Meist bleibe ich im Sportteil der Tageszeitungen auf den Fußballseiten hängen. So ist mir die Story der vergangenen Woche um den Golfer Tiger Woods zunächst entgangen. Erst eine Darstellung in der Tageszeitung Die Welt lenkte meine Aufmerksamkeit auf den “Skandal”, der keiner ist. Einzelheiten zu der Boulevardeske erspare ich hier, weil dies die dafür zuständige “Fachpresse” viel besser kann. Das Saubermann-Image des Tigers hat sich aber mittlerweile aufgelöst.
Überraschen kann dieser Fall nur diejenigen, die das öffentliche Bild von Sportlern und Top-Managern für authentisch halten. Erfahrungsgemäß ist dies aber ganz selten der Fall. Zu der öffentlichen Inszenierung von Tiger Woods schrieb die Welt:
“Bei ihm galten andere Standards, er war der Beste, Mr. Perfect, „der Auserwählte“, wie ihn sein verstorbener Vater einst nannte. Die Werbung, seine zahlreichen Sponsoren, verfestigten dieses Image, genauso die Verantwortlichen der Golftour oder der übertragenden Fernsehsender. Sein Jähzorn etwa, die üblen Flüche und geschmissenen Schläger während seiner Turnierrunden – wenig war davon zu sehen. Lieber wurden saftige Fairways, lachende Fans und sein perfekter Schwung präsentiert. Die ganze heile Golfwelt.”
Auch Woods spielte mit. In all den Jahren Interviews, Pressekonferenzen oder Siegeransprachen hat er nicht einmal auch nur die kleinste Schwäche zugegeben. „Ich bin nicht ohne Fehler und weit davon entfernt, perfekt zu sein“ – dieser Satz aus seiner Erklärung vom Mittwoch mag eine Selbstverständlichkeit ausdrücken: Viele seiner Bewunderer fühlen sich durch diese Erkenntnis getroffen wie von einem hart geschlagenen Golfball.”
Während Tiger Woods seine Affären mittlerweile eingeräumt hat, kämpft Peter Simmel noch um seinen Ruf. Der Chef des Aufsichtsrates der EDEKA betreibt selbst unter dem Dach des Einkaufs-Riesen die Simmel AG mit 32 Supermärkten in Sachsen, Thüringen und Bayern. Nach Angaben des Handelsblatts steht Simmel unter Verdacht, Sozialversicherungen Gelder vorenthalten zu haben. Zusätzlich seien gegen den Kaufmann Verfahren wegen Nötigung angestrengt, weil er Mitarbeiter bespitzelt haben lassen soll.
Auch Simmel inszeniert seine Person, wie das Handelsblatt feststellt:
“In der Öffentlichkeit hatte sich Simmel stets als vorbildlicher Arbeitgeber präsentiert, seinen Mitarbeitern das Du angeboten und sie am Unternehmen beteiligt. Umso mehr überrascht es, dass auch er nach dem Vorbild von Lidl oder Müller seine Mitarbeiter von Detektiven überwachen lässt. „Wir arbeiten weiterhin für Simmel“, bestätigte Maik Eberhart von der Dresdner Detektei Professional Security Service dem Handelsblatt. Bei den Kontrollen von Mitarbeiter-Privatfahrzeugen aber gingen die Detektive nach Ansicht von Verdi zu weit. Die Gewerkschaft will Strafanzeige wegen Nötigung stellen.”
Diese Beispiele zeigen einmal mehr, dass gerade besonders positive Bilder, die sich in unseren Köpfen von Personen, Unternehmen und anderen Institutionen festsetzen sollen, wie schon in der Vergangenheit deutliches Misstrauen verdienen. Daneben sollte man nicht vergessen, dass besondere Ideen, die bestimmten Personen (meist Top-Managern oder Politikern) zugeschrieben werden, in den seltensten Fällen von diesen Personen stammen, sondern von Mitarbeitern oder Führungskräften, die meist verdeckt bleiben.
PS
Übrigens fällt mir zu Tiger Woods, der jetzt eine Auszeit vom Golf nehmen will, noch ein, dass hier nicht auszuschließen ist, dass diese Imageänderung bewusst gesteuert ist, vielleicht weil sich der Saubermann einfach nicht mehr gut “verkauft” hat. Es wäre jedenfalls nicht der erste Promi, der eine Wandlung vom Paulus zum Saulus bewusst gesteuert hat. In der schrillen Medienwelt jedenfalls tut man gut daran, jeder von wem auch immer lancierten Meldung eine gewisse beabsichtigte Steuerungsabsicht zu unterstellen.
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