Weihnachten als Fest der Verschwendung?

by Dirk Elsner on 23. Dezember 2009

To: the gifted one

Ökonomen sind schon ein merkwürdiges Völkchen. Ihnen ist es nicht nur nicht gelungen, die Finanzkrise richtig zu prognostizieren, sie sind auch komplett unromantisch. So erklärte Ökonom und Nobelpreisträger Gary Becker schon vor Jahren das ökonomische Kalkül der Ehe (siehe dazu auch “Ein Plädoyer für die Ehe – aus rein ökonomischer Sicht”).

Und auch Weihnachten gerät ins Visier der Ökonomie, wie Olaf Storbeck im Handelsblatt herausgefunden hat. In “Der Weihnachtsmann als Wertvernichterstellt er den Ansatz des US-Ökonomieprofessor Joel Waldfogel vor, der seit 20 Jahren davon überzeugt ist, dass Weihnachten in erster Linie ein gigantisches Fest der Verschwendung ist. Den Ansatz von Waldfolgel erklärt Storbeck so:

Foto: flickr/Steve Rhodes

“Zwischen den Postulaten der mikroökonomischen Theorie und dem tatsächlichen Verhalten der Menschen klafft eine gigantische Lücke, wenn es um Weihnachten geht. … Waldfogels These basiert auf einem grundlegenden Postulat der modernen Volkswirtschaftslehre. Demnach kennt jeder Mensch selbst seine Bedürfnisse am besten. Jedes Geschenk von einem Dritten werde daher mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Wünschen des Empfängers vorbei gehen. Ökonomisch effizient wäre ein Geschenk aus dieser Perspektive nur dann, wenn der Beschenkte sich aus freiem Willen genau das gleiche Produkt kaufen würde.

Angehende Volkswirte lernen daher in ihren Vorlesungen über mikroökonomische Theorie: Sachleistungen („transfers in kind“) sind wohlfahrtstheoretisch Geldleistungen („transfers in cash“) stets unterlegen. Erstere produzieren einen „deadweight loss“, wie es im Fachjargon der Ökonomen heißt. Traditionell wenden Ökonomen diese Erkenntnis vor allem auf staatliche Transfers an: Eine Regierung, die Bedürftige unterstützen will, kann demnach mit direkten Geldleistungen mehr erreichen als mit Lebensmittelmarken oder anderen Formen von Sachleistungen – vorausgesetzt, die Empfänger verhalten sich rational.”

Waldfogel berücksichtigt aber in seinem Ansatz nicht, dass der Vorgang des Schenkens selbst ebenfalls einen Nutzen stiftet. Insbesondere Frauen soll es nach einer Untersuchung Freude bereiten, Geschenke auszusuchen (siehe dazu Psychologie des Schenkens in der SZ). Für Männer gilt das nicht, was ich bestätigen kann. Dazu schreibt Ulrike Bretz in der SZ:

Offenbar finden es Männer ganz in Ordnung, im letzten Moment noch schnell ins Kaufhaus zu rennen und Parfum oder Schmuck zu kaufen, ohne lange zu überlegen. Frauen hingegen haben den Anspruch, die Herzenswünsche ihrer Liebsten zu erfüllen. Das hat Gründe, sagt der Münchner Psychologe und Familientherapeut Peter M. Wiblishauser: "Frauen haben einen höheren Empathiefaktor", sagt er. "Sie sind einfach besser darin, sich in andere hineinzuversetzen."

Frauen machten sich schon lange vor Weihnachten Gedanken darüber, was dem anderen wohl gefallen könnte und hielten die Augen das ganze Jahr über offen. Viele Männer hingegen seien nicht geübt im Schenken. "Sie denken oft: Wenn mir das gefällt, wird es ihr auch gefallen", sagt Wiblishauser.

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