Boni-Steuer? «Nichtstun fördert den Finanzplatz»

by Gastbeitrag on 26. Januar 2010

Gastbeitrag von Dr. Franz-Josef Lerdo*

Trotz neu aufgeflammter Neiddiskussion um die Boni der Banker findet Franz-Josef Lerdo, dass überstürzter Aktivismus nun fehl am Platz sei.

Ausgehend von Überlegungen in den USA wollen Grossbritannien und Frankreich die Führungskräfte der Banken über eine Sondersteuer auf ihre Jahresboni an den Kosten der Finanzkrise beteiligen.

Der Vorschlag ist auf den ersten Blick – wie auch Bundeskanzlerin Merkel für Deutschland feststellt – eine «charmante Idee». Sie räumt jedoch ein, dass sie den Ansatz in Deutschland für verfassungswidrig hält.

Die Verfechter einer Steuer auf Boni führen zwei Argumente auf:

  1. Es soll vermieden werden, dass die Banken riskante Geschäfte betreiben, die dann auch noch über Boni «belohnt» werden.
  2. Das Eigenkapital der Banken soll durch keine resp. geringere Bonuszahlungen gestärkt werden.

Wie lässt sich eine Sondersteuer für eine bestimmte Berufsgruppe rechtfertigen? Eine Besteuerung sollte nach der Leistungsfähigkeit erfolgen. Je höher diese ist, umso eher kann sich der Staat via Steuern eine entsprechende Scheibe davon abschneiden. Ist aber ein Investment Banker mit einem steuerbaren Einkommen von beispielsweise einer Million Franken inklusive Bonus leistungsfähiger als sein Nachbar aus der Pharmaindustrie, der ebenfalls inklusive Bonus eine Million Franken Einkünfte erzielt?

Vielfältige Umgehungsmöglichkeiten

Was ist mit dem Aktionär, der Aktien eines Unternehmens erwirbt, dessen Manager Mehrwert schaffen, was zu steigenden Aktienkursen führt, die der Aktionär beim Verkauf zu steuerfreien Kursgewinnen (wie in der Schweiz) oder nur mit 25 Prozent Abgeltungssteuer belegten Kapitalerträgen (wie in Deutschland) nutzen kann?

Auch die Umgehungsmöglichkeiten der Finanzindustrie könnten vielfältig sein. So hat Josef Ackermann für die Deutsche Bank bereits von einer Umlage der Steuerbelastung «seiner» Investment Banker in London durch die gesamte Sparte resp. die Aktionäre der Deutschen Bank gesprochen. Es sollte gemäss seinen Überlegungen eine Ungleichbehandlung der Banker in London gegenüber anderen Standorten im Konzern vermieden werden.

Sondervergütungen denkbar

Vorstellbar ist ferner, dass Sondervergütungen in anderer Form, wie beispielsweise höheren Grundgehältern oder zinsgünstigen, nicht rückzahlbaren Krediten, eingeräumt werden. Der Phantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Insofern wird die «Abschreckung», keine beziehungsweisegeringere Boni zu zahlen, kaum gelingen. Stattdessen sind Alternativen einer Bonusbesteuerung zu prüfen.

Der einzige Weg ist, die Voraussetzungen für Bonuszahlungen klar zu regeln. Hierzu sind in der Schweiz und in Deutschland die Weichen bereits gestellt worden. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht hat entsprechende Regeln vorgeschlagen, die per 1. Januar 2010 in Kraft getreten sind. Die Banken-Boni sollen sich künftig langfristig und nachhaltig am Gewinn ausrichten und sämtliche Kosten für alle eingegangenen Risiken berücksichtigen.

Auf Sperrkonti gebucht

Zudem wird der Verwaltungsrat, der die Vergütungspolitik beschliesst, stärker in die Pflicht genommen. Boni werden darüber hinaus nur noch verzögert ausgezahlt, indem sie auf Sperrkonti gebucht werden. Gesperrte Boni verfallen, wenn der wirtschaftliche Erfolg ausbleibt.

Diese neue Regelung ist zwar nur für die sieben grössten Banken und fünf grössten Versicherungen in der Schweiz verbindlich, aber das erscheint pragmatisch hinsichtlich der Bedeutung dieser Finanzinstitute für den Finanzplatz und den möglichen Risiken aus Fehlverhalten. Auch mittlere und kleinere Banken unterliegen unverändert den jährlichen Prüfungen durch ihre Wirtschaftsprüfer, deren Berichte wiederum an die Aufsicht gehen. Hier dürfte zukünftig dem Bonusthema ein noch grösserer Stellenwert zukommen als in der Vergangenheit.

Dass die Kirche im Dorf bleibt

In Deutschland haben Banken und Versicherer bereits für 2009 eine freiwillige Selbstbeschränkung beschlossen. Die Vergütungsstrukturen sollen sich stärker am nachhaltigen Erfolg ausrichten und auch stärker Risiken berücksichtigen. Grundlage dabei sind die Beschlüsse der G-20.

Damit treten deren Bestimmungen bereits ein Jahr früher in Kraft. Die Selbstverpflichtung der Finanzbranche soll möglichst schnell durch Rundschreiben des BaFin ergänzt werden, bevor die für Frühjahr 2010 geplanten gesetzlichen Massnahmen greifen.

Es ist erfreulich, dass sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz trotz aufgeflammter Neiddiskussion um die Bonussteuer «die Kirche im Dorf» bleiben dürfte. Egal, was London oder Paris beschliessen. In diesem Fall gilt (ausnahmsweise): Nichtstun fördert den Finanzplatz.

* Franz-Josef Lerdo ist Deutscher und war lange Jahre CEO der Dresdner Bank in der Schweiz. Heute arbeitet er als Berater für verschiedene Finanzinstitute und Family Offices. Mit seinem eigenen Multi Family Office betreut er Privatkunden bei der Überwachung und Steuerung ihres Vermögens.

Der Beitrag wurde erstmals publiziert in PRIVATE Ausgabe 1/2010 – Das Magazin für private und institutionelle Investoren. Mit Genehmigung des Verfassers hat der Blick Log diesen Beitrag übernommen.

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