Über die Ineffizienz der Hypothese der effizienten Märkte

by Dirk Elsner on 22. Januar 2010

Stock Exchange

Effizient? (Foto flickr/travel_aficionado)

In einem lesenswerten Artikel im Handelsblatt unter dem Titel “Der Markt macht keine Fehler – oder doch?” gibt Florian Paulus Meyer einen verständlichen Abriss über den praktischen Diskussionsstand zu einem der theoretischen Grundpfeiler der Finanztheorie: Der Theorie effizienter Märkte.

Die 1970 von Eugene Fama von der University of Chicago formulierte Theorie besagt, dass Kapitalmärkte insofern effizient sind, als alle vorhandenen Informationen in den Wertpapierkursen enthalten sind und alle Marktteilnehmer vollständig rational handeln. Fama hat diese Hypothese auf Basis der Theorie rationaler Erwartungen entwickelt. Er ist aber nicht der alleinige Vater. Franz Seitz gibt in einem Artikel des Monatsmagazins Wisu (Ausgabe 1/2010) noch Bachelier, Cowles sowie Samuelson als Geburtshelfer an. Doch Fama gebührt der Verdienst, die These bekannt gemacht zu haben vor allem durch den Satz: “A market in which prices always ´fully reflect´ available information is called ´efficient´” (Blick in die Originalarbeit im Journal of Finance).

Dieser Artikel, so schreibt Meyer, “wurde zu einem Schlüsseldokument der Finanzwissenschaft. Fama hatte Börsendaten aus den 60er-Jahren ausgewertet, aus denen er schloss, dass sich die Preise rasend schnell verändern konnten und nicht vorhersagen ließen. Die Belege, die für einen effizienten Markt sprächen, seien zahlreich, schrieb er. „Gegenbeweise – und das ist in gewisser Weise einzigartig in der Ökonomie- gibt es kaum.“

In der Folge zeichnet Meyer Aufstieg und Fall der Theorie nach. Diese sei tot, ist nicht selten zu hören. Ihr Diktum «Der Markt hat immer recht» habe sich als falsch erwiesen, schrieb im Sommer letzten Jahres die NZZ. Weiter heißt es dort: “Das grösste Manko der Hypothese sehen Kritiker darin, dass sie die Bildung von Blasen nicht erklären könne. Wenn es an den Märkten immer rational zugehe, müssten nämlich überhöhte Preise stets rasch korrigiert werden, sobald sie zu stark von historischen Durchschnitten abweichen.” 

Ob diese Theorie aber wirklich gefallen ist, lässt Meyer dahin gestellt. Keine Wunder, denn dies ist eine akademische Frage, über die sich viele Wissenschaftler streiten. Die NZZ ergänzt: “Die zunehmende Abkehr der Börsianer von der These effizienter Märkte findet ihren Niederschlag in der wachsenden Popularität der Behavioral Finance, der verhaltensorientierten Finanzmarkttheorie. Sie geht davon aus, dass Marktpreise stärker von der Psychologie der Investoren geprägt sind als von fundamentalen Daten, und sie erklärt so Blasenbildungen an den Märkten. Dabei stehen der Herdentrieb und Überreaktionen von Investoren im Zentrum.”

Unabhängig von der Frage, ob die “Hypothese der effizienten Märkte” gültig ist oder nicht, ist die Frage, wie sich Kurse bewegen. Hier wird oft fälschlicherweise angenommen, aus der Theorie von Fama könne abgeleitet werden, Kurse würden sich als Random-Walk im Sinne einer Normalverteilung bewegen. Dies ist nicht richtig und hat Fama meines Wissens auch nie behauptet.

Dies ist nicht etwa eine neue Erkenntnis, die die Finanzkrise hervorgebracht hat, sondern der Doktorvater von Eugene Fama, Benoit Mandelbrot, hat bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dargestellt, dass sich Marktpreise nicht an der Standardnormalverteilung, die Grundlage für viele Bewertungsmodelle in der Finanzwelt ist, orientieren. Mandelbrot hat dies in seinem Buch “Fraktale und Finanzen” sehr anschaulich und allgemeinverständlich dargestellt (siehe dazu auch NZZ: Was Finanzmärkte mit Blumenkohl verbindet).

Klar, das Thema lässt sich noch gut ausweiten. Aber dazu fehlt für diesen Beitrag die Zeit. Hier sollte es ja nur einen Hinweis auf den Artikel von Paulus Meyer geben.

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