Eine Aktie verbrieft einen Anteil am Grundkapital einer Aktiengesellschaft und dokumentiert damit bestimmte Rechte als Miteigentümer einer Gesellschaft. Wer sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft wandelt und die Aktien an einer Börse zum Handel einführt, der unterwirft sich 1. dem Rechtsrahmen des Aktien- und Kapitalmarktrechts und 2. den „ökonomischen Gesetzen“ des Kapitalmarktes, die besagen, dass derjenige am meisten bestimmt, der die meisten Anteile hat.
Dies vorangestellt verwundert das Verhalten des Vorstands von Hochtief, der mit Hilfe einer durchschaubarer PR-Arbeit und neuerdings von Politikern plötzlich seine Prioritäten darauf konzentriert, die „Gesetze des Kapitalmarktes“ für Hochtief zu ändern. Das Management von Hochtief will sich vor seinem Großaktionär, dem spanischen Baukonzern ACS, mit Instrumenten wie Weiße Ritter oder Kapitalerhöhungen „schützen“. Daneben fordert der Betriebsrat des Baukonzerns mit Duldung des Managements sogar ein Eingreifen der Bundesregierung.
Die Öffentlichkeit soll mit vor Populismus triefenden Plattitüden, wie hier müsse ein gutes Unternehmen (Hochtief) nicht vor der Übernahme durch ein schlechtes Unternehmen (ACS) geschützt werden. ACS wird Böses unterstellt, wie etwa die Zerschlagung von Hochtief. Ich bin hier ganz beim Vorsitzenden der Monopolkommission, Justus Haucap, der Handelsblatt Online sagte:
„Die Forderung, dass wir einen großen deutschen Baukonzern benötigen, ist populistischer Quatsch“, sagte Haucap Handelsblatt Online. „Wir brauchen keinen nationalen Champion in der Baubranche.“ Nötig sei vielmehr Wettbewerb, der die Preise niedrig hält. „Und ob nun Unternehmen mit spanischen oder deutschen Aktionären um Aufträge konkurrieren, ist egal“, betonte der Direktor des Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf ist. „Gebaut wird nämlich ohnehin in Deutschland. Immobilien kann man ja bekanntlich nicht importieren – daher auch ihr Name.“
Es ist daher kaum zu fassen, dass Politiker in NRW und in Berlin gar laut über eine Lex-Hochtief nachdenken, um die Möglichkeiten für feindliche Übernahmen zu erschweren.
Kaum öffentlich hinterfragt wird unterdessen die Frage auf, ob denn hier wirklich eine feindliche Übernahme vorliegt und aus wessen Blickwinkel sie als “feindlich” zu bezeichnen ist. Ein Blick in die Wikipedia:
„Mit dem Begriff der „feindlichen Übernahme“ bezeichnen in der Regel Manager eines Unternehmens die Handlung eines Investors, der beabsichtigt, dieses Unternehmen zu kaufen, und sich zu diesem Zweck direkt an die Eigentümer des Unternehmens (in der Regel mit einem öffentlichen Übernahmeangebot) wendet, ohne vorher die Einwilligung des Übernahmekandidaten eingeholt zu haben. Die Bezeichnung „feindlich“ stellt oft nur die ablehnende Sicht des Managements des Übernahmekandidaten – für den Kauf der Kapitalmehrheit an einem Unternehmen gegen den Willen von dessen Vorstand, Aufsichtsrat oder Belegschaft – dar; die Literatur spricht daher in diesem Zusammenhang statt von „feindlicher“ auch von einer „unkoordinierten“ Unternehmensübernahme.“
Offenbar hat der Vorstand von Hochtief ein Problem mit dem Erwerb durch ACS. Dies allein ist aber kein Grund, sich dagegen zur Wehr zu setzen und erst recht nicht Politik und Öffentlichkeit dafür zu instrumentalisieren. Es entscheidet nämlich nicht der Vorstand über den Verkauf des eigenen Unternehmens, sondern die Eigentümer, sprich die Aktionäre. In Deutschland wird dies gern verdrängt.
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat die Pflicht zum Wohle der Gesellschaft zu handeln und bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Der Vorstand von Hochtief gibt hier vor, sich für das Wohl der Gesellschaft einzusetzen und unterstellt damit, dass ACS mit der Übernahme beabsichtige, dem Unternehmen zu schaden. Das ist eine sehr verwegene Spekulation, denn es ist nicht erkennbar und im Rahme gängiger ökonomischer und verhaltenstheoretischer Modelle nicht erklärbar, warum ein Aktionär, der mehrere Milliarden in den Kauf eines Unternehmens investiert sich selbst vorsätzlich schaden sollte. Daher liegt hier die Vermutung näher, dass sich der Vorstand vor allem selbst schützen will und vielleicht, wie im Fall Mannesmann – Vodafone, auf bessere Gebote hofft.
Nachtrag vom 14.2.2012
Das Handelsblatt titelt in der Printausgabe: Hochtief: Das neue Leben mit dem Feind. Zerschlagung und ein massiver Jobabbau – die feindliche Übernahmevon Hochtief durch ACS hat viele Ängste geschürt. Die meisten erwiesen sich bisher als unbegründet. Weiter schreibt die Zeitung:
“ Von einer Zerschlagung jedenfalls ist nichts zu sehen; die neuen Herren aus Südeuropa haben Hochtief auch nicht – wie damals befürchtet – ausbluten lassen. Die Konzernzentrale ist nach wie vor in Essen, die Zahl der Beschäftigten in Deutschland ist nur um 500 auf 10300 gesunken, allerdings als Folge von Entscheidungen, die zum Teil noch vom damaligen Konzernchef Lütkestratkötter stammten. Weltweit beschäftigt Hochtief mittlerweile 75500 Menschen – knapp sieben Prozent mehr als vor einem Jahr. Selbst die wertvolle Mehrheitsbeteiligung am australischen Bau- und Bergbaukonzern Leighton gehört immer noch zu Hochtief.
„Es ist relativ ruhig“, räumt selbst Siegfried Müller ein, der damals als Betriebsratschef zu den großen Kämpfern gegen die Übernahme gehörte. „Wir treffen die spanischen Kollegen im Aufsichtsrat und können dementsprechend dort mit ihnen reden.“
@dels
Wenn irgendwo Jobs von Entscheidungen abhängen sollte die Politik etwas mitzusprechen haben. Ein Ausverkauf kann dem Arbeiter manchmal teuer zu stehen kommen.
Hm, ich kann nicht erkennen, dass hier Jobs auf dem Spiel stehen. Das gehört für mich zur Legendenbildung dazu. Aber selbst wenn es so wäre, ist das keine Rechtfertigung für einen politischen Eingriff. Das wäre eine andere Wirtschaftsordnung. Wie soll das denn funktionieren? Bei fast jeder Entscheidung in der Wirtschaft stehen in welcher Form auch immer Jobs auf dem Spiel.
Ja stimmt. Die Politik braucht sich nicht einmischen. Es würde so oder so nichts bringen.
Und wie sieht es mit dem Gläubigerschutz aus? Wie sicher ist es denn, dass sich so ein angeschlagener Baukonzern (Spanien, Immobilienkrise) nicht mit der Übernahme verhebt? Mit der Hochtief-Übernahme kann sich ACS ja nur verbessern. Geld ist viel zu billig…
Mag ja sein, dass ACS Probleme hat, die Transaktion zu stemmen. Dies ist aber nicht Sache der Politik, darüber zu entscheiden.
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