Genau heute vor einem Jahr startete ich das Blick Log Projekt mit dem ersten Beitrag. Kaum zu glauben, um eine Platitude zu gebrauchen, dass der Blog nun das erste Lebensjahr vollendet hat. Es war ein sehr spannendes Jahr, allein wenn man auf das schaut, was die Wirtschaftswelt zu bieten hatte. Nein, es war nicht ein sehr spannendes Jahr. Es war das spannendste Jahr überhaupt in der globalen Wirtschaftswelt, vor allem weil eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise nie zuvor so intensiv dokumentiert und kommentiert wurde.
Von Anfang an hatte ich mit diesem Blog das zweifelhafte Vergnügen, dieses Wirtschaftsjahr in Form von Blogeinträgen und ungezählten Links (die besten Links zur Finanzkrise sind über diese Übersichtsseite zu erreichen) ausführlich zu dokumentieren. Wenn ich die Zeit und das Budget hätte, dann ließe sich auf dieser Basis eine spannende Dokumentation schreiben. Die Gliederung dafür steht ja praktisch schon durch die Mindmaps der Finanzkrise.
Das i-Tüpfelchen wäre natürlich gewesen, wenn es meinem und anderen Wirtschaftsblogs gelungen wäre, mehr Aufmerksamkeit durch traditionelle Medien zu erhalten. Dabei ist gerade die inhaltliche (sicher nicht immer die stilistische) Qualität vieler nationaler und internationaler Blogs mittlerweile ausgesprochen hoch. Möglicherweise ist dies aber genau das Problem der Wirtschaftsblogs. Wir schreiben nicht in leicht konsumierbaren Häppchen, sondern holen häufig schwer Verdauliches an die Oberfläche. Und Wirtschaft scheint nur ein Randthema in der Onlinewelt zu bleiben.
Ich sehe Blogs übrigens nicht als Konkurrenz zu den etablierten Medien, denn es wäre vermessen mit dem geringen Zeitaufwand und Budget gegen Wirtschaftsklassiker wie das Handelsblatt, die FTD oder die FAZ antreten zu wollen. Blogs haben dort ihre Berechtigung, wo es gilt ein tieferes Bild von Ereignissen und Sachverhalten zu vermitteln. Ich vergleiche dies gern mit meinem wegen des Bloggens vollständig zurückgestellten Hobby, dem Fotografieren. Es gibt unzählige Möglichkeiten, ein bestimmtes Motiv abzubilden. Das beginnt bei den Lichtverhältnissen, der Aufnahmeposition, der Wahl der Ausrüstung, den Belichtungseinstellungen, dem Filmmaterial usw. Und nach der Belichtung geht es weiter über das Beschneiden des Fotos und dem Postprocessing. Am Ende steht eine Abbildung von einer Realität, die so ist, wie der Fotograf sie darstellen will.
Kein Foto bildet also die Realität so ab, wie sie wirklich ist. Der Fotograf trifft eine bewusste und häufig eine unbewusste Auswahl. Etwa so ist das mit Berichten aus der Wirtschaftswelt. Traditionelle Medien präsentieren uns das, was sie für relevant halten. Objektiv ist das nie und kann es nicht sein. Während die klassischen Medien letztlich auf etwas zoomen, was ihrer Meinung den Kern dessen trifft, was die Leser konsumieren wollen, versuchen Blogs die gleichen Sachverhalte anders zu belichten, einen anderen Aufnahmestandpunkt oder eine andere Tiefenschärfe zu wählen. Im Postprocessing fehlt es manchmal am letzten Feinschliff, dennoch müssen wir uns nicht verstecken.
Wenn man dieser Untersuchung glauben darf, nutzen 37% aller Wirtschaftsjournalisten Blogs. Ob und in welchem Umfang aus Blogs aber Ideen aufgegriffen werden, bleibt unklar. Dabei täte es in der Tat gut, sich nicht immer auf Pressestellen von Unternehmen und Verbänden oder gar die gefühlt stets gleiche Clique sogenannter “Meinungsführer” aus Wirtschaft und Politik zu berufen.
Wer einen eigenen Blog startet, sollte den Zeitaufwand dafür richtig abschätzen. Es ist doch mehr als man vorher denkt, wobei man ja glücklicherweise selbst die Anzahl der Artikel bestimmen kann. Dennoch, es gibt so viele Facetten aus dem Wirtschaftsleben, über die es zu schreiben lohnt, dass ich längst nicht alles habe notieren können. In meinem Arbeitszimmer stapeln sich Artikel, die ich gern in der einer oder anderen Form hier aufgegriffen, kommentiert oder weitergesponnen hätte.
Dabei konnte ich gerade in den vergangenen sechs Monaten meine Zeit dank meiner freiberuflichen Tätigkeit gut selbst einteilen und auch mal “frei für den Blog” nehmen. Das ist nun seit dem 1. August vorbei. Ich bin nun von der Unternehmensberatung Innovces engagiert, die neben Banken jetzt den Mittelstandssektor adressieren wird.
Der Blog wird natürlich weiter betrieben, denn er macht weiterhin verdammt viel Spaß. Sicher werde ich nicht mehr die Artikelfrequenz der letzten Monate halten können. Dafür habe ich aber dem Blog am vergangenen Wochenende ein neues Layout spendiert. Das bisherige Design kam mir zuletzt zu düster rüber.
