Zur Ausweitung der Krise offener Immobilienfonds

by Gastbeitrag on 1. November 2010

Gastbeitrag von Georg Erber*

Offene Immobilienfonds galten lange Zeit als sicherste Form der Vermögensanlage. Durch die Handelbarkeit und die Besicherung mit Immobilienvermögen schien der Zielkonflikt zwischen Liquidität und Wertabsicherung am besten miteinander vereinbar zu sein. Nun zeigt sich, dass infolge der weltweiten Immobilienkrisen sich aufgrund der Vermögensverluste bei Immobilien die Liquidität der Anleger als gravierender Nachteil erweist. Flüchten sie aus offenen Immobilienfonds, dann droht aufgrund des Kapitalabflusses der Fonds unterfinanziert zu sein und entsprechend folgen drastische Kurseinbrüche. Am Ende wird dann der Fonds geschlossen und abgewickelt. Jetzt ist bereits der dritte Fonds nach Kanam und Aberdeen mit jetzt Morgan Stanley zu schließen.

Immobilienkrise 2.0

Diese Entwicklung verstärkt den bereits labilen Zustand der weltweiten Immobilienwirtschaft. Bereits durch die schwierige Rechtslage bei Zwangsversteigerungen von Immobilien in den USA – aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse infolge der Verbriefung von Hypothekendarlehen – geht die Sorge um eine erneute Immobilienkrise in den USA um. Da der Rückfluss von Liquidität nicht mehr sichergestellt ist, könnte sich ein Freeze der Geldmärkte wie zuletzt nach der Lehmann Pleite wiederholen. Bernankes Ankündigung, den Märkten beliebig zusätzlich Liquidität zur Verfügung zu stellen, zielt unter anderem auch auf diese Problemlage.

Der Versuch der Immobilienfonds, sich international zu diversifizieren und insbesondere auch in den Emerging Market wie China zu engagieren, könnte sich als fatal erweisen, wenn dort auch noch die Immobilienblase platzt. Dort ist ja bereits seit Jahren am Markt vorbei gebaut und auf hohe Immobilienpreissteigerungen spekuliert worden. Platzt auch dort die Blase, dann kommen die Immobilienfondsanleger vom Regen in die Traufe. Da insgesamt weltweit die Liquidität, die in den führenden OECD-Ländern wie den USA, Europa und Japan geschaffen worden ist, in die Emerging Markets geflossen ist, könnte sich diese Krise auch weltweit ausweiten. Das Ergebnis wäre eine Kombination aus Asienkrise à la 1998 und Lehmann Pleite à la 2008. Ein globales financial Armageddon.

* Beitrag zuerst erschienen auf der Readers Edition und diesen Lizenzbedingungen

Weitere Berichte

Zeit: Immobilienfonds Sturmwarnung am Immobilienmarkt: Binnen weniger Wochen wurden drei große Immobilienfonds geschlossen: 130.000 Anleger stehen vor den Ruinen ihrer Investition. Für Experten ist das erst der Anfang.

FAZ: Offene Immobilienfonds – Eine Anlageklasse wackelt: Mit dem Degi Europa wird erstmals ein großer offener Immobilienfonds abgewickelt. Für die Anleger eine schockierende Meldung. Ist das das Ende einer ganzen Anlagegattung?

HB: Fondsschließungen: Was Anleger im Ernstfall tun können: Anleger von offenen Fonds schätzen besonders, dass sie jederzeit und schnell an ihr Geld kommen. Schließt ein solcher offener Fonds aber, wie im Fall Morgan Stanley, kann das Kapital der Anleger zwei Jahre lange eingefroren werden. Was Betroffene tun könnten, wenn eine solche Situation eintritt.

FAZ: Die Vermögensfrage – Kreditfinanzierte Immobilien können heikel sein: Häuser und Wohnungen stehen bei Privatleuten hoch im Kurs. Sie gelten in Verbindung mit günstigen Krediten als wertbeständige Anlage. Doch nicht selten trügt der Schein. Wer Immobilien auf Pump kauft, geht ein hohes Risiko ein.

Joss November 1, 2010 um 05:02 Uhr

Wirklich überraschend sollte oder dürfte diese Entwicklung eigentlich nicht sein. Da gab und gibt es ein eher grosses
Informationsmanko seitens der Medien. Boshaft gesehen, kommen allzu viele schon mit dem Internet nicht zurecht, wissen damit
nichts anzufangen. Karl Kraus sprach des oefteren von den elektrisch beleuchteten Barbaren, ein Begriff, der erneute Bedeutung erhaelt.
Um nur mal einen Blick auf diese Szene zu werfen, hier ein Artikel aus dem Jahr 2009:
http://www.nowpublic.com/style/list-retail-store-closings-us

enigma November 1, 2010 um 02:39 Uhr

Gratulation: Georg Erber ist einer der kompetentesten Blogger und hat darüberhinaus die Qualität Wirtschaftswissenschaftler zu sein, der diesen Namen auch verdient!

Die Panik halte ich allerdings ZUR ZEIT für übertrieben, denn die Strategie der FED zielt darauf, mit QE xyz die Konsequenzen, die sich aus jeder Bilanzrezession ergeben, durch Eigenkauf zu neutralisieren. Es gibt keinen Grund, warum die FED nur oder hauptsächlich Staatspapiere aufkaufen soll! Warum nicht auch Immobilienfondsanteile, ggf. über Mittler. Da sind die Amis sehr pragmatisch!

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: