Boykott von Wirtschaftssender CNBC wegen “unverantwortlicher PR-Berichterstattung”

by Dirk Elsner on 4. Februar 2009

CNBC in der Kritik

Das ist eine interessante Geschichte, über die der Blog der Financial Times Alphaville berichtet, nämlich über einen Boykottaufruf gegen den Wirtschaftssender CNBC. Dieser Aufruf wird von mehreren englischsprachigen Blogs unterstützt. Sie werfen dem Sender Verantwortungslosigkeit und mangelndes redaktionelles Urteilsvermögen vor. Im Blickpunkt der Kritik steht die sehr stark personalisierte Berichterstattung über Personen, die keine Verantwortung für ihre Prognosen und Hinweise geben.

Gemeint ist damit wohl, dass die Tipps und Hinweise unkritisch hinausposaunt werden und anschließend nicht überprüft werden. Darunter sollen Hinweise gewesen sein, bei denen Anleger große Beträge verloren haben. Es gibt also keine Hinweise über die Qualität der Prognosen bzw. der Experten selbst. Und in der Tat kann ich die Kritik nachvollziehen, die übrigens in gleicher Weise auch für andere Wirtschaftssender gelten könnte. Die Sendungen mutieren immer mehr zu PR-Veranstaltungen für Analysten und Investmentunternehmen, die ihre vermeintlichen Experten senden.

Persönlich teile ich zwar die Kritik an den Senderinhalten, würde aber deswegen nicht zum Boykott aufrufen. Allerdings schaue ich den Sender ohnehin selten. Er ist zwar in unserem Digitalkabelpaket enthalten, jedoch kostenfrei nicht über das Internet empfangbar.

Aber tatsächlich müssen sich die Sender fragen, ob sie nicht zu einer reinen PR-Maschine der Finanzbranche geworden sind bzw. es schon immer waren. Dabei darf man nicht übersehen, dass es eine hohe Abhängigkeit der Finanzsender von der Finanzbranche gibt, denn die sind auch deren Hauptgeldgeber. Als Zuschauer sollte man sich ohnehin immer die Frage stellen, glaube ich den Senf, der dort von vermeintlichen Experten präsentiert wird. Kritische Distanz gehört zu jedem Medienkonsum. Dies gilt besonders, wenn auf Basis dieser Informationen Investitionsentscheidungen getroffen werden sollen.

Weitere Beiträge und Links zum Thema

FT: Happy Boycott CNBC Day!
Market Movers: CNBC’s Gasparino problem

Condor Options: CNBC Boycott

The Boycottcnbc blog:

Olaf Storbeck Februar 4, 2009 um 14:44 Uhr

Zur Frage, wie unabängig eigentlich die Finanzpresse berichtet, gibt es eine sensationelle Studie, die 2006 im Quarterly Journal of Economics erschienen ist (http://www.mitpressjournals.org/doi/abs/10.1162/qjec.2006.121.1.197) und über die ich damals auch groß im Handelsblatt berichtet habe:

Wie sich Fondsgesellschaften eine gute Presse kaufen
US-Anlegermagazine schreiben wichtigen Anzeigenkunden nach dem Mund, das zeigt zumindest eine Studie von zwei amerikanischen Ökonomen. Fondsgesellschaften, die viel Werbung schalten, bekommen im redaktionellen Teil offenbar eine Vorzugsbehandlung
http://www.handelsblatt.com/politik/wissenswert/wie-sich-fondsgesellschaften-eine-gute-presse-kaufen;1051439

Coien Februar 4, 2009 um 14:55 Uhr

Hallo Herr Storbeck,
Danke für die Hinweise. Diese Anregung nehme ich auch gern für einen Folgebeitrag in den nächsten Tagen. Interessanterweise ist das ein Thema, was kaum behandelt wird. Es dürfte aber auch klar sein, dass MSNBC, Bloomberg etc. dies ungern behandeln.

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