Michael Lewis "Flash Boys"- Das Buch ist ein Muss

by Dirk Elsner on 13. April 2014

Michael Lewis hat vor zwei Wochen ein neues Buch veröffentlicht, das nur 10 Tage nach der US-Veröffentlichung bereits in deutscher Sprache vorliegt: “Flash Boys: Revolte an der Wall Street”. (US-Version  “Flash Boys: A Wall Street Revolt”).  Das Buch hat seit seinem Erscheinen bereits für eine Menge Diskussionsstoff gesorgt. Für ”60 Minutes” gab es dazu einen interessanten Report, der ein wenig Hintergrund der High Frequency Trader erklärt

Ein noch besseres Video ist auf Motley Fool zu sehen. Es bietet quasi in Gesprächsform eine Zusammenfassung. Daneben gibt es hier auf CNBC zwischen Lewis, seiner real existierenden Hauptperson und IEX-Grüner  Brad Katsuyama und William O’Brien, Chef der Börse BATS Global Markets, eine hitzige Diskussion.

Meine ersten Eindrücke nach Beginn der Lektüre

Ich habe am Sonntag Nachmittag angefangen das Buch zu lesen. Es ist wieder einmal ein faszinierender Einblick in die Finanzwelt der Wall Street und unterstreicht das sich nichts geändert hat auf der Suche nach der nächsten goldenen Gans, wie Lewis schreibt. Lewis Einblicke machen erneut deutlich, warum niemand an den Finanzmärkten an Transparenz über seine Aktivitäten interessiert ist. Und weil Lewis genau diese Aktivitäten nun einem breiten Publikum offenlegt, dürfte er sich längst nicht nur Freunde in der Finanzbranche machen. Darüber hinaus erfährt man viele Details über den Hochfrequenzhandel und wie selbst bekannte Größen der Wall Street zu verstehen versuchte, was in den Maschinenräumen der Börsen eigentlich passiert. Wie lesen über Regulierungslücken und wie Aufseher die Probleme ignorieren, weil auch sie persönliche Interessen verfolgen und in Scharen zu Hochfrequenztradern gewechselt sind.

Das Buch bestätigt an einigen Stellen meine hier ständig in anderen Zusammenhängen geäußerte These, dass Regulierung stets den tatsächlichen Marktaktivitäten hinterherläuft. Das Buch macht aber auch deutlich, dass es nicht zwingend einer Regulierung des Hochfrequenzhandels bedarf, denn die “Märkte” haben mittlerweile schon ein wenig gelernt, wie man sich schützen kann, wie z.B. durch Thor der Royal Bank of Canada und durch den neuen Handelsplatz IEX.

Lewis bringt starke Argumente dafür,  dass Flashtrading gerade nicht die Liquidität der Märkte verbessert, sondern lediglich in unproduktiver Weise das Handelsvolumen erhöht.  Er entlarvt damit außerdem die Argumentation, dass geringe Handelsspannen bei Aktien auf geringe Transaktionskosten hindeuten als “Bankers neue Kleider”.  Zu den negativen Auswirkungen zählt er z.B. ein abnehmende Investitionsbereitschaft der Investoren passiert, wenn diese mitbekommen, dass die Börse zu ihren Ungunsten manipuliert wird. Er schreibt weiter:

“Die Befürworter des Flash-Tradings behaupteten, es führe dem Markt Liquidität zu. Doch was bedeutete das? »Flash-Trader gehen abends ohne auch nur eine Aktie nach Hause«, sagt Brad. »Sie überbrücken einen Zeitraum zwischen Käufer und Verkäufer, der so winzig ist, dass niemand von seiner Existenz weiß.« Es stimmte, dass sich nach der Digitalisierung des Handels im Jahr 2000 die Geld-Brief-Spannen verringert hatten. Das war zum Teil eine logische Folge der Automatisierung, die den Aktienhandel erleichterte, auch wenn sich der Spread nur im Dezimalbereich bewegte. Zum Teil war diese Verringerung aber auch einfach eine Illusion: Was als Marge erschien, war gar keine. In dem Moment, in dem Sie eine Aktie zum bekannten Marktkurs kaufen oder verkaufen wollten, stieg oder fiel der Preis. “

Profis werfen Lewis übrigens vor, er erzähle mehr Fiktion statt Fakten. Ich teile die Einschätzung nicht, zumal die Profis dies nur behaupten und zumindest bisher seine Argumentation nicht plausibel widerlegen konnten. Außerdem dürfen sich Kritiker in den Finanzhäusern nicht wundern, wenn sie selbst die Fakten (natürlich bewusst) im Dunkeln lassen. So wird Lewis Buch so oder so zu einer unfreiwilligen Vorlage, mehr Licht in das schrille Geschäft zu bringen.

Ich halte das Buch für ein absolutes Muss für alle, die mehr wissen wollen, was an den Finanzmärkten passiert.

Weitere Berichte über das und zum Buch

Hintergründe und Links zu dem Buch hat Beate Reszat hier zusammen gestellt.

Eine Leseprobe zum Buch gibt es hier bei Zerohedge und auch in einer deutschen Version hier von der FAZ.  Besprechungen des Buches gibt es außerdem hier von Marc Pitzke und von Andrew Ross Sorkin.

Weitere Diskussionen mit Video zu diesem Buch bzw. High Frequency Trading gibt es hier und hier.

Zero Hedge hat hier alles zum “High Frequency Trading” zusammengestellt, was man seiner Meinung nach wissen muss.


An dem Artikel schreibe ich noch nach der ersten Veröffentlichung weiter.

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