Bilanzqualität im Mittelstand noch hoch

by Dirk Elsner on 27. November 2009

Die Qualität der Bilanzen im Mittelstand hat sich nur wenig verschlechtert. Damit hat sich zwar der seit sechs Jahren anhaltende Trend zur Verbesserung der Bilanzqualität nicht fortgesetzt. Überraschenderweise konnten die mittelständischen Unternehmen aber ihre Eigenkapitalquote weiter steigern. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung von über 50.000 Bilanzen durch die Universität Münster (Lehrstuhl für BWL, insbes. Controlling) im Auftrag der WGZ BANK. Betrug der Indexwert der für das Jahr 2002 erstellten Bilanzen erst 92,1 Punkte, erreichen die im Jahr 2009 vorgelegten Bilanzen des Vorjahres den Wert von 108,4 Punkten (Vorjahr 110,4 Punkte). Hierbei haben die Bilanzexperten die Eigenkapitalquote, die Gesamtkapitalrentabilität sowie weitere wesentliche Finanzkennzahlen herangezogen. Uwe Berghaus, Leiter des Bereichs Firmenkunden und Generalbevollmächtigter der WGZ BANK: „Der Rückgang der Bilanzqualität ist insbesondere auf die verschlechterte Rentabilität des eingesetzten Kapitals zurückzuführen. Der Rückgang konnte aber durch die weiter verbesserte Eigenkapitalquote begrenzt werden.“

Bauindustrie deutlich verbessert, Kfz-Zulieferer stark verschlechtert

Die stärkste Verbesserung der Bilanzqualität zeigt die Bauindustrie mit einem Wert von 75 Punkten (nach 57 Punkten im Vorjahr). Dagegen offenbaren Kfz-Zulieferer erwartungsgemäß einen starken Einbruch auf 78 Punkte (nach einem Rückgang auf 97 Punkten im Vorjahr). Berghaus: „Der starke Preisdruck der großen Kfz-Hersteller hat die Ertragslage vieler Kfz-Zulieferer bereits vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise belastet. Hinzu kommen die im vierten Quartal 2008 einsetzenden, teils dramatischen Umsatzeinbrüche.“ Im nächsten Jahr erwartet Berghaus eine Fortsetzung dieser Tendenz: „Während insbesondere die Bauindustrie von den Konjunkturpaketen profitieren dürfte, wird der teilweise ruinöse Wettbewerb die Kfz-Zulieferer weiter belasten.“

Metallerzeugung und –bearbeitung an der Spitze

Die höchste Bilanzqualität weisen die Unternehmen der Metallerzeugung und Bearbeitung mit 146 Punkten auf (nach 129 Punkten im Vorjahr). Der zu Beginn der Wirtschaftskrise noch sehr komfortable Auftragsbestand dürfte für diese überraschende Entwicklung verantwortlich sein. „Allerdings wurden viele metallverarbeitende Unternehmen von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffen, so dass im nächsten Jahr in diesem Sektor mit einem deutlichen Rückschlag in der Bilanzqualität zu rechnen ist“, so Berghaus.

Verschlechterung für 2009 erwartet

Angesichts der Rezession prognostiziert die WGZ Bank für das kommende Jahr eine deutliche Verschlechterung der Bilanzqualität im Mittelstand. Berghaus: „Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise erwarten wir, dass der Index im kommenden Jahren um etwa 10 Punkte auf rund 100 Punkte nachgeben wird.“ Aufgrund der gegebenen Bilanzqualität gingen viele Mittelständler aber gut gerüstet in die Rezession. „Viele Mittelständler haben nicht nur ihre Unternehmen erfolgreich auf den Markt ausgerichtet und bereits flexibel auf den Konjunktureinbruch reagiert, sondern auch gute Aussichten, mit einer soliden Bilanz die Rezession zu überstehen.“

Hohe Eigenkapitalquote ermöglicht Investitionen

Insbesondere die weiter verbesserte Eigenkapitalausstattung versetzt viele Unternehmer in die Lage, die notwendigen Investitionen aus eigener Kraft schultern zu können. Zusammen mit den erweiterten Möglichkeiten zur Kurzarbeit versetzt die hohe Eigenkapitalausstattung die Unternehmen in die Lage, ihre qualifizierten Mitarbeiter auch in der Krise weiter zu beschäftigen.
Die noch in den 2002er Bilanzen festgestellte schwache Eigenkapitalausstattung von lediglich durchschnittlich 17,4 Prozent hat der Mittelstand bis zu den 2008er Bilanzen bereits auf eine den internationalen Standards entsprechende Quote von 29,8 Prozent angehoben. Berghaus: „Die verbesserte Kapitalstruktur der mittelständischen Wirtschaft bietet für die Zukunft eine solide Basis für erforderliche Investitionen.“

Bilanzqualitätsindex aus fünf Kennzahlen berechnet

Die Experten der Universität Münster haben den Bilanzqualitätsindex aus fünf Kennzahlen der Jahresabschlüsse ermittelt. Bei der Berechnung wurden die fünf Kennzahlen gleich gewichtet.

EIGENKAPITALQUOTE: Je höher die Eigenkapitalquote ist, desto besser können zeitweilige Verlustphasen überstanden werden.

GESAMTKAPITALRENTABILITÄT: Je höher die Rentabilität des gesamten eingesetzten Kapitals ist, desto effizienter geht das Unternehmen mit dem zur Verfügung stehenden Kapital um.

GESAMTKAPITALUMSCHLAG: Je schneller das eingesetzte Kapital umgesetzt wird, umso besser kann das Unternehmen mit seinem Kapital neue Umsätze generieren.

LIQUIDITÄT 2ten GRADES: Je höher die Liquidität 2ten Grades ist, desto leichter können kurzfristige Verbindlichkeiten bedient werden.

DYNAMISCHER VERSCHULDUNGSGRAD: Je niedriger der dynamische Verschuldungsgrad ausfällt, desto besser kann das Unternehmen seine Schulden aus dem Cashflow tilgen.

Quelle: Pressemitteilung der WGZ-Bank

  • Bilanzqualitätsindex 2008 (pdf, 32 kB)
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