Wunschanalyse Nippon Steel

by on 1. April 2011

Herzlich Willkommen zur Wunschanalyse von Sharewise in Zusammenarbeit mit Stephan Heibel vom Heibel-Ticker.de Börsenbrief (www.heibel-ticker.de) und Terrell Trowbridge von LRT-Finanzresearch.de. Unsere Mitglieder haben sich diese Woche eine Analyse des japanischen Stahlproduzenten Nippon Steel gewünscht.

Nippon Steel laut Sharewise.com:

Prognostiziertes Kursziel kaufen halten verkaufen
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Nippon Steel (WKN 859 164, ISIN JP3381000003, Marktkapitalisierung: ca. 15,94 Mrd. Euro)

 


Firmenlogo Nippon Steel

 

MEGAFUSION IN JAPAN

Die Autoindustrie gehört zu den größten Kunden von Nippon Steel. Doch Toyota und Nissan haben einige Werke nach der jüngsten Katastrophe stillgelegt. Gleichzeitig brechen wichtige Wachstumsmärkte wie beispielsweise Indien und China weg, weil sich dort die lokalen Wettbewerber etablieren und inzwischen qualitativ vertretbare Produkte anbieten.

So hat Nippon Steel Anfang Februar mit Sumitomo Metal Industries eine Fusion vereinbart. Die Nummer Eins des japanischen Marktes geht mit der Nummer Drei zusammen. Es entsteht der weltweit zweitgrößte Stahlkonzern. Sumitomo Metal Industries hat seinen Schwerpunkt im Bereich der nahtlosen Stahlröhren, die für jegliche Pipeline-Projekte eingesetzt werden.

Zusammen kann nun das breiteste Produktspektrum mit höchster Qualität angeboten werden, von Baustahl über Grobbleche, Autobleche bis hin zu nahtlosen Röhren.

Damit stellt sich die nach Umsatz angeordnete Rangliste ab Vollzug der Fusion im Oktober 2012 wie folgt dar: Mit weitem Abstand ist die indische Mittal Arcelor Weltmarktführer auf den Stahlmärkten. Es folgt das fusionierte Unternehmen Nippon Steel mit Sumitomo Metal Industries, gefolgt von Baosteel aus China auf Position drei.

Es wird daraus schon sehr schnell ersichtlich, dass Nippon Steel am Autoboom der Schwellenländer Indien und China nur mittelbar partizipiert, die beiden Länder haben ihre eigenen Stahlkonzerne. Und nach anfänglichen Qualitätsproblemen sind auch sie inzwischen in der Lage, brauchbaren Stahl zu produzieren. Absatzseitig ist diese Fusion also meines Erachtens auf dem Papier schön, denn die breite Palette hochqualitativer Produkte liest sich schön, doch neue Kunden gewinnt das Unternehmen dadurch nicht.

 

BESSERE VERHANDLUNGSMACHT GEGEN STEIGENDE ROHSTOFFPREISE

Der Hintergrund der Fusion liegt meines Erachtens also eher in Einsparungen beim Einkauf. Eisenerz und Kokskohle sind die Haupteinsatzstoffe bei der Stahlproduktion. Der Preis für das Eisenerz wird weltweit von drei Rohstoffgiganten bestimmt: BHP Billiton aus Australien, Vale aus Brasilien und Rio Tinto, ebenfalls aus Brasilien. Die drei Giganten bieten zusammen über 30% des weltweit abgebauten Eisenerzes an.

Für große Geschäfte gibt es große Verträge. So wurden die Eisenerzverträge bis vor kurzem als jährliche Rahmenverträge abgeschlossen. Es wurde ein Preis vereinbart, zu dem ein Jahr lang geliefert wurde. Unterjährige Preisschwankungen fanden keinen Niederschlag in diesen langfristigen Vereinbarungen.

Nach der Finanzkrise 2008, die zu einer Wirtschaftskrise auswuchs und zu einer Achterbahnfahrt bei den Rohstoffpreisen führte, drängten die drei großen Eisenerzproduzenten auf kurzfristigere Rahmenverträge. So ist das in einem Oligopol: Wenn sich die drei marktbestimmenden Anbieter einig sind, dann führt kein Weg an dieser Änderung vorbei und somit partizipieren heute insbesondere die Eisenerzproduzenten quartalsweise von den steigenden Rohstoffpreisen.

Nippon Steel ist für etwa 1,5% der weltweiten Stahlproduktion verantwortlich. Wie soll ein so kleines Unternehmen gegen eine 30%-Macht bestehen und Preisverhandlungen führen? Das ist kaum möglich. Wenn die Stahlbranche den Preis für das Eisenerz etwas unter Kontrolle halten will, dann muss die Verhandlungsmacht gestärkt werden. Und das geht am Besten durch das Zusammenlegen von Einkaufskapazitäten, was eben über eine Fusion realisiert wird.

Zweck der Fusion war also meines Erachtens nicht die Verbreiterung der Produktpalette oder der Gewinn neuer Kunden, sondern die Optimierung des Einkaufs.

