen Nachrichtenquelle zu übernehmen. Hier ist von der großen Mehrheit der Blogs mehr eigener Input gefragt, um nicht eine Randerscheinung zu bleiben.

„Weblogs gehören zu den Web-2.0-Funktionen, die nach den aktuellen Daten weniger gefragt sind als noch ein Jahr zuvor.“

„Die überwiegende Haltung beim Besuch eines Weblogs ist eine passive: 61 Prozent der Weblognutzer lesen schlicht die Beiträge, nur 39 Prozent sind aktiv und verfassen bzw. kommentieren auch selbst. Das Interesse, sich aktiv einzubringen, nimmt mit zunehmendem Alter stark ab.“

Ob der Anteil 39% aktiver Nutzer gering ist, bezweifel ich. Ich finde das eine recht hohe Zahl, von der ich für meinem Blog träume.

Dann folgt der Teil, der die Glaubwürdigkeitsdebatte auslöst:

„In der generellen Wahrnehmung von Weblogs zeigt sich, dass diese häufig zwar als interessant, aber wenig glaubwürdig wahrgenommen werden. Knapp die Hälfte derer, die Weblogs kennen oder nutzen, stimmen voll und ganz oder weitgehend der Aussage zu, dass die auf Weblogs verbreiteten Beiträge interessante Informationen enthalten. Als Informationsquelle haben Weblogs in der Wahrnehmung der Befragten aber ein Glaubwürdigkeitsproblem. Nur 29 Prozent halten die auf Weblogs verbreiteten Informationen für glaubwürdig. Eine Mehrheit von 71 Prozent ist skeptisch und misstraut dem Wahrheitsgehalt von Weblogs eher. Entsprechend sieht auch nur eine Minderheit in Weblogs eine Konkurrenz zu professionellen journalistischen Angeboten.“

Es ist klar, dass die Medien diesen Befund hervorheben, weil ihnen diese „Revolution von unten“ ein Dorn im Auge ist. Sie freuen sich aktuell noch darüber, das Blogs ein Glaubwürdigkeitsproblem haben. Dabei darf man hier die Blogs nicht über einen Kamm scheren. Frank aus dem Kommentarthread von Basic Thinking nimmt mir das Ende der Antwort ab:

„Natürlich gibt es viele Blogs bei denen ich die Glaubwürdigkeit kritisch sehen würde. Sind die 1001 Frauen- und Fernsehzeitschriften, Männermagazine oder die RTL Boulevard-Sendungen etc. glaubwürdiger? Auf der anderen Seite gibt es einige Fachblogs die in vielerlei Hinsicht besser, detaillierter und damit glaubwürdigere Artikel liefern als die sog. seriöse Presse, wo oft falsche Informationen / Interpretationen gegenseitig abgeschrieben werden.“

Blogs sollten nicht so vermessen sein und annehmen, sie hätten die Wahrheit gepachtet und verfügten stets über die besseren und glaubwürdigeren Informationen. In der Praxis dürfte das nämlich häufig nicht so sein. Die Spezialblogs können ihre Stärken besser ausspielen, weil sie Fachthemen viel besser besetzen können als traditionelle Medien. Journalisten sind i.d.R. schreibstarke Allrounder mit wenig Detailwissen zu Einzelthemen haben. Hier liegt klar eine Stärke von Fachblogs.

Fazit

Ein Fazit von Dr. Blume im Blog religionswissenschaft.twoday.net lautet: „Weblogs haben eine Zukunft, wenn sie weiter an ihrer Qualität arbeiten und glaubwürdig belegte Informationen anbieten. Längst gibt es z.B. auch in der deutschsprachigen Wissenschaftsblogosphäre kompetente Akteure dazu, die gute Angebote bekannt machen und Qualitätsdebatten vorantreiben.“

Diesem Fazit möchte ich mich anschließen und ergänzen:

Die deutschen Blogs sollten sich mehr miteinander vernetzen und sich mehr unterstützen. Newcomer sollten offener und vor allem aktiver aufgenommen werden, damit sie nicht gleich in der besuchsarmen Startphase eines Blogs wieder das Handtuch werfen. Als Blogger selbst sollte man sich stets fragen, warum man den Blog betreibt. Will man nur seine Gedanken ins Netz stellen oder will man eine große Zielgruppe erreichen und bekannt werden.

Blogverzeichnis - Blog Verzeichnis bloggerei.de

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