von Hans Christoph Binswanger* in: Aus Politik und Zeitgeschichte (26/2009)
Die Entwicklung der modernen Gesellschaft wird geprägt durch die ständige Tendenz zum Wirtschaftswachstum. Sie ist zur Generallinie der Entwicklung geworden. Das Wachstum beruht in einem wesentlichen Ausmaß auf der sich ins Unendliche fortsetzenden Geldschöpfung und des Einsatzes des Geldes zur Kapitalbildung. Um die sich daraus ergebende Dynamik zu verstehen, ist es notwendig, die Funktionsweise des Geldes genauer unter die Lupe zu nehmen.
Zuerst muss man wissen, was Geld ist, was heute Geld ist. Geld ist alles, womit man zahlen kann: Banknoten, also Papiergeld, sowie Sichtguthaben bei den Banken, das heißt Guthaben, die auf den Girokonten bei den Banken verbucht werden; man spricht daher auch von Buchgeld. Es kann in Banknoten eingelöst, aber die Banknoten können nicht mehr wie früher in Goldmünzen umgetauscht werden. Die letzten Reste einer solchen Einlösungspflicht sind anfangs der 1970er Jahre dahin gefallen. Seither kann die Zentralbank ohne Rücksicht auf irgendwelche Goldreserven den Banken Papiergeld in beliebiger Menge zur Verfügung stellen. Auf diese Weise kann die Menge des Geldes – des Buchgeldes und des Zentralbankgeldes – von Jahr zu Jahr erhöht werden. Man spricht von Geldschöpfung. Diese kann unendlich weitergehen, ohne an Grenzen zu stoßen, die früher durch die begrenzten Goldvorräte gegeben waren. – Heute sind ca. 95 Prozent der Geldmenge Buchgeld und 5 Prozent Banknoten inkl. Münzen.
Die Geldschöpfung erfolgt durch die Kreditgewährung der Banken an Unternehmen, an den Staat und an die Haushalte – zur Hauptsache an Unternehmen. Die Banken sind Produzenten von Geld. Sie schaffen Geld – Buchgeld – durch die Gewährung von Krediten. Dies geschieht, indem die Banken den Kreditnehmern einen dem Kredit entsprechenden Betrag auf einem Girokonto bei sich gutschreiben. Diese Gutschrift ist Buchgeld. Es ist zu 100 Prozent neues Geld, denn es wird kein Betrag auf einem anderen Konto dadurch reduziert. Nur ein kleiner Teil davon – eben ca. 5 Prozent – wird in Banknoten eingelöst. Diesen Teil müssen die Banken daher in genügender Menge bereithalten. Die Zentralbanken können sie den Banken stets nachliefern, indem sie von den Banken Kredite, die diese gegeben haben, und unter Umständen auch andere Aktiva der Banken, übernehmen, und dafür den Banken die Banknoten, das Papiergeld, in gewünschter Menge zur Verfügung stellen.
Dieser Beitrag basiert auf dem Buch des Autors Hans-Christoph Binswanger, Die Wachstumsspirale, Marburg 2006.
Leider ist der Artikel nicht sehr tiefschüfend, was wohl dem Medium entspricht, in der er erschienen ist. Herr Binswanger sieht Geld ausschließlich unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten, und in diesem Umfled gibt es verschiedene Sichtweisen die von dem monetaristischen Ansatz bist zur Eigentumsökonomik von Heinsohn und Steiger reicht.
Was ich bei den Volkswirten aller Richtungen allerdings stets bemängele ist die Ausblendung der soziologischen Aspekte des Geldes in der Gesellschaft. Bei einem Artikel mit dem Titel „Die Rolle von Geld und Kapital in unserer Gesellschaft“ sollte dieses Thema aber mit einbezogen werden.
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