Bedanken möchte ich mich abschließend für die vielen tollen Rückmeldungen von vielen Lesern, das hohe Niveau der Kommentare und die vielen neuen Kontakte mit sehr anspruchsvollen und anregenden Diskussionen. Allein das ist schon Motivation genug, den Blog weiter zu betreiben.
Auch von mir Glückwunsch zum Bloggeburtstag.
Christoph
Ich freue mich über diesen und auch andere Wirtschaftsblogs. Das mit der öffentlichen Wahrnehmung sehe ich ganz pragmatisch. Medien mögen sich gern Anregungen aus Blogs und Foren nehmen. Mit Zitaten sind sie äußerst zurückhaltend, was wohl mit Angst vor Leserverlusten zu tun haben könnte.
Spiegel Online schreibt ja gern mal etwas über Blogs, komischweise aber nur dann, wenn es etwas zu lästern gibt. Das z.B. der Blick Log und auch andere Blogs viel früher Strömungen erkennen oder beschreiben, ist natürlich keine Silbe wert. Schade ist das, aber wohl nicht zu ändern.
Best Wishes
peter
Auch von mir alle Gute zum Durchhalten.
Ich glaube, dass ist in diesen Zeiten gar nicht so einfach für Blogs.
Hier stimmt die Qualität. Und so manches Mal wünschte ich mir, die Medien würden statt der ewig gleichen Zitatelieferanten auch mal diesen oder andere Blogs zitieren. Das würde jedenfalls für Abwechslung und die Verbreitung neuer Ideen sorgen.
Besonders bemerkenswert finde ich hier die Mindmaps zur Finanzkrise, die den besten Überblick überhaupt verschaffen und ebenso die Mindmaps zu Opel und Arcandor. Hut ab.
Weiter so.
Josef A.
Auch ich wünsche dem Blick Log einen Herzlichen Glückwunsch zum Einjährigen und hoffe auf viele weitere Jahrestage.
Verfolge den Blog schon seit etwa neun Monaten und finde bemerkenswert, was hier allein zur Finanzkrise geschrieben wurde.
Der Blog hat die Finanzierungsklemme bei Unternehmen schon im Herbst letzten Jahres richtig beschrieben, vor den Übertreibungen bei den Abwertungen toxischer Wertpapiere bereits im Januar gewarnt und die Erholung der Banken zu einem Zeitpunkt vorhergesehen, wo die Finanzwelt noch in tiefer Depression war. Das ganz in garniert mit tiefen Sachverstand.
Auch aktuell stimme ich der hier in vielen Beiträgen vertretenen Auffassung zu, die Finanzierungsklemme ist vor allem auch ein Risikokapitalproblem. Mal schauen, wann sich diese Auffassung auch in der Öffentlichkeit durchsetzt.
Alles Gute weiterhin
Peter Decker
Happy Birthday,
es macht immer wieder Spass hier Artikel zu lesen. Das neue Design ist auch gelungen – da gerät man ja fast in Zugzwang 😉 In diesem Sinn, weiter so!
Gruß
Marc
Danke, das geben ich natürlich gern zurück an die Börsenblogger.
Das Design ist ja vor allem eine Frage des richtigen Themes. Und mit diesem „Atahualpa“ von BytesForAll bin ich bisher richtig zufrieden. Es ist sehr flexibel und es können eine Vielzahl von Optionen eingestellt werden.
Viele Grüße
dirk
Hallo Fred,
vielen Dank für die Rückmeldung. Das erhöht ja den Druck 🙂 und freut mich.
Mir geht es übrigens ähnlich, was den Informationskonsum betrifft. TV-Nachrichten schaue ich so gut wie gar nicht mehr und greife vorwiegend auf Radio, Onlinemedien und ganz Old-School Zeitungen und Zeitschriften zurück.
Weiter viel Spaß beim Lesen.
dels
Auch von meiner Seite herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Spaß.
Dieser Blog gehört zu meiner Morgenlektüre. Damit verschaffe ich mir einen Überblick und lasse mich ab und zu auch mal zu einer Antwort inspirieren 🙂
Früher waren primär Fernsehen und Zeitung meine Informationsquellen. Seit ich mir Blogs anschaue und gezielt nach bestimmten Themen in mehreren Blogs suchen kann, fühle ich mich besser und effektiver informiert. Ich bin ziemlich weg vom konsumieren von Nachrichten. Jetzt fühle ich mich als Teil einer kritischen Lesergemeinde, die auch andere dazu animiert, offener und kritischer durch die Welt zu laufen und solchen Blogs mehr Beachtung zu schenken. Bei jeder Meldung, die durch die MM läuft frage ich mich (und diese Frage stelle ich dann schlaumeierisch :-; meinem sozialem Umfeld) wer was davon haben könnte, dass gerade diese Nachricht verbreitet wird.
Ich empfinde es als unheimlich spannend was durch das Internet entstanden ist und noch entstehen wird.
Und dass es Leute wie dich gibt, die durch ihre Blogs solche Veränderungen möglich machen.
Meinen herzlichen Dank dafür.
Gruß, Fred
P.S. Das neue Layout gefällt mir gut.
happy birthday 😀
weiterhin viel spass beim bloggen!
eachtradingday
Danke für die Wünsche. Und ich freue mich auf weitere Diskussionen unserer Blogs.
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