Was wäre wenn Deutschland keine Lust mehr auf Bundesliga hat

by Dirk Elsner on 14. Februar 2014

Die Fußball Bundesliga ist stinklangweilig geworden. An der Spitze dominiert ein Team unter dem es nur noch Mittelmaß zu geben scheint. Meine Lieblingsmannschaft Werder Bremen spielt nach 10 Jahren grandiosen Unterhaltungsfußball mit dem Double-Sieg als Höhepunkt mittlerweile so schlecht, dass das Zuschauen nur noch eine Quälerei war. Ich habe daher mein Sky-Abo nach 8 Jahren gekündigt und mag nicht einmal mehr der Radio-Konferenz folgen.

Nun könnte man sagen, ok, dass ist das Problem eines Bremer Anhängers. Was aber wäre, wenn das Undenkbare passiert, nämlich wenn in Deutschland plötzlich das Interesse an der Liga nachlässt? Zugegeben, dass ist ein ziemlich unrealistisches Szenario, weil Vereine und Fans Hand in Hand mit allen Medien sich größte Mühe geben, die Aufmerksamkeit für die verschiedenen Wettbewerbe hoch zu halten. Aber wie viel Spaß machen Wettbewerbe, wenn am Ende stets die gleiche Mannschaft siegt?

So schön es ja für die Anhänger des FC Bayern sein mag, einer solch dominierenden Mannschaft beim Siegen zuzusehen, so ermüdend ist es für den Rest geworden. Mittlerweile häufen sich die Berichte über die große Langeweile.

Noch steht nicht zu befürchten, dass das Thema Langeweile einem breiten Medienhype folgt. Dafür ist die Symbiose wirtschaftlicher Interessen zwischen der Liga, TV und Zeitungen noch zu eng. Die wachsenden Abo-Zahlen von Sky sprechen auch gegen eine Trendwende. Das wirtschaftliche Interesse an dem Betrieb ist mittlerweile so hoch, dass selbst Finanzinvestoren den Einstieg suchen, wie jüngst der Finanzinvestor KKR, der sich mit 10% an der ausgegliederten Profiabteilung von Hertha BSC beteiligt. Und natürlich sollten man das Interesse der Wirtschaft am FC Bayern selbst nicht übersehen. Gerade ist der „Verein“ mit der Allianz dabei, das dritte bayerische Unternehmen als Anteilseigner zu gewinne.

Und naturgemäß redet die DFL selbst die Lage schön. Ihr Chef Christian Seifert hält laut Focus die Bundesliga trotz des Alleingangs von Tabellenführer Bayern München für spannend. Und er fordert Respekt für die Stärke des Triple-Siegers ein. Von mir erhalten die Bayern sogar doppelten Respekt, weil ihnen neben dem sportlichen auch der wirtschaftliche Erfolg gelingt. Gerade mit Blick auf Spanien und England ist das nicht selbstverständlich. Aber deswegen muss ich mir das doch nicht ansehen, die Berichte lesen oder gar Fanartikel kaufen.

Während die DFL also in der veröffentlichten Meinung, die Langweile um den Titel nicht als Problem sieht, scheint es bei den Vereinen zu brodeln. So sehr, dass dies, wie Ende Januar beim Präsidenten von Borussion Dortmund, zu einem “Wutausbruch” führte. Focus zitiert ihn „Die Bayern wollen uns zerstören„.

Wirtschaftsfaktor Bundesliga

Die Bundesliga ist zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden. 2010 hat eine Studie das bestätigt, was ohnehin jeder wusste. Die Schlaglichter daraus:

  • Der Profifußball erzeugt jährlich eine Wertschöpfung von mehr als 5 Mrd. Euro. Damit trägt er jeden fünfhundertsten Euro zum Bruttoinlandsprodukt in Deutschland bei. Dies entspricht dem Bruttoinlandsprodukt einer mittleren deutschen Großstadt.
  • Rund 110.000 Jobs in Deutschland stehen im Zusammenhang mit professionellem Fußball. Dieser Anzahl an Beschäftigungsverhältnissen entsprechen rund 70.000 Vollzeitbeschäftigte (bereinigt um Teilzeitkräfte und Aushilfen). Damit schafft der Profifußball mehr Arbeitsplätze, als zwei von drei Unternehmen im DAX 30 in Deutschland bereitstellen.
  • Durch die wirtschaftlichen Aktivitäten rund um den Profifußball fließen dem deutschen Staat jährlich netto rund 1,5 Mrd. Euro an Steuern und Abgaben zu. Damit lassen sich beispielsweise die öffentlichen Ausgaben für die fünf größten Universitäten des Landes zusammen finanzieren. Sämtliche staatlichen Ausgaben sind dabei berücksichtigt und bereits abgezogen
  • Mit jährlich mehr als 18 Mio. Zuschauern in den Stadien und rund 15 Mio. Zuschauern an jedem Wochenende vor dem Fernseher erzielt die Bundesliga eine Resonanz wie kein zweites Freizeitangebot in Deutschland.

Die Autoren der Studie machen sich keine Gedanken, warum sich so viele Menschen für Fußball interessieren. Darüber hat Roland Kopp-Wichmann im Persönlichkeits-Blog einmal philosophiert. Aber niemand denkt die Konsequenzen zu Ende, was passiert, wenn die Menschen das Spiel um die Liga durchschauen und das Interesse verlieren. Unsere Zeiten sind (Achtung Phrase) schnelllebige geworden und manche Trends ändern sich schneller als man sie erkennt. Und wenn wir etwas gelernt haben in den Jahren der Finanz- und Wirtschaftskrise, dann das, dass nichts mehr sicher und keine Entwicklung nur eine Einbahnstraße ist. Was also passiert, wenn plötzlich das Interesse am Fußball erlahmt?

