Blick in die Welt der Wirtschaftsblogs, die sich nicht rechnen (+ Update Mindmap)

by Dirk Elsner on 28. April 2010

Es tut sich viel in der (Wirtschafts-)Blogwelt und ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen, dass ich in den letzten Wochen den Blogkollegen nicht beigesprungen bin, weil es mal wieder eine an- und aufgeregte Debatte gegeben hat etwa beim Pixelökonom, Carta, Social Banking und anderen (Links auf Beiträge unten).

Wolfang Michael etwa hat in Carta zu Recht die FAZ aufs Korn genommen, die mit einem folkloristischem Beitrag eine Blogszene skizziert, die ich nicht kenne. So hat die FAZ (trotz einer eigentlich guten Bloganbindung mit Weissgarnix) offenbar immer noch nicht verstanden, dass es Die Blogger gar nicht gibt. Die Blogszene und die Interessen der Blogger sind genau so unterschiedlich wie der Querschnitt dieses Landes. Bei einer Medienbetrachtung werfe ich ja auch nicht FAZ, Bild und die St. Pauli Nachrichten in einen Topf.

Unter 8.000 Blogs in Deutschland findet man natürlich auch Dilettantismus, wie übrigens auch in der FAZ, dem Blick Log und so gut wie allen anderen (Hobby-)Publizierenden. “Thats 2.0. Try and find out,” sage ich da nur. Das mag in unserem Land, in dem man entweder nur wissenschaftlich abgesichert publiziert oder gar nicht, noch ungewöhnlich sein. Aber gerade das zeichnet die Webwelt aus: Wissen und Ideen teilen und gemeinsam weiterentwickeln. Ich halte das sogar angesichts der Komplexität unserer Welt für notwendig, um zu besseren Lösungen zu kommen.

Viele Blogs, dazu zähle ich auch den Blick Log, wollen außerdem gar nicht mit den etablierten Medien konkurrieren, sondern einfach nur über Dinge schreiben, die sie in den Medien vermissen und für die sie sich interessieren. Es muss ja keiner mitlesen. Und wenn Frank Schirrmacher nur durch Blogs browst, die ihre Ausführungen mit Sloterdijk, Luhmann oder Heinsohn fundieren, dann mag das sein Qualitätsmerkmal sein, interessiert aber sonst nur die Feuilletonleser der Zeit.

Mir jedenfalls gefällt die Wirtschaftsblogszene von Tag zu Tag besser. Klar, der deutschen Szene fehlt die Professionalisierung der US-Blogs. Das liegt aber vor allem daran, dass niemand (jedenfalls soweit mir bekannt) heute in der Lage ist, von seinem Blogbetrieb allein zu leben. Um ein, wie ich finde, erstklassiges Projekt wie Zero Hedge zu realisieren, muss man aus dem Bloggen einen Fulltime-Job machen und in Deutschland im Zweifel einen sehr langen Atem haben, damit sich das Projekt um eventuell rechnen kann.

Auch wenn Sascha Pallenberg behauptet, man können vom Bloggen leben, so sind seine Empfehlungen für 95% der Blogbetreiber derzeit einfach nicht realistisch. Niemand, der nicht aus anderen Gründen privatisiert hat, ist ernsthaft bereit, seinen Beruf an den Nagel zu hängen, um mit dem mageren Einkommensstrom aus einem Blog dann Harz IV-Satz zu beantragen (siehe als Beispiel Einnahmen von 13 deutschsprachigen Blogs im März 2010). Viele Blogbetreiber haben daraus die aus meiner Sicht logische Konsequenz gezogen und verzichten, wie auch der Blick Log, ganz auf Einnahmen, weil allein der administrative Aufwand (incl. Steuererklärung) viel höher ist, als die Vorteile einer Monetisierung.

Genug philosophiert. Abschließend noch ein Service des Blick Logs, der aus reiner Bequemlichkeit entstanden ist. Die beiden folgenden Links bieten einen über Yahoo-Pipes generierten RSS-Feed der in der Blogroll des Blick Logs gelisteten Wirtschaftsblogs. Da hat man alle News dieser Blogs auf einen Blick. Man kann diese Pipes, die hier abzurufen sind, klonen und dann mit seinen eigenen Blogs und natürlich beliebigen anderen Seiten bestücken. Vielleicht hat ja der eine oder andere Spezialblogger Interesse etwa einen solchen Feed für Börsenblogs oder Projektblogs zu realisieren.

Beiträge der letzten Wochen zur Blogszene

Pixelökonom: 1/3 des Medienangebots durch Blogger erstellt

Pixelökonom: Die Zahl der Wirtschaftsblogs nimmt stetig zu – Jetzt müssten sie nur noch gelesen werden

Carta: Deutsche Blogger besetzen die FAZ

SB 2.0: NZZ-Blog beleuchtet Social Banking – und nimmt Blogosphäre ernst

Carta: Carta: Bürgerjournalismus? Aber ja doch!

Pixelökonom: “Niemand setzt ihnen ein gutes Blog entgegen”

Indiskretion Ehrensache: Re-publica 10: der Neidfaktor

Steffan Mai 31, 2010 um 08:08 Uhr

HI, wollt mich für den sehr interessanten Artikel bedanken, auserdem wollt ich mich noch für die Pipes bedanken hab mir damit ein haufen Arbeit ersparrt (:

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