Für den deutschsprachigen Raum ist heute eine neue Plattform gestartet: Herzlich Willkommen Ökonomenstimme. Dazu schreibt die NZZ: ”Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich will für den deutschsprachigen Raum im Internet einen neuen Treffpunkt für Ökonomen und «Konsumenten» von ökonomischem Wissen etablieren. In den vergangenen Monaten hat eine Equipe um KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm die Internetplattform «Ökonomenstimme» vorbereitet, die ab diesem Montag unter www.oekonomenstimme.org für das Publikum zugänglich sein soll.”
Die Plattform, soll nach Angaben des Handelsblatts ein Forum bieten und interessierte Kollegen, aber auch Politiker und Journalisten in ein Netzwerk einbinden. Diese drei Gruppen gehören also für das Handelsblatt zu den “Konsumenten von ökonomischem Wissens”. Von einem Dialog mit der Wirtschaftspraxis, Blogs und interessierten Bürgern hält man offenbar in Düsseldorf nicht viel. Man bleibt lieber unter sich.
Die Plattform sieht sich in der “Tradition” ähnlicher Webseiten, die es bereits in anderen Ländern gibt. Dem deutschsprachigen Raum fehlte bisher eine solche Plattform für Wissenschaftler, die sich in Deutschland kaum trauen Texte außerhalb von wissenschaftlichen Fachzeitschriften zu publizieren und auch auffällig wenig Blogs betreiben.
Von Blogs will man sich trotz der blognahen Element absetzen, weil diese Plattform einen Filter bietet. In dem Bericht im Handelsblatt wird dies als Pluspunkt hervorgehoben. Persönlich sehe ich das als großen Geburtsfehler an. Gerade bei wissenschaftlichen Texten hätte ich es begrüßt, diese auch einmal “ohne fachlich Zensur” zu lesen und die Qualitätsbewertung den Lesern zu belassen. So bleibt vorerst unklar, nach welchen Kriterien die Redaktion Texte auswählt.
Hervorgehoben wird die Zusammenarbeit mit der auch vom Blick Log sehr geschätzten englischsprachigen Seite Vox, die schon seit Jahren fachlich erstklassige Texte publiziert. Im Gegensatz zur Ökonomenstimme erlaubt das Copyright von Vox aber pro Monat die Übernahme von zwei Beiträgen für die eigene Webseite ohne weitere Rückfrage. Die Ökonomenstimme erlaubt dies nur ihren Medienpartner, die sich so erstklassige Inhalte für ihre Publikationen sichern. Anderen Webseiten wird nur die Übernahme von Überschrift und Teaser erlaubt. Immerhin soll die Weiterveröffentlichung ganzer Artikel auf Nachfrage bei Ökonomenstimme erlaubt werden.
Trotz dieser beiden Einschränken ist der Start einer solchen Plattform längst überfällig gewesen und unbedingt zu begrüßen. Die erste Plattform ihrer Art ist sie freilich nicht. Die Mindmap deutscher Wirtschaftsblogs listet bereits in der Kategorie Ökonomie diverse Webseiten auf. Die Distanzierung von Blogs unterstreicht allerdings einmal mehr das gespaltene Verhältnis zu diesem autonomen Medium. Deutsche mögen es offensichtlich, wenn jemand die Kontrolle behält. Dass es quasi so etwas wie eine “Kontrolle durch die Community” geben kann, muss sich erst noch durchsetzen. Immerhin bietet die Plattform trotz „fachlicher Kontrolle“ Bewertungs- und Kommentarfunktion. So weit ist sie also nicht von Blogs entfernt.
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