Mit Tod von Norbert Walter hat Deutschland einen seiner meinungsstärksten Banker verloren

by Dirk Elsner on 2. September 2012

Die Überschrift ist ein leicht abgewandeltes Zitat aus dem Nachruf von Martin Kaelble auf FTD-Online zum Tode von Norbert Walter, dem Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Als ich die Nachricht von seinem Tod am Freitag las, war ich überrascht und irgendwie betroffen, auch wenn ich Walter selbst nur einmal vor Jahren auf einer Veranstaltung persönlich erleben konnte.

Norbert Walter
Hier ein vom Medienmagazin pro auf flickr eingestelltes von Walter bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Finanzplaners"Plansecur" am 4. Mai 2011 in Kassel

 

Norbert Walter war so etwas wie eine Art Gegenpol im ökonomischen Mainstream. Und ich habe ihn in Erinnerung als jemanden, der unabhängig von der Führung der Deutschen Bank seine Positionen aktiv in der Öffentlichkeit vertrat. Das schmeckte in der Bank nicht allen, war aber unbedingt notwendig für die öffentliche Debatte. Dennoch, so vermutet Kaelble, hätte er unter der neuen Führung von Anshu Jain nicht mehr gepasst. Kaelble schreibt: “Seine wertorientierte Haltung schien allerdings immer weniger in die schnelle Welt des Investmentbankings zu passen."

Im Herbst 2008 hatte ich Walter einmal für seine dunklen Prognosen gescholten und gefragt: Wie sollen da Konsum und Investition anspringen?. Damals behielt er vorläufig recht, allerdings lag er mittelfristig falsch.

Einen der letzten Artikel von Walter hatte ich mir für einen allerdings noch nicht geschriebenen Beitrag zurück gelegt. Auf Projekt Syndicate fragte er Anfang Juli: “Was für eine Eurokrise?”. Er setzte sich darin mit der gegenwärtig die Schlagzeilen dominierenden Krisendenke kritisch auseinander. Es ist ein Beitrag, von dem man hofft, dass er richtig gelegen hat. Er schrieb darin u.a.: “Es gibt eine Menge, was wir nicht wissen. Erleben wir gerade vorsichtige Anzeichen dafür, dass die Eurozone ihre Malaise hinter sich lässt?”.

Der Finanzbranche hat einen großer Denker alter Schule verloren. Das ist bedauerlich. Zwar fehlt es der Branche nicht an Denkern und klugen Köpfen. Aber an medienstarken Persönlichkeiten, die ihre Branche kritisieren, für sie aber auch eintreten, mangelt es derzeit in der deutschen Bankenlandschaft. Und das wäre gerade jetzt besonders nötig.

Die Süddeutsche Zeitung verlinkt in ihrem Nachruf auf ein Interview mit Norbert Walter unter dem Titel: “"Man muss die Klugheit des Marktes bezweifeln".

Hansjörg Leichsenring September 3, 2012 um 16:42 Uhr

In der Tat. Ich habe seine Anfangszeit bei der Deutschen Bank selbst miterlebt. Er war jemand, der Menschen mitnehmen und begeistern konnte. Rhetorisch versiert und komplizierte Sachverhalte auf den Punkt bringend. Dagegen fallen so manche selbsternannten Ikonen die kurz vor der Tagesschau versuchen, ihr Bestes zu geben hinten durch….

Ein Verlust!

Stille Grüße

Hansjörg Leichsenring

http://www.der-bank-blog.de

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