Robert Enke: “Ich brauche keine Konkurrenzsituation. Ich brauche Vertrauen.”

by Dirk Elsner on 15. November 2009

Heute finde eine beeindruckende Trauerfeier für Robert Enke statt. Sein überraschender Suizid hat in diesen Tagen das Land stark bewegt. Robert Enke wird viele Spuren hinterlassen. Die Diskussionen über seine Krankheit wird vielleicht dazu führen, sich ernsthafter damit auseinander zu setzen, warum in unserer Gesellschaft viele Menschen Angst davor haben, die Volkskrankheit Depressionen zu offenbaren. Aber auch für den Wirtschaftsalltag hat Robert Enke Sätze in einem Interview gesagt, die nachdenklich machen können:

"Ich brauche keine Konkurrenzsituation. Ich brauche Vertrauen. Für mich ist es sehr wichtig, dass mir Mannschaft und Trainer das Gefühl vermitteln: Mit dir im Tor kann uns nicht viel passieren", sagt er (Quelle Spiegel Online). “Ich finde es wichtig, dass man mit der Konkurrenzsituation vernünftig umgeht." (Quelle Spiegel Online)

Das sind Sätze, die angesichts des täglichen betrieblichen Kampfes vielen Mitarbeitern, Führungskräften und Managern allenfalls als Wunschvorstellung durch den Kopf gehen. Vertrauen, das eigentliche Schmiermittel in unserer Gesellschaft, gilt immer weniger im Betriebsalltag. Stattdessen dominiert die Angst, dem Wettbewerb um Aufgaben, Posten und Aufträge nicht mehr gewachsen zu sein. In unserer Gesellschaft dominiert das unbedingte Leistungsprinzip. Mit guter Leistung wird Anerkennung erworben, Versagen und Verlieren bedeutet Schwäche, Ablehnung und geringere Akzeptanz durch Kollegen und Gesellschaft. Der starke, leistungsbetonte Mensch ist gefragt, nicht der, der sich Schwächen erlaubt.

Da lässt sich die Antwort von Thomas Schaaf zum Tode von Enke einreihen:

 

"Unser Bild in der Öffentlichkeit ist so, dass wir immer stark sein müssen, für Schwäche ist in dieser Gesellschaft kein Platz." Verlangt würden "Stärke, Tatkraft, Überzeugung – das sind Kennzeichen, die unser Metier bestimmen", sagte Schaaf.

Eleganter hat die Zeit formuliert:

“Er [Enke] habe, so berichtet seine Witwe, sein Seelenleiden aus Angst um seine Karriere und das Sorgerecht für seine Adoptivtochter vor der Öffentlichkeit verborgen. Wir interpretieren: In einem oft chauvinistischen Hochleistungssystem ist Schwäche tödlich. Wer seine Unvollkommenheit offenbart, hat schon verloren. … Ein Kommentator schrieb deshalb: "Dieser Tod sollte eine Mahnung sein, dass unsere Leistungs- und Erfolgsgesellschaft eine durchaus kalte Gesellschaft sein kann, die Menschen dazu treibt, sich für ihre Schwächen und Krankheiten zu schämen."”

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