Obamas Probleme mit dem Gesetz

by Dirk Elsner on 13. Januar 2010

In einer Woche beendet Barack Obama sein erstes Dienstjahr als US-Präsident. In einem Beitrag für das Handelsblatt zog Markus Ziemer unter dem Titel “Wenn Supermann im Alltag ankommt” eine erste Zwischenbilanz für die Wirtschaftszeitung. In dem empfehlenswerten Artikel erklärt Ziemer anschaulich Obama Probleme mit der US-Gesetzgebung. Bekanntlich bekommt er trotz Mehrheit seiner demokratischen Partei in beiden Häusern des Kongresses viele Gesetze nicht so durch die Häuser, wie er bzw. seine Partei sich dies vorstellen.

Eine Vorschrift sorgt für besondere Probleme. Dazu schreibt Ziemer (Links durch Blick Log):

“Was aktuell Barack Obama indes das Leben schwermacht, ist Regel 22 der Senatsordnung, eine Bestimmung, die bis ins Jahr 1806 reicht. Danach können die Senatoren so lange über ein Gesetz debattieren, wie sie Lust haben – und damit de facto die Abstimmung blockieren. Um ein solches „Filibustern“ zu stoppen, müssen mindestens drei Fünftel der 100 Senatoren für ein Ende der Beratungen stimmen. In der Praxis heißt dies, dass ohne die Unterstützung von mindestens 60 Senatoren kein wichtiges Gesetz passieren kann. Um diese Mehrheit zu bekommen, werden potenziellen Seitenwechslern aus dem gegnerischen Lager alle nur denkbaren Zugeständnisse gemacht.

Als Zwischeninformation: Nach der Senatswahl 2008 für den 111. Senat (2009–2011) wurden 59 Sitze von den Demokraten (darunter 2 unabhängige Senatoren) und 41 Sitze von den Republikanern besetzt. Am 28. April 2009 gab der republikanische Senator Arlen Specter seinen Wechsel zur Demokratischen Partei bekannt. Seitdem besteht die Fraktion der Demokraten aus 60 Mitgliedern, genug Sitze, um ggf. einen Filibuster der Republikaner zu verhindern (Quelle Wikipedia).

Weiter schreibt Ziemer:

Die Macht eines Mehrheitsbeschaffers ist enorm – und entfacht immer wieder aufs Neue den Zorn der Bürger. Die können oft nicht fassen, wie sich ein Parlamentarier ganz legal „kaufen“ lässt, sich in seinem Wahlkreis als Sieger präsentiert und damit seine Wiederwahl sichert. Doch auch dieses System scheint unreformierbar: Denn die Senatsordnung lässt sich nur mit einer Zweidrittelmehrheit ändern.

Obwohl mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattet, müssen Obamas Demokraten deshalb auch darum bangen, dass sie exakt jene 60 Stimmen im Senat auf sich versammeln, die sie für die Gesundheitsreform oder die Klimagesetzgebung brauchen. Derzeit haben die Demokraten diese 60 nur, wenn sie zu ihren eigenen 58 Mandaten auch noch die beiden unabhängigen Senatoren Bernie Sanders aus Vermont und Joe Lieberman aus Connecticut zählen können. Vor allem der Ex-Demokrat Lieberman, der mit seiner früheren Partei noch einige Rechnungen offen hat, lässt sich seine Mithilfe schon seit Monaten teuer bezahlen. So ist bereits jetzt klar, dass die Einführung einer staatlichen Krankenversicherung an dem widerspenstigen Joe Lieberman scheitern wird. Das genau ist die Realität in Washington: Weil seine Stimme Obamas Schlüsselprojekt zu Fall bringen kann, hat der 67-jährige Lieberman im Moment mehr Macht als der Präsident im Weißen Haus.”

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