Banken eine Jahr nach Lehman (5): Ungeliebte Regulierung

by Dirk Elsner on 21. September 2009

Banken haben sich in den letzten Monaten nicht gerade durch besonders kreative Vorschläge zur zukünftigen Gestaltung des internationalen Bankwesens profiliert. Dafür gehen sie mittlerweile geballt in Stellung gegen die zu strenge Regulierung des Sektors. Hier ausgewählte Äußerungen in Teil 5 dieser Miniserie über die Banken im Jahr nach Lehman.

Morgan-Stanley-Vize Walid Chammah sieht in diesem Fall die US-Banken im Vorteil. "Die Ausrichtung hin zum Kernkapital wird massive Auswirkungen für viele europäische Banken mit sich bringen", prophezeite er. Denn auf dem Kontinent sei Hybridkapital weitaus verbreiteter als in den USA. Zudem verfügten die US-Häuser über mehr "hartes" Eigenkapital im Verhältnis zu ihrer Bilanzsumme.

Grundsätzlich unterstützt Ackermann die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht präsentierten Vorschläge für strengere Bankenregeln. Auch Stephen Green, Verwaltungsratschef der britischen Bank HSBC, hält neue Regeln für notwendig, um die Lehren aus der Krise zu ziehen. Der Baseler Ausschuss, in dem die Zentralbanken und Aufsichtsbehörden aus den 27 führenden Wirtschaftsnationen vereinigt sind, will die Anforderungen bezüglich Eigenkapitalausstattung und Verschuldung von Banken bis Ende des Jahres 2010 reformieren, damit das Finanzsystem widerstandsfähiger gegen künftige Krisen wird. Auch die Finanzminister der 20 führenden Industrienationen (G-20) wollen die Kapitalregeln für die Banken deutlich strenger formulieren.

Auf harsche Kritik stießen die G20-Pläne bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen. "Die angelsächsisch geprägte Regulierung der Finanzmärkte war ein Grund für das Entstehen dieser Finanzmarktkrise", sagte Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis . "Ich verstehe nicht, wieso wir jetzt erneut auf angelsächsische Vorschläge eingehen sollten." Hybride Kapitalanteile hätten sich gerade in Deutschland bewährt. Zudem dürften an Institute, die wie die Sparkassen im traditionellen Kreditgeschäft tätig seien, keinesfalls so hohe Eigenkapitalanforderungen gestellt werden wie bei internationalen Großbanken.

Ähnlich äußerte sich Uwe Fröhlich , Präsident des Bundesverbandes Deutscher Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Zudem drohe Gefahr für die Wirtschaft. Selbst bei Annahme höherer Kapitalanforderungen erst nach der Krise würden die Ratingagenturen diese vorab in ihre Bewertungen einfließen lassen, warnte der Banker. "Das könnte schon in naher Zukunft kontraproduktiv für die Kreditvergabe sein."

Bankenpräsident Andreas Schmitz fürchtet bei Umsetzung der G20-Pläne ebenfalls eine Kreditklemme. Denn anders als angelsächsische Banken hätten deutschen Häuser zu 99 Prozent keinen direkten Zugang zu den Kapitalmärkten. Sie müssten ihre Eigentümer anzapfen, um die höheren Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Sollte dies aber nicht gelingen, wäre eine Einschränkung der Kreditvergabe die Folge.

Rohner [Vize-Präsident des Verwaltungsrates der Schweizer Großbank Credit Suisse] betonte, das Problem sei nicht die Größe einer Bank, sondern die Frage, wie kompliziert der Konzernaufbau sei und wie stark sie mit anderen Teilen des Finanzsystems verbunden sei. Er warnte vor einer „Fragmentierung“ der Aufsichtsstrukturen und „protektionistischen“ Strömungen. Ein Land, das nur seine eigenen Banken schützen wolle, gewinne lediglich Scheinsicherheit. Die Banken sollten daher mitwirken an der Entwicklung internationaler Regeln.

Andreas Schmitz, Präsident des Bankenverbandes BdB: Es ist richtig, dass die Banken ihr Geschäft mit mehr Kapital unterlegen müssen. In der Krise hat sich gezeigt, dass die Kapitalquoten zu gering waren für das, was die Banken an Geschäft gemacht haben. Und die Eigenkapitalrichtlinien von Basel II, die am höchsten Punkt der Konjunktur das geringste Eigenkapital erfordern – so dass die Eigenkapitalquote senkrecht abfällt, wenn die Risiken steigen -, müssen verändert werden. Aber erst nach der Krise. Eine höhere Minimum-Eigenkapitalquote von 7 oder 8 Prozent, in der fast nur noch Kern-Tier1-Kapital enthalten ist, wird schon eine Herausforderung für den gesamten deutschen Bankenmarkt – weniger für den angelsächsischen. 98 Prozent des deutschen Bankensektors haben keinen Zugang zum Kapitalmarkt.

Walid Chammah, Co-Präsident von Morgan Stanley: Wenn Institutionen so groß sind, dass sie systemische Risiken darstellen und eine Gefährdung für das Finanzsystem sind, dann erwarte ich strengere Regeln. Es wird strengere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für große Bankinstitute als z.B. für regionale Banken geben, die keine systemische Bedrohung darstellen. Es wird ein größeres Augenmerk auf der Qualität der Anlagegüter in Bankbilanzen liegen. Banken, deren Größe andeutet, dass sie ein systemisches Risiko für das Finanzsystem und die Volkswirtschaft darstellen, werden schärfer reguliert werden als die, die kein solches Risiko darstellen.

Quellen

Die Zeit: Stephen Green – Chairman HSBC: "Garantie-Boni sind verwerflich"

FTD: Richard Fuld – Ex-Lehman-Chef: "Sie haben keine Pistole dabei – das ist gut"

HB: Lloyd Blankfein – CEO Goldman Sachs: Goldman-Chef Blankfein atmet auf

FTD: HSH Nonnenmacher – Chef der HSH Nordbank: "Es ist herausfordernd und spannend, die Zukunftsfähigkeit der Bank zu … "

FAZ: Ackermann warnt vor hohen Kreditzinsen

HB: Deutsche Banken laufen Sturm

HB: Banker fordert Pleitegehen nach festen Regeln

HB: Andreas Schmitz, Präsident des Bankenverbandes BdB, „Herausforderung für den Markt“

HB: Ackermann sieht Europas Banken zurückfallen

HB: Walid Chammah, Co-Präsident von Morgan Stanley: „Erholung ging zu schnell“

HB: Commerzbank-Chef Blessing, Deutsche Bank-Chef Ackermann, Goldman Sachs Deutschland-Chef Dibelius

HB: Dietrich Voigtländer, Vorstandsvorsitzende der WestLB, WestLB: „Konsolidierung ist klare Präferenz“

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: