Das Deutsche Bad-Bank-Modell – Teil 2: Konsolidierungsbankmodell

by Gastbeitrag on 15. November 2009

Der “Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung” hat in seinem Jahresgutachten 2009/2010 noch einmal das Modell der Deutschen Bad Bank dargestellt. Der Blick Log übernimmt diese Darstellung in zwei Teilen. Teil 1 hat das Zweckgesellschaftsmodell betrachtet und ist hier erschienen.

Die Politik hat mit dem Zweckgesellschafts- und Konsolidierungsmodell in kurzer Zeit zwei Konzepte geschaffen, die in ihrem Grundsatz in die richtige Richtung zielen, allerdings mit Defiziten behaftet sind. Somit können beide Modelle das gesetzte Ziel der vollständigen Bereinigung der Bankbilanzen sowie die Schaffung von gesunden Banken mit nachhaltigen Geschäftsmodellen nicht erfüllen. Noch immer sind viele Banken in Geschäftsbereichen engagiert,
die in Zukunft hohe Risiken in sich bergen. Insofern stellt das Konsolidierungsmodell generell die bessere Lösung dar, weil damit die notwendigen tiefgreifenden Restrukturierungen der Banken zielführender umgesetzt werden könnten. Was allerdings fehlt, ist die verpflichtende Ausgestaltung des Konzepts.

Ursprüngliches Hauptziel des Konsolidierungsmodells war es, eine Restrukturierung der Banken voranzutreiben, die kein tragfähiges Geschäftsmodell aufweisen. Hierbei handelt es sich insbesondere um Landesbanken. Im Rahmen des Modells können über Risikopositionen hinaus nicht-strategienotwendige
Geschäftsbereiche auf eigens gegründete Abwicklungsanstalten (durch Abspaltung oder Ausgliederung) übertragen werden (Schaubild 30). Diese können auf Bundesebene (bundesrechtliche Abwicklungsanstalt) oder auf Landesebene (landesrechtliche Abwicklungsanstalt) errichtet werden. Da die bundesrechtliche Abwicklungsanstalt unter dem Dach der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) − der Institution, die die Aufgaben des SoFFin wahrnimmt − eingerichtet wird, ist auch von einer Anstalt in der Anstalt (AIDA) die Rede. 

image

Die Aufgaben der FMSA beziehen sich ausschließlich auf bundesrechtliche Abwicklungsanstalten. Landesrechtliche Abwicklungsanstalten werden von den Ländern eigenverantwortlich betrieben. Generell gilt eine Abwicklungsanstalt nicht als Kreditinstitut und bilanziert nach HGB. Damit können die Banken wirksam ihre Bilanzen von toxischen Wertpapieren und nicht tragfähigen Geschäftsbereichen befreien. Außerdem besteht nicht mehr die Notwendigkeit, dafür Eigenkapital vorzuhalten. Eine durch Bilanzierungskonflikte ausgelöste Ineffektivität, wie im  Zweckgesellschaftsmodell, ist im Konsolidierungsmodell ausgeschlossen.

Die Eigentümer des übertragenden Finanzinstituts − also für Landesbanken die Länder, Kommunen und Sparkassen − beziehungsweise das Institut selbst werden am Stammkapital der Abwicklungsanstalt beteiligt. Die Refinanzierung der Abwicklungsanstalt liegt damit in der Verantwortung der Eigentümer oder der Kernbank. Da die Abwicklungsanstalt eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts darstellt, die wirtschaftlich und organisatorisch selbstständig ist, haftet die Abwicklungsanstalt im Außenverhältnis allein für ihre Verbindlichkeiten. Im Innenverhältnis tragen die Beteiligten gegenüber der Abwicklungsanstalt entsprechend ihrer Beteiligungsquote eine Verlustausgleichs- und Nachschusspflicht.

Für den Fall, dass die Anteilsinhaber oder Mitglieder des übertragenden Finanzinstituts nicht oder nicht mehr leistungsfähig sind, sind die Verluste aus den Ausschüttungen an die Anteilseigner auszugleichen. Im Fall bundesrechtlicher Abwicklungsanstalten kann hierzu nachrangig auch eine Verlustausgleichspflicht der FMSA vorgesehen werden. Eine Sonderregelung gilt für die Verlustausgleichs- und Nachschusspflicht von Sparkassen.

Ist ein Eigentümer der Landesbank ein Sparkassenverbund, ist der Gesamtumfang der von den Sparkassen zu tragenden Verluste auf deren Gewährträgerhaftung vom 30. Juni 2008 begrenzt. Sind die Verluste größer als die Haftungsgrenze, wird der Differenzbetrag durch Bund und Länder vorfinanziert und in den Folgejahren aus Dividenden refinanziert. Im Fall bundesrechtlicher Abwicklungsanstalten tragen die hieraus resultierenden  finanziellen Lasten der Bund und das betreffende Land im Verhältnis von 65 vH zu 35 vH. Bei landesrechtlichen Abwicklungsanstalten wird die finanzielle Verantwortung vollständig von den Bundesländern getragen.

Mit dieser Regelung konnten sich die Sparkassen schon teilweise aus der Verantwortung als Eigentümer der Landesbanken befreien und die entstandenen Verluste auf Bund oder Länder übertragen. Dennoch wird in Anbetracht möglicher negativer Effekte auf die Kreditvergabe gelegentlich sogar eine vollständige Entlassung der Sparkassen aus der Haftung gefordert. Eine solche unbedingte Verlustübernahme ist zum einen unter anreizökonomischer Perspektive bedenklich, da sie die mangelnde Aufsicht als Eigentümer der Landesbanken nachträglich rechtfertigt, zum anderen würde sie eine noch weitergehende Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Sparkassen mit sich bringen. Trotz dieser Argumente ist die Gefahr ernst zu nehmen, die Belastung aus Verlusten könne die Eigenkapitalbasis einzelner Sparkassen derart schwächen, dass diese die Neukreditvergabe stark einschränken müssen. Allerdings dürfte eine solche Kreditklemme nicht ausschließlich im Sparkassensektor und auch dort nicht bei allen Instituten auftreten. Sie sollte deshalb gezielt auf der Ebene des einzelnen Instituts bekämpft werden, unter Einsatz der Instrumente des SoFFin oder mit Risikoübernahmen durch den Deutschlandfonds.

Grundsätzlich könnte das Konsolidierungsmodell zur Bereinigung der Bilanzen beitragen. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass zu wenige risikobehaftete Positionen oder Geschäftsbereiche ausgelagert werden. Dies ist vor allem deshalb zu erwarten, weil die Auslagerungsentscheidung den Eigentümern der Landesbanken selbst überlassen wird. Es besteht ein Anreiz, nur wenige Teilbereiche auszulagern, auf eine rasche Markterholung zu spekulieren und möglichst große Geschäftsbereiche weiter zu betreiben. Damit könnte das Modell letztlich die bestehenden Strukturen weiter erhalten und die notwendige Restrukturierung weiter hinaus zögern. Im Prinzip könnte der SoFFin hier einwirken, aber an dieser Stelle offenbart sich die Fehlkonstruktion des Konsolidierungsmodells, das in letzter Minute das Schlupfloch für die Länder wieder geöffnet und neben den bundeseigenen auch landesrechtliche Abwicklungsanstalten zugelassen hat. Im Rahmen des SoFFin hätte die einmalige Chance bestanden, eine gemeinsame Lösung für die Landesbanken zu finden. Dies wird der Europäischen Kommission, an die die Restrukturierung nunmehr weitgehend delegiert wurde, jedoch ebenfalls nicht gelingen, da sie im Rahmen von Beihilfeverfahren nur den Einzelfall und nicht alle Landesbanken gemeinsam behandeln kann. Die nur zögerliche und partielle Restrukturierung,
die durch die Europäische Kommission erwirkt wird, zeigt sich bei der Abspaltung von Unternehmensteilen in den Fällen der WestLB, HSH Nordbank und BayernLB. Mit dem Konsolidierungsbankmodell ist der Bund demnach gescheitert. Er hat hier nicht die Kraft besessen, die Gelegenheit zur Gesamtlösung bei der Restrukturierung der Landesbanken zu nutzen. Vielmehr hat er den Ländern erlaubt, ihre Landesbanken zum wiederholten Male vor einer umfassenden Neuordnung zu schützen, und damit die Gefahr erhöht, dass Banken ohne zukunftsfähige Geschäftsmodelle dennoch weiter bestehen.

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: