Kreditklemme: Der Druck steigt

by Dirk Elsner on 15. Dezember 2008

Schraubstock_sw

Auch mit einem Schaubstock kann man einklemmen

„Eine Kreditklemme gibt es nicht“, so eine unverständliche Aussage von Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Jürgen Fitschen gegenüber der Financial Times Deutschland. Der Blick Log kennt die Informationsquellen vor Jürgen Fitschen nicht, vermutet aber, dass Fitchen sich aus einer Parallelrealität informiert, die Unternehmen und Medien nicht zugänglich ist.  Unsere Realität sieht nämlich komplett anders aus.

Nach einer von Spiegel Online zitierten Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) klagt ein Drittel der Unternehmen über Schwierigkeiten, neue Kredite zu bekommen oder laufende Kredite zu verlängern. „Eine Finanzklemme im Unternehmenssektor wird immer wahrscheinlicher. Sie ist in vielen Fällen bereits Realität“, wird der BDI zitiert. Auch die Konditionen für die Kreditvergabe verschlechterten sich zusehends. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen klagen laut Umfrage über gestiegene Zinsen.

Überall im Land murren die Unternehmer, schreibt die FAZ Hakan Samuelson, der Chef des Lastwagenbauers MAN, gehörte zu den ersten. Die Kreditvergabe der Banken sei „definitiv ein Problem“, klagte er. Inzwischen bekommt er Unterstützung von überallher. Gesamtmetallchef Martin Kannegießer und Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger etwa warnen: Die Gefahren einer Kreditkrise seien für viele Unternehmen „geradezu existienziell“.

Bei einer Umfrage des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young gaben 14 Prozent aller Unternehmen an, die Finanzierung über ihre Hausbank sei schwierig geworden („Wir Banken wertberichtigen die Schwäbische Alb“). Werften, Bauunternehmen und selbst die Betreiber von Windkraftanlagen – sie alle klagen über „erhebliche Probleme“. Und auch ein Großhändler aus dem Ruhrgebiet beschwerte sich, ihm sei von seiner Hausbank „ohne ersichtlichen Grund“ die Kreditlinie gestrichen worden.

Unverständlich bleibt, warum die Banken die Kreditklemme leugnen. Fitchen zieht sich darauf zurück, dass jedes vernünftige Projekt finanziert werde. Im Zweifel definieren dabei allerdings die Banken, was ein vernünftiges Projekt. Und die haben ihre Maßstäbe zur Beurteilung „vernünftiger Projekte“ drastisch erhöht.

Eine Ursache für die Kreditklemme sind die Probleme der Banken selbst, sich angemessen am Kapitalmarkt refinanzieren zu können. Noch immer trauen die Banken sich untereinander nicht. Und das erschwert das gesamte Kreditgeschäft.

Dabei stehen über den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) genügend Mittel bereit, um die Banken zu entlasten und mit Kapital auszustatten. Auf eine Billion Euro beziffert der Blick Log in der Readers Edition das Kreditpotential, dass sich noch aus dem (SoFFin) mobilisieren ließe. Die Verweigerung der Inanspruchnahme ist unverständlich und wohl darin zu suchen, dass sich die Banken bei eine Inanpruchnahme der SoFFin-Mittel wohl zu sehr an die Leine gelegt fühlen und viele Vorstände möglicherweise auch Gehaltseinbußen hinnehmen müssen.

Weitere Berichte zum Thema:

FAZ: Große Angst vor der Kreditklemme

FTD: Deutsche Bank greift Autobauer an

Handelsblatt: Mittelstand schreibt Brandbrief an Glos

Rheinische Post:  Wirtschaft in der Kreditklemme

Spon: Umfrage: Unternehmen leiden massenhaft unter Kreditklemme

Welt: Warum die Banker weiter Angst voreinander haben

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Coien Dezember 15, 2008 um 15:46 Uhr

Gejammert wird ja ohnehin immer. Aber nun geht es darum, die praktischen Probleme zu lösen. Der Staat kann diese Kreditklemme schon aus logistischen Problemen nicht allein lösen.
Der „Reinigungsprozess“ bei den Banken hat ja ohnehin schon begonnen. Ein gezieltes Zurückfahren bzw. Konsolidieren einzelner Institute, wie z.B. der Landesbanken, erscheint mir in der aktuellen Situation deutlich vielversprechender als die Institute einfach gegen die Wand fahren zu lassen.

Melanie Gatzke Dezember 15, 2008 um 15:37 Uhr

Was soll das Gejammere. Haben nicht alle den Rettungsschirm für die Banken gewollt?
Jeder wusste doch, was die Banken erst mal haben das verteilen sie erst an ihre Gläubiger, die Derivatschulden an die Spekulanten.
Die Banken sind halt nicht die Caritas.
Dummheit hat ihren Preis.
Jeder Staat hat eine eigene Staatsbank, diese hätte das Geld bekommen können mit der Auflage, es als Kredite an die Wirtschaft weiterzuleiten.
Wo wäre das Problem gewesen?
Stattdessen wirft man es Banken hinterher und die Wirtschaft schaut in die Röhre. Selber schuld.
Wäre man marktwirtschaftlich verfahren– bankrotte Banken bankrott gehen lassen, die Wirtschaft und den Zahlungsverkehr über die KFW -oder andere staatseigene Banken abgewickelt, dann bräuchten wir jetzt nicht bei den Banken zurückbetteln, was man ihnen längst gegeben hat, genau für die Wirtschaft. Warum diesen Umweg?
Dass die meisten Versager Staatsbanken waren , ist ein anderes Thema, die Aufsichten haben versagt. Doch der Staat hat hier ein Mitspracherecht, er kann es lenken das Zocken in Zukunft verbieten.
Macht die KFW zu dem , was sie sein soll und der Laden kann die Wirtschaft bedienen. Auch staatliche Kreditschöpfung ist ein Instrument in solchen Krisenzeiten. Dann ist die Abhängigkeit von anderen priv. Banken vorbei.
Wo ist das Problem?
Das Märchen von der Unersetzbarkeit der Pleitebanken, ist schlicht und einfach Blödsinn. Wie sagt Prof. (Un)- Sinn: der Geldkreislauf würde zusammenbrechern. Schmarrn, den übernehmen die verbleibenden mitsamt der ganzen Bank. Die Chance für einen Reinigungsprozess wurde vertan. Das kostest sehr viel. So kommen wir nicht aus der Krise.
Diese Kreditklemme, „wenn“ sie denn existiert, könnte der Staat ohne größere Probleme lösen, auf direkten Weg, nicht über den Umweg durch zahlungsunfähige Banken.
Manchmal schafft der Staat Probleme, die er nicht schaffen müsste.
Warum? Das wissen die Götter.
Sie schaffen einen gordischen Knoten, den sie selber nicht mehr lösen können. Hautsache kompliziert, dann wird man wichtig.

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