Unternehmen unterschätzen die anhaltenden Auswirkungen der Großen Rezession

by Pressemeldung on 22. Januar 2010

Nur wenige Unternehmen ergreifen oder planen langfristige Maßnahmen, um ihr Geschäft nachhaltig zu stabilisieren und sich nach der Großen Rezession erfolgreich zu positionieren. Obwohl Firmen welt­weit mit verhaltenen Konjunkturerwartungen in das neue Jahr starten, plant nur jedes dritte Unternehmen, seine Personalkosten zu senken, und nur jedes vierte, seine Prioritäten auf das Cashflow-Management zu legen. Lediglich 16 Prozent der Firmen wollen sich 2010 stärker auf ihre Bilanz und Um­schul­dung fokus­sieren, während 13 Prozent die Aufgabe von Geschäfts­bereichen erwägen, die nicht zum Kerngeschäft zählen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage der Boston Consulting Group (BCG), die in sieben Ländern – darunter auch Deutschland – unter rund 430 Führungskräften von Unter­nehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar durchgeführt wurde.

"Die Wettbewerbsbedingungen haben sich grundlegend geändert – bedingt durch ein langsames Wachstum, das voraussichtlich noch einige Zeit anhalten wird", sagt Stelter. "Nur Unternehmen, die entschlossen sind, ihre Geschäfts­modelle fundamental zu überdenken und gleichzeitig in ihre Zukunft zu investieren, werden zu den langfristigen Gewinnern der Krise zählen. Unsere Umfrage zeigt, dass Unternehmen zwar die Notwendigkeit erkennen, defensiv zu agieren und zugleich Wettbewerber anzugreifen; wenn es jedoch um die Umsetzung geht, schrauben sie nur an den Kosten und lassen wirklich lang­fristige Maßnahmen weitgehend außer Acht."

Kurzfristige Schutzmaßnahmen statt weitreichender Änderungen

Die überwiegende Mehrheit der befragten Führungskräfte erwartet wesentliche Veränderungen in der Wirtschaftsordnung:

  • 68 Prozent rechnen zukünftig mit einer geringeren Profitabilität.
  • 64 Prozent glauben, dass Wachstum schwieriger zu erzielen ist.
  • 71 Prozent erwarten eine Ausweitung des Arbeitnehmerschutzes.
  • 81 Prozent rechnen mit einer zunehmenden Regulierung.
  • 87 Prozent sehen eine steigende Preissensibilität der Verbraucher.

Angesichts dieser Trends ergreifen bzw. planen Unternehmen vor allem kurz­fristige Schutzmaßnahmen: Zwischen 50 und 70 Prozent der Befragten setzen auf leicht zu realisierende Schritte wie die Fokussierung auf ihre wichtigsten Kunden, Einsparungen bei Verwaltungs- und Reisekosten, die Neuverhandlung von Lieferverträgen sowie die Reduzierung von Lagerbeständen, Marketing­budgets und Gehältern. Deutlich weniger Unternehmen hingegen verfolgen weitreichende, längerfristige Maßnahmen wie die Aufgabe ausgewählter Produktlinien (44 Pro­zent) bzw. einzelner Kundensegmente (39 Prozent) bis hin zur Abspaltung gan­zer Geschäftsbereiche und Vertriebskanäle (43 Prozent). Auch bei Investitionen in die Zukunft ihres Geschäfts zeigen sich die befragten Führungskräfte zurück­haltend: 37 Prozent wollen 2010 ihre Kapazitäten ausweiten und Akquisitionen verfolgen. Darüber hinaus planen 32 Prozent der Unternehmen für 2010 Investi­tionen in Forschung und Entwicklung, während 30 Prozent ihre Priorität auf die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitern legen wollen. "Wir beobachten, dass Marktführer entschlossener handeln als kleinere Konkurrenten – auch wenn sich die Branchenführer in der Großen Rezession tendenziell besser geschlagen haben", analysiert Stelter.

Unternehmen überschätzen wirtschaftliche Erholung

Ein Grund für die Zurückhaltung: Viele Unternehmen glauben, dass die neue Wirtschaftsordnung – mit einem langsamen Wachstum, einer geringeren Profita­bilität, mehr Protektionismus und einer größeren Preissensibilität der Verbrau­cher – nicht von langer Dauer sein wird. Weniger als 50 Prozent der befragten Führungskräfte erwarten, dass diese "neuen Realitäten" mittelfristig, also in zwei bis drei Jahren, noch relevant sein werden.

"Alle Anzeichen deuten auf ein langsames Wachstum hin – darauf sollten sich die Unternehmen schon jetzt einstellen. Sollte die Wirtschaft wider Erwarten stärker wachsen, können vorbereitete Unternehmen jederzeit die sich bietenden Chancen nutzen. Unternehmen jedoch, die auf eine Rückkehr zur alten Realität setzen, werden in massive Schwierigkeiten geraten, wenn das Wachstum tatsächlich moderat bleibt, so wie wir es annehmen", erklärt Stelter.

Weitere Ergebnisse der Umfrage:

– Japanische Führungskräfte sind am pessimistischsten: Während weltweit 62 Prozent der Befragten kurzfristig ein Wachstum ihres nationalen Bruttoinlandsprodukts erwarten, sind es in Japan nur 40 Prozent; 45 Prozent rechnen sogar mit einem Rückgang.

– 62 Prozent der Befragten sehen Chancen für mehr Innovationen.

– Das veränderte Konsumentenverhalten – eine höhere Sparquote und geringere Ausgaben – wird mehrheitlich als größte Herausforderung für 2010 gesehen: 81 Prozent der Befragten erwarten eine höhere Preis­sensibilität; 63 Prozent nehmen an, dass die Verbraucher zu günstigeren Produkten greifen, während 52 Prozent damit rechnen, dass zahlreiche Verbrau­cher zahlungsunfähig werden.

– Die geringste Profitabilität erwarten Führungskräfte aus den Branchen Energie, Transport, Automobil, Konsumgüter, Hotel und Gaststätten sowie der Gesundheitsbranche.

– 55 Prozent der befragten Führungskräfte bewerten staatliche Konjunk­turprogramme als hilfreich für ihre Geschäftsentwicklung; die Hälfte glaubt, dass Regierungsmaßnahmen Wachstum und Investitionen treiben.

– Zwei Drittel der Führungskräfte rechnen mit einer stärkeren öffentlichen Kontrolle der Wirtschaftsethik; 61 Prozent erwarten eine zunehmend negative Resonanz auf persönliche Exzesse.

– Mehr als die Hälfte der Befragten glauben, dass Quartalsergebnisse für die Bewertung der Unternehmensleistung an Bedeutung verlieren.

– Mehr als drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass die Vergütung von Führungskräften in den kommenden fünf Jahren geringer ausfallen wird als in den vorangegangenen fünf Jahren. 69 Prozent sagen eine engere Verknüpfung mit der Erzielung von Shareholder-Value voraus.

– Die Hälfte der Unternehmen mit rückläufigem Umsatz im Jahr 2009 erwarten für 2010 eine erneute Zunahme.

Leicht gekürzte Pressemeldung der Boston Consulting Group, veröffentlicht hier auf BCG.AT

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