Unternehmensfinanzierung nach der Krise: Erleichterte Kreditbedingungen nutzen

by Dirk Elsner on 10. Oktober 2013

Als ich im September auf CFO World über die Folgen der Finanzkrise für die Unternehmensfinanzierung schrieb, war eine Kernerkenntnis, dass Unternehmen mehr Unabhängigkeit von der Bankenfinanzierung suchen. Eine andere Erkenntnis daraus ist, sich bereits in guten Zeiten auf magere Jahre vorzubereiten.

Die Deutsche Bundesbank stellte im vergangenen Jahr fest, dass das gesamte Finanzierungsvolumen von Unternehmen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahrzehnten zwar nominal und real zugenommen hat. Dabei hat jedoch die Bedeutung des traditionellen Bankkredits deutlich abgenommen. In Deutschland haben außerdem alternative Finanzierungsformen signifikant an Bedeutung gewonnen. Deutlich gewachsen sind die Kredite anderer Gläubiger, darunter Versicherungen, sonstige Finanzinstitute und andere Unternehmen. Im Januar wies ich hier außerdem darauf hin, dass Unternehmen verstärkt auf die Innenfinanzierung zurückgreifen.

Dazu kommt, wie jüngst eine Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) im Auftrag der Commerzbank festgestellt hat, die Hortung von Liquidität in Unternehmen. Die Autoren stellen für 2013 3,1 Mio. Euro Finanzanlagevolumen im Durchschnitt je Unternehmen fest. Im Vergleich zu 2011 sind das 2 Mio. Euro mehr pro Unternehmen. Das finde ich einen bemerkenswerten Anstieg, wenn man bedenkt, dass Finanzanlagen nicht gerade zum Kerngeschäft deutscher Mittelständler gehören. Der Anlagehorizont wird dabei übrigens immer kurzfristiger.

Mittelständischen Unternehmen verfügen nach Angabe der Autoren derzeit über so viel Liquidität wie nie zuvor. Die Studie sieht dafür folgende Gründe:

Zunächst konnten viele mittelständische Unternehmen die Auswirkungen der Krise schneller abschütteln als in anderen Ländern. Hinzu kam in Deutschland ein robustes Wirtschaftswachstum im weiteren Verlauf der Krise, was dazu führte, dass Unternehmen vermehrt Liquidität aufbauen konnten. Trotz dieser tatsächlich guten wirtschaftlichen Entwicklung blieb die Angst vor einer erneuten Verschärfung der Krise vieler mittelständischer Unternehmen jedoch bestehen, was zu einer Zurückhaltung bei den Realinvestitionen geführt hat. Die deutsche Wirtschaft hortet also Liquidität.”

Die Furcht vor einer erneuten Kreditklemme in Folge einer neuen Finanz- und Bankenkrise wird hier ausdrücklich nicht genannt, was aber möglicherweise in Rücksichtnahme auf den Auftraggeber Commerzbank unterblieb. Aus Gesprächen mit mittelständischen Unternehmen und deren Finanzchefs höre ich dies sehr wohl als Argument.

Trotz der regulatorischen Anforderungen aus Basel III sind Kredite derzeit nicht mehr knapp. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Banken bekommen ihre für Unternehmenskredite bereit gestellten Kontingente nicht am Markt untergebracht. Bei immer mehr Unternehmen, um die die Banken noch vor Jahren einen großen Bogen gemacht haben, geben sich die Berater die Klinke in die Hand. Machten sich vor Jahren CFOs noch verdächtig, wenn sie überhaupt bei einer anderen Bank nach Kredit fragten, hat sich für viele Unternehmen die Lage gedreht. Aus Unternehmenssicht ist so eine erfreuliche Lage entstanden. CFOs sollten dies dringend nutzen, um ihre Liquiditäts- und Finanzierungsplanung zu überarbeiten. Das gilt auch und gerade dann, wenn kein akuter (Re-)Finanzierungsbedarf besteht.

Daimler Benz hat das jüngst vorgemacht, wie das Handelsblatt berichtete. Das Unternehmen sicherte sich eine milliardenschwere Kreditlinie bei einem Bankenkonsortium. Damit werden alte Kredite mit neuen Konditionen vorzeitig abgelöst und die eigentlich nicht benötigte Kreditlinie nochmals aufgestockt und für einen länger Zeitraum gesichert. Ob sich Daimler damit auch verbesserte Covenants gesichert hat, wird leider aus dem Bericht nicht deutlich.

Bei Covenants handelt es sich bekanntlich um die Kreditauflagen im Kleingedruckten des Darlehensvertrags. Eine Verletzung dieser Covenants führt meist zu einer Verschlechterung der Kreditkonditionen und im Extremfall sogar zu einer Kündigung des Kredits wegen Vertragsverletzung. Gerade in den Jahren 2008 bis 2010 haben Banken diese Kreditauflagen häufig verschärft.

Banken kommen von sich aus nur selten darauf, vereinbarte Covenants für laufende Verträge zu lockern. CFOs sollten aber dringend eine Lupe für das Kleingedruckte zur Hand nehmen und überlegen, wie man sich hier selbst dann Erleichterung verschaffen kann, wenn man diese aktuell nicht benötigt. Covenants sind für schlechte Zeiten gemacht und können bei einer plötzlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen viel stärker einschränken, als man sich das in guten Zeiten vorzustellen vermag.

Ganz wichtig auch, die verbesserte Verhandlungsposition für die Freigabe von Sicherheiten zu nutzen. Ich habe in den letzten Monaten mit einigen Unternehmen gesprochen, die ihren kompletten Lagerbestand sicherungsübereignet haben. Mal davon abgesehen, dass viele Banken Lagerbestände nur mit “unterirdischen” Quoten als Sicherheiten anerkennen, steigt bei zurückgehendem Kreditbedarf und gleichzeitig steigenden Lagerbestand die Übersicherung weiter an. Unternehmen sollten also gerade in guten Zeiten eine maximale Freigabe von Kreditsicherheiten bewirken (siehe dazu auch “Kreditsicherheiten geschickter verwalten”).


Dieser Beitrag ist eine leicht überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Beitrags, den ich für die Webseite der CFOWorld geschrieben.

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