 

KONJUNKTURAUFSCHWUNG FÜHRT ZU STEIGENDEN STAHLPREISEN

Die Weltwirtschaftskrise 2008 führte zu Konjunkturprogrammen in vielen Industriestaaten. Deutschland, die USA, Japan, China und viele weitere Länder kurbelten die Konjunktur an, indem Infrastrukturprojekte vorgezogen und ausgeweitet wurden. Straßenausbesserung und Brückenbau (Stahl!) führten zu anziehenden Stahlpreisen. Es ist also nicht so, dass die Stahlindustrie die gestiegenen Eisenerzkosten nicht an ihre Kunden weitergeben konnte. Dennoch: Weitergeben und nach wie vor plus minus Null rausgehen, ist nicht so befriedigend, wenn man sieht, dass die Eisenerzproduzenten dicke Gewinnmargen einstecken.

Insbesondere in China wächst die Nachfrage nach Stahl ungebrochen. Manchmal bekommt man den Eindruck, China bremse das Wachstum des eigenen Landes. Doch das liegt an der häufig sehr oberflächlichen Berichterstattung: China investiert in Infrastrukturprojekte was das Zeug hält. Lediglich den Markt privat genutzter Immobilien will das Unternehmen abkühlen, da dort Spekulanten am Werk sind. Das kommunistische Land blickt auf eine Jahrtausend alte Wirtschaftsgeschichte zurück und beherrscht es in meinen Augen perfekt, genau die betroffenen Branchen abzukühlen, ohne notwendige Entwicklungen zu bremsen. Spekulationen für Wohnimmobilienpreise müssen gestoppt werden. Infrastrukturprojekte müssen eher noch beschleunigt werden.

So werden Brücken, Eisenbahnen, Straßen, Kraftwerke, Pipelines, öffentliche Gebäude, etc. in einem für uns unvorstellbaren Maße gebaut. Noch immer! Trotz Zinsanhebung und wiederholter Erklärungen, den „Immobilienmarkt“ abzukühlen.

 

ERDBEBEN, FLUTWELLE, ATOMUNFALL – WIEDERAUFBAU

Das Unglück der japanischen Bevölkerung kann ich aus der Ferne gar nicht richtig einschätzen. In unserem von Naturkatastrophen weitgehend verschonten Deutschland können wir uns kaum vorstellen, was das Umsiedeln ganzer Städte bedeutet. Ich gehe davon aus, dass es einen Radius um Fukushima geben wird, der nicht mehr bewohnt wird. Und die angrenzenden Gebiete werden wohl ebenfalls mit einer abnehmenden Einwohnerzahl zu kämpfen haben, denn wer immer die Entscheidung über seinen Wohnort selbst treffen kann, der wird lieber ein paar Kilometer weiter weg wandern.

Das entkräftet aber nicht das Argument des Wiederaufbaus der zerstörten Städte, es wird vielmehr an anderen Orten zu einer kräftigen Bevölkerungszunahme kommen und sodann zum Bau neuer Wohnungen, zum Ausbau der Infrastruktur.

Im Unterschied zum Wiederaufbau nach dem Hochwasser Katrina in den USA, wo man anschließend auf weitgehend wertlosem Grund eine neue Infrastruktur aufbaute, wird man in Japan ein überraschendes Bevölkerungswachstum in bestimmten Regionen bewältigen müssen. Und eine Integration in eine bestehende Infrastruktur ist wesentlich aufwendiger, als der Neubau auf einem zerstörten Grund. Ich erwarte also, dass der „Wiederaufbau“ in Japan sehr stark verteilt stattfinden wird. Der Staat stellt Gelder zur Verfügung und schaufelt diese nicht an ein paar Bauunternehmen, sondern wird tausende von kleinen Projekten finanzieren.

Es wird also nicht eine Baufirma geben, die den großen Reibach macht. Vielmehr wird sich der Wiederaufbau erst bei der Rohstoffbeschaffung, bei der Materialbeschaffung und beim Maschinenbau zeigen. So also auch bei Nippon Steel.

Für Nippon Steel bedeutet das Unglück auf dem Heimatmarkt eine anziehende Nachfrage nach dem eigenen, hochqualitativen Stahl. Insbesondere Sumitomo Metal Industries ist stark in Infrastrukturprojekte integriert und wird also von dieser Entwicklung profitieren.

Japan ist ein Volk, das immer wieder heftige Schicksalsschläge verarbeiten musste. Doch Japan ist bekannt dafür, solche Schicksalsschläge schneller aufzuarbeiten als jeweils irgendjemand es erwarten würde. Und so vertraue ich auch diesmal auf die Disziplin, die gute Organisation und die hohe technologische Entwicklung in Japan, dass aus dem Schicksalsschlag schon bald ein Sonderaufschwung generiert wird.

Historisch gesehen führen solche Schicksalsschläge stets zu einem kurzfristigen Einbruch der Wirtschaftsleistung, doch mittel- und langfristig kehrt die Wirtschaft auf den ursprünglichen Wachstumspfad zurück oder übersteigt ihn sogar.

 

BEWERTUNG VON NIPPON STEEL GÜNSTIG

Nachdem im Jahr 2010 die kurzfristigen Rahmenvereinbarungen bei der Beschaffung (Eisenerz!) vor dem Hintergrund steigender Rohstoffpreise auf den Absatzmärkten mit weiterhin langfristigen Liefervereinbarungen nicht abgefangen werden konnten, fand zwar ein Umsatzwachstum, kaum aber ein Gewinnwachstum statt.

Für das Jahr 2011 wurden die Laufzeiten angepasst, und so wird nun auch ein kleiner Teil der anziehenden Nachfrage ergebniswirksam von Nippon Steel genutzt. Der Gewinn je Aktie soll im laufenden Jahr um 50% ansteigen, das KGV 2011e steht bei 10. Zum Vergleich: Das KGV 2011e von Salzgitter steht bei 20, das von ThyssenKrupp bei 14.

Eine Dividendenrendite von 2% ist zwar nicht sonderlich berühmt, aber eine beruhigende Geste.

35 Mrd. Euro Umsatz werden mit einer Marktkapitalisierung von 14 Mrd. Euro bewertet. Zuzüglich der hohen Verschuldung von 12 Mrd. Euro ergibt sich ein um Kredite bereinigtes Kurs / Umsatz Verhältnis von 0,75, was ich vor dem Hintergrund anziehender Stahlpreise für günstig halte.

Einziger Wehrmutstropfen ist die hohe Verschuldung. 12 Mrd. Euro bei 35 Mrd. Euro Umsatz sind eine stolze Summe, für die erst einmal Zinsen gezahlt werden müssen, bevor Gewinne für Aktionäre übrig bleiben. Auch durch die Fusion mit Sumitomo wird diese Situation nicht sonderlich besser, Sumitomo bringt 12 Mrd. Euro Umsatz mit, ist aber mit 8,5 Mrd. Euro verschuldet.

Die Fusion hat also auch keine bilanziellen Hintergründe, sondern ist meines Erachtens überwiegend positiv für den Einkauf. Die stärkere Einkaufsmacht sollte sodann zu einer Ausweitung der Gewinnmarge führen, wodurch in einem zweiten Schritt dann die Schulden sukzessive abgetragen werden können.

 

KURSVERLAUF: GEN SÜDEN SEIT FUSION

Anfang Februar wurde die beabsichtige Fusion mit Sumitomo bekanntgegeben, der Kurs sprang über Nacht um 10% auf 2,85 Euro. In den folgenden Tagen fiel der Kurs wieder auf das Ausgangsniveau bei 2,50 Euro zurück, um in Folge der Erdbebenkatastrophe auf 2,10 Euro einzubrechen. Seither erfolgte eine langsame Erholung auf 2,30 Euro.

Zu guten Zeiten, also im Jahr 2007, stand der Kurs bereits bei 5,50 Euro. Ich denke nicht, dass dieses Niveau in den nächsten 12-18 Monaten wird erreicht werden können. Allerdings halte ich einen langsamen, soliden und stetigen Aufwärtstrend für wahrscheinlich. Die Rahmenbedingungen für Nippon Steel hellen sich merklich auf. Eine Verbesserung der Gewinnmarge ist in Sicht und wird von den Märkten stets bereits im Vorfeld eingepreist. Die Kurse, die wir nach der Fusionsbekanntgabe gesehen haben, halte ich auf Sicht von 12-18 Monaten für erreichbar. Das entspricht einem Kursziel von 20% zzgl. 2% Dividendenrendite.

 

CHARTTECHNIK

Hier finden Sie eine ausführliche charttechnische Analyse der Aktie der Nippon Steel Corp. von unserem Kooperationspartner in Sachen Charttechnik, LRT-Finanzresearch.de.

 

FAZIT: FÜR LANGFRISTANLEGER EINE GUTE EINSTIEGSGELEGENHEIT

Nippon Steel ist nicht in einer Position der Stärke, doch die jüngsten Entwicklungen kommen der Geschäftsentwicklung zugute. Daher gehe ich davon aus, dass sich der Kurs stetig in Richtung 2,85 Euro aufmachen wird. Wer also eine solide Stahlaktie im Portfolio sucht, der ist mit Nippon Steel gut beraten.

Arcelor Mittal sowie beispielsweise Salzgitter haben meines Erachtens jedoch bessere Startpositionen, so dass ich Nippon Steel zwar gut finde, aber diese nicht vorziehen würde.

 

 

Über den Autor

Stephan Heibel ist Autor und Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes, der wöchentlich kostenfrei per E-Mail verschickt wird. Darin werden die Hintergründe zu Kursbewegungen an den Finanzmärkten aufgezeigt und erklärt. Interessante Tradingideen werden daraus abgeleitet. Sie können sich unter:

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Stephan Heibel

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