Déjà-vu: Konkurrenz durch Non- und Near-Banks (Retrospektive aus 2001)

by RalfKeuper on 5. Juni 2014

Es ist schon erstaunlich, wie bestimmte Themen über die Jahre in neuem Gewand auf der Bildfläche erscheinen. Das lässt sich im Banking m.E. besonders gut bei einem Blick zurück in die Jahre 2000 und 2001 veranschaulichen.

Mit dem Internet wurden viele der Markteintrittsbarrieren quasi über Nacht obsolet. Angebot und Nachfrage konnten fortan – zumindest im Prinzip – auf direktem Weg zueinander finden. Ein Mittelsmann, wie ein Finanzintermediär, war in vielen Fällen nicht mehr nötig. Neue Anbieter standen bereits in den Startlöchern, um das Geschäft von den etablierten Handelskonzernen und Banken zu übernehmen. In einigen Fällen, wie im Buch- und Musikhandel, ist es tatsächlich so gekommen.

Im April 2001 setzte sich Deutsche Bank Research in der Ausgabe e-Banking: Konkurrenz durch Non- und Near-Banks mit der neuen Situation am Markt auseinander. Wenn man einige der Begriffe, die inzwischen aus der Mode gekommen sind, durch neuere ersetzt, könnte man den Beitrag ohne allzu große Abstriche auch heute noch in die Diskussion werfen, wie allein die Überschriften zeigen:

  • Veränderte Kundenwünsche als Triebkraft
  • Vertriebs-Produkt-Netzwerke: Vorteile für Branchenfremde
  • Zahlreiche Geschäftsmodelle
  • Hauptportale gehen Kooperationen ein.

Die Diagnosen sind noch immer aktuell, wie folgende:

“Grundsätzlich forciert das Internet, das Transaktionskosten und Markteintrittsbarrieren senkt, die Trends der Dekonstruktion und Konvergenz im Finanzsektor. E-Banking Strategien reichen von Spezialisierung (E-Brokerage) bis zu Portalen, die eine breite Produktpalette im Bereich Bankdienstleistungen und Versicherungen auf einer Site anbieten. Im Extremfall werden neben Eigenprodukten auch Konkurrenzprodukte angeboten (Konzept des Open Finance).”

Man ersetze Open Finance durch die digitale Bank oder die Bank als digitale Plattform und das Bild passt.

So weit der Blick zurück.

Was hat sich seitdem geändert?

Die Dekonstruktion bzw. Disintermediation im Banking schreitet, beschleunigt durch die FinTech-Startups, voran. Große Internetkonzerne wie Google, Apple und Amazon nähern sich dem Kerngeschäft der Banken, ohne jedoch die Deckung zu verlassen. Handelskonzerne, Kreditkarten- und Telekommunikationskonzerne greifen ebenfalls nach dem Stammgeschäft der Banken.

Von Konvergenz, man schaue sich nur die Entwicklung im Bereich Payments an, kann (mit einigen Ausnahmen) dennoch kaum die Rede sein.

Auf der ökonomischen Ebene haben das Platzen der New-Economy-Blase wie auch die Finanzkrise, neben Ernüchterung, für weiteren Veränderungsdruck gesorgt. Die Digitalisierung der Ökonomie bricht sich weiter Bahn.

Bis heute haben die Banken ebenso wie die Non- und Near-Banks auf die fortschreitende Digitalisierung keine wirklich befriedigende Antwort, ein tragfähiges (skalierbares) Geschäftsmodell, gefunden. Konvergenz und Divergenz wechseln einander ab. In gewisser Hinsicht befindet sich die Bankenbranche in einer fortgesetzten Inkubationsphase.

Weitere Informationen:

Sind die Banken die Verlierer des digitalen Zeitalters?
New Banking – Ein Blick zurück in die Zeit um die Jahrtausendwende
Limited-Purpose Banks: Chancen und Risiken
Wir bauen uns eine Bank


Der Beitrag ist ein genehmigter Crosspost von Ralf Keuper, den er auf seinem Blog Bankstil veröffentlicht hat. 

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