Machtwechsel für die Deutsche Bank: Kein Jein für Anshu Jain zum „öffentlichen“ Start

by Dirk Elsner on 2. Februar 2012

Bereits in dieser Woche zelebrieren die deutschen Medien den Machtwechsel bei der Deutschen Bank. Eigentlich erfolgt die Stabübergabe von Josef Ackermann an Jürgen Fitschen und Anshu Jain offiziell erst mit der Hauptversammlung Ende Mai. Aber solche Formalien sind hierzulande Nebensache, denn schon heute wird sich die künftige Doppelspitze bei der Präsentation der vorläufigen Bilanz für 2011 zeigen.

DLD FOCUS Nightcap 2012

Das künftig Führungstrio der Deutschen Bank: Jürgen Fitschen (Vorstand), Paul Achleitner (Vorsitzender Aufsichtsrat), Anshu Jain (Vorstand) Quelle: flickr/Hubert Burda Media.

Der Spiegel hat sich Anfang der Woche schon einmal eingeschossen auf einen aus der Doppelspitze, nämlich auf Anshu Jain, den bisher in London lebenden Kopf des Investmentbankings der Deutschen Bank. Die Spiegel-Attacke, die weder neu noch originell war (die in dem Beitrag “US-Börsenaufsicht ermittelt gegen Deutsche Bank” präsentierten Sachverhalten sind uralt) zeigt, dass für Jain in Deutschland ein rauer Wind bläst. Jain erhält keine Schonfrist und muss sich schon vor seinem Amtsantritt an einen rauhen und finanzmarktfeindlichen Ton gewöhnen. Und natürlich schmieren ihm die Medien das im vergangenen Jahr hinkende Investmentbanking aufs Brot

In einigen Redaktionen reibt man sich vielleicht schon seit Monaten die Finger, weil man glaubt, mit Jain das typische Antibild des Bankers zu haben, nämlich den im Sinne der Bank erfolgreichen und bestens verdienenden Investmentbanker, der ohne Rücksicht auf die Konsequenzen die Erlöse seiner Bank maximiert. Solche Vorurteile zu pflegen machen sich gut und würde mir vermutlich auch hier im Blog mehr Zustimmung bringen.

Allerdings ist mir das viel zu platt. Tatsächlich wissen wir in Deutschland so gut wie gar nichts über den neuen Doppelkopf. Jain hat sich bisher vornehm zurückgehalten und war dort aktiv, wo die Bank in der Vergangenheit richtiges Geld verdient hat und möglicherweise auch die größten Altlasten mit sich trägt: Im Investmentbanking.

Über den Menschen Anshu Jain ist bisher nur wenig durchgesickert. Etwas über die Persönlichkeit des gebürtigen Inders arbeitete die Zeit vergangenen September in dem sehr lesenswerten Porträt “Der Unfassbare” heraus (Nachtrag: Auch vom Handelsblatt gibt es nun ein ausführliches Porträt: Wer ist Anshu Jain?). Nun weiß man bei solchen Texten allerdings nie, welche Spindoktoren an dem Bild geschliffen haben.

Ja, Jain hat das Investmentbanking der Deutschen Bank unter seiner Verantwortung. Und das Investmentbanking lässt sich nun einmal nicht nach der Vorgabe von Spiegel Online oder gar den Empfehlungen einschlägiger Internetforen führen. Das Investmentbanking lebt von zwei zentralen Komponenten: Der handwerklich erstklassigen Durchführung zuweilen riskanter Finanzmarktgeschäfte für die eigene Rechnung bzw. für Rechnung der Kunden und einem ausgezeichnetem Risikomanagement.

Beides muss in den letzten Jahren in der Deutschen Bank ziemlich gut funktioniert haben, denn sonst würde das Institut nicht so gut dastehen. Dafür muss man Jain allerdings auch nicht in einen Heiligenstatus erheben, wie das insbesondere das Handelsblatt zwischendurch getan hat. Die Bank ist einfach ausgesprochen professionell organisiert und versteht nicht nur etwas vom Geschäft. Sie versteht es auch ausgezeichnet, ihren Einfluss für sich zu nutzen. Das ist gesellschaftspolitisch kritisch, aus Sicht eines Unternehmens aber nachvollziehbar.

Und die Bank sucht ständig und frühzeitig nach neuen Geschäftsmöglichkeiten. Aktuelles Beispiel etwa ist ein Fonds, mit dem die Bank illiquide Assets von Hedge Fonds kaufen will, wie die FT in Deutsche Bank targets problem assets am vergangenen Montag berichtete. Natürlich kann man solche Investments auch zerreden. In der Finanzmarktpraxis aber gibt es offenbar für solche Instrumente sowohl auf der Seite der Verkäufer (hier Hedgefonds) als auch auf der Seite der Käufer (langfristige Investoren) Interesse.

Ein in der Öffentlichkeit merkwürdigerweise umstritteneres Beispiel ist die frühzeitige Positionierung der Deutschen Bank gegen weiter steigende Immobilienpreise in den USA. Einige im Institut haben bereits 2005 gesehen, dass sich der Immobilienmarkt in den USA überhitzt hatte. Darauf haben Leute wie Greg Lippmann sich auch bei Jain dafür eingesetzt entsprechende Risikopositionen aufzubauen, die von einem Wertverfall des Immobilienmarkt profitieren. Damals wurden diese Banker dafür mit Häme bedacht, weil sie mit etwas rechneten, was die Herde nicht auf der Rechnung hatte, und heute mit Wut, wie die Süddeutsche gerade vor ein paar Tagen schrieb. Ein anderer umstrittener Fall ist der Kauf der amerikanischen MortgageIT (Details dazu hier).

Aber so ist das in unserer Gesellschaft: Wer von Mainstream abweicht, der erntet Häme, wenn seine Strategie nicht aufgeht und Verachtung, wenn er richtig liegt. In jedem Fall gehörte zu all den Geschäften eine Menge Verstand, Durchsetzungsvermögen und Mut. Und dass es im Nachhinein immer jemanden gibt, der es vorher schon besser gewusst haben will, ist klar aber irrelevant.

Klar, in Deutschland ist es eigentlich angesagt, das Investmentbanking zu verdammen. Aber ich mag das genau so wenig, wie es über den Klee zu loben, wenn die Gewinne dort sprudeln. Eine gesunde Distanz ist notwendig, aber das Investmentbanking ist nun einmal ein wichtiger Bestandteil der Kapitalmärkte. Viele Unternehmen und Anleger benötigen die Leistungen des Investmentbankings für die finanzielle Begleitung ihrer Geschäfte.

Jain selbst sollte man nicht als Regenmacher in den Himmel loben und ihn aber auch nicht als Zocker verurteilen, wie das Spiegel Online in seiner Sonderseite Anshu Jain macht. Jain sollte jetzt einfach mal starten dürfen. Ich glaube, für den Bankplatz Deutschland kann er in jedem Fall eine Bereicherung sein. Er wird sich dazu freilich noch an eine andere Art, wie über Finanzmärkte in Deutschland kommuniziert wird, gewöhnen müssen. Und ich bin sehr gespannt darauf, wie er mit der Öffentlichkeit kommuniziert.

Weitere Medienmeldungen der letzten Tage

HB: Deutsche Bank – Welcome, Mr. Jain!: Für Anshu Jain wird sich als Co-Chef der Deutschen Bank einiges ändern. Bisher war London der Mittelpunkt seines Wirkens. Jetzt steht er im Zentrum der deutschen Öffentlichkeit. Es ist kein herzliches Willkommen.

ZEIT: Neue Doppelspitze Es kann nur einen Deutsche-Bank-Chef geben Anshu Jain und Jürgen Fitschen sollen Josef Ackermanns Nachfolger werden. Möglicherweise verbietet aber das Aktienrecht, dass beide die Führung des Geldhauses übernehmen.

Süddeutsche: Deutsche Bank – Gift für Anshu Jain: Ausgerechnet Anshu Jain. Ausgerechnet der Mann also, der mit Boni für riskante Finanzgeschäfte mehr verdient hat als Josef Ackermann, soll in seiner kommenden Rolle als Chef der Deutschen Bank den großen Deutschland-Kümmerer geben. Er soll das „Deutsche“ in der Bank erhalten. Doch Jain holen alte Affären ein.

nigecus Februar 2, 2012 um 23:24 Uhr

Ich halte nichts von Doppelspitzen. Der Herr Jain sollte schleunigst sich mit angeborenen Heimatmarkt seines Arbeitergebers beschäftigen (Mentalität, Sprache, usw). Und damit diesbezüglich keine Lücke entsteht springt halt der Herr Fitschen ein bis der in Rente geht.
So ein ausländischer Vorstand würde der DB ganz gut tun. Ist halt ein bisschen ethnozentrisch wenn die ganzen DAX-Firmen vorgeben sooo international zu sein, aber am Ende dann doch immer einen Deutschen , Ösi oder Eidgenossen zum König küren.

Hansjörg Leichsenring Februar 2, 2012 um 09:50 Uhr

Der Spiegel benötigt ja Feindbilder zum Überleben. Mit den neuen wird er es nicht leicht haben: Der eine kann kein Deutsch und ihm dürfte es ziemlich egal sein, was im Spiegel steht und der andere ist kein geeignetes Angriffsziel, da eher ein ruhiger Vertreter seiner Zunft.
Somit wird sich der Spiegel die nächste Zeit wohl eingehend mit der Nach-Nachfolge befassen und sich dann darauf einschießen…

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