Nach einer gestern im Blick Log geposteten Analyse von Henning Vöpel, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration, verteilten sich die Einnahmen in der Saison 2011/12 wie folgt:

  • Einnahmen aus dem Ticketverkauf (441 Millionen Euro),
  • Werbung (553 Millionen Euro)
  • Medienrechten (546 Millionen Euro)
  • sonstige Einnahmen (488 Millionen Euro, eigene Berechnung)

Und die Beträge steigen weiter. Die Einnahmen aus den Fernsehgeldern steigen laut Vöpel in der Saison 2013/14 auf 628 Millionen Euro.

Aber alle diese Zahlen konnten nur deswegen so eindrucksvoll wachsen, weil das Publikum und die Aufmerksamkeit für diesen Sport da sind. Fußball ist zu einem gesellschaftlichen Ereignis geworden, zu dem man auch gern Geschäftspartner einlädt.

Wenn aber nun die Aufmerksamkeit nachlässt und/oder die Bereitschaft zurückgeht, immer höhere Preise für Tickets, Catering, Merchandising und TV zu zahlen, dann folgt daraus sachlogisch ein Rückgang der Zahlen. Die Liga könnte sehr wohl dieses Risiko sehen, zumal die Preispolitik gerade für Merchandising und TV die Zuschauer zu Muppets macht. Daher versucht man das Produkt Bundesliga auch international zu vermarkten. Und für die internationale Aufmerksamkeit ist natürlich eine Übermannschaft, wie der FC Bayern, viel Wert.

Dennoch, viele Produkte und Märkte überschreiten irgendwann einmal den Zenit. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Früher dachte man auch, Bier sei das Kultgetränk der Deutschen, das immer getrunken wird. Mittlerweile schrumpft der Biermarkt in Deutschland, weil wir keine Lust mehr auf Bier haben.

Mir jedenfalls ist die Liga zu langweilig geworden. Sie bekommt derzeit weder mein Geld, noch die Aufmerksamkeit vergangener Jahre. Das kann sich aber auch wieder ändern, wenn mein Lieblingsteam an die goldenen Zeiten des ersten Jahrzehnts dieses Jahrtausends anknüpft.

Dividenden-Sammler Februar 14, 2014 um 16:12 Uhr

Ich schaue nur EM und WM.
Manchmal Bayern oder BVB – die Top-Mannschaften also.
Aber das ich jede Woche ein Spiel vom KSC anschauen würde (die Mannschaft die bei mir in der Nähe wäre – nein Danke!
Dafür ist mir die Zeit zu schade.

Und es wie in der Industrie.
Der größste und mächtigste hat das meiste Geld, kann damit die besten Spieler kaufen damit am Ende seinen Platz 1 – immer fester zementieren.

Hätte der HSV Geld – würde er nicht so abloosen 😉

Beste Grüße
D-S

John Doe Februar 14, 2014 um 14:16 Uhr

Wenn das so einfach wäre würde die Tabelle anders aussehen (vgl. widerum HSV u.a.).

Lutz Breunig Februar 14, 2014 um 13:34 Uhr

Dominanz erzeugt Euphorie beziehungsweise Frust – in Folge auch eine übergreifende Langeweile. Solange Dominanz erkauft werden kann – über Ausnahmespieler und Ausnahmetrainer – haben finanziell weniger gut ausgestattete Vereine keine Chance. Wenn Geld die Faktoren Spass und Spannung abwürgt, ist es falsch angelegt.

John Doe Februar 14, 2014 um 13:11 Uhr

Das mag in der Situationsbeschreibung durchaus richtig sein, was mich allerdings wundert sind die immer wieder zu lesen- und hörenden Anklagen Richtung FC Bayern München. In meiner Wahrnehmung ist das jedoch vor allem ein Problem der HSVs dieser Welt (sprich die hausgemachten Probleme vieler anderer Vereine). Bayern ist weder ein Monster, dass den anderen Clubs verbietet gut zu spielen noch verhindert ein guter FC Bayern das. Was genau ist denn die Anklage z.B. eines BVB-„Wutausbruchs“ Richtung Bayern bzw. was soll die Konsequenz sein? Sollen die Bayern hinter ihren Möglichkeiten bleiben, damit andere Teams mehr Chancen haben? Das wäre Schiebung, nichts anderes. Es gab schon immer Vereine, die für eine Gewisse Zeit dominiert haben, zugegeben: Der FC Bayern München ist schon sehr lange sehr gut dabei. Eine Zukunftsprognose ist das aber nicht; einen Besten wird es jedoch immer geben.

Lutz Breunig Februar 14, 2014 um 12:29 Uhr

So schön ist es offenbar auch nicht mehr für alle Anhänger des FC Bayern – kürzlich erging ja ein Aufruf an Besitzer von „Dauerkarten“, öfter bei den Spielen zu erscheinen …. Langeweile verschont auch Anhänger nicht, wenn nur „Showtime“ angesagt ist … Fans wollen ihren Anteil am Erfolg beitragen – und wenn der Erfolg vorprogrammiert ist, bleiben Fans halt zu Hause. 🙂

Wirtschaftswurm Februar 14, 2014 um 09:24 Uhr

Konsequent wäre es, eine reguläre europäische Liga einzuführen mit Auf- und Abstieg von/zu den nationalen Ligen. Dann wäre die Bundesliga wieder spannend, dann wäre sie aber auch „nur“ 2. Liga.

Dirk Elsner Februar 14, 2014 um 12:05 Uhr

Das wäre vielleicht konsequent aber vollkommen unrealistisch, weil sich die in der Bundesliga verbleibenden Vereine ihre Attraktivität ruinieren würden.

APunkt Februar 14, 2014 um 06:07 Uhr

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