Innovation bedeutet nicht unbedingt BIP-Wachstum

by Dirk Elsner on 9. Oktober 2014

Gastbeitrag von Acemaxx Analytics’’*

Während über die These säkulare Stagnation weiterhin energisch debattiert wird, gibt es zugleich auch Hinweise auf die technologische Innovation als die ultimative Quelle des wirtschaftlichen Wachstums.

Joel Mokyr schreibt in einem Artikel in WSJ, dass es grundsätzlich einen endlosen Spielraum gibt, dass sich die technologische Innovation fortsetzt: Autos ohne Lenker, Nano-Technologie, Materialwissenschaften, Biokraftstoffe usw.

Kurzum: Die Ideen gehen nicht aus.

Bedeuten all diese Innovationen aber ein Wachstumsschub für das BIP? Vielleicht, aber es hat in erster Linie mit dem BIP zu tun, nicht mit Innovation, bemerkt das The Growth Economics Blog dazu.

Viele neue Güter und Dienstleistungen sind teuer zum Gestalten (design). Sobald sie aber funktionieren, können sie zu sehr geringen oder sogar Null-Kosten leicht kopiert werden. Das heisst, dass sie tendenziell wenig zu Produktion (output) beitragen, auch wenn ihre Auswirkungen auf das Wohlergehen der Verbraucher sehr gross ist.

Bewertung der Wirtschaft, die auf Aggregaten wie dem BIP beruht, führt daher zunehmend irre, während Innovation sich beschleunigt, hebt Mokyr hervor.

Das BIP wird gemessen, weil wir es einfach können, und weil es uns einen guten Indikator für sehr kurzfristige Schwankungen der Wirtschaftstätigkeit liefert, ergänzt Dietz Vollrath in seinem Blog.

Es geht aber nur um einen Messwert der „derzeit hergestellten Güter und Dienstleistungen“. Berücksichtigt man all den Aufwand für die Herstellung eines neuen Produktes in Bezug auf die Entwicklung, lässt sich leicht festhalten, dass es nur einen einmaligen Beitrag zum BIP in einem Jahr leistet, wo es entwickelt wird, und danach nichts mehr folgt, wenn es kostenlos kopiert werden kann.

Das gilt auch für Dinge wie Kühlschränke, Diet Coke und Autos, die in jedem Quartal zum BIP-Wachstum was beitragen, weil wir immer und immer neu Versionen von ihnen machen.


Diet Coke ist ein gutes Beispiel. Angenommen man könnte die physikalischen Inputs von Diet Coke kostenlos replizieren. Aber man denke daran, dass Coca Cola das Rezept besitzt und Sie jedes Mal, wenn Sie es benutzen wollen, zahlen müssen. Das würde das BIP reduzieren, weil Coca Cola von der physischen Herstellung des Diet Coke nichts mehr verdienen würde, sondern nur von dem Verleih des Rezeptes, jedes Mal, wenn Sie ein Diet Coke trinken wollen.


Der Beitrag ist ein erlaubter Crosspost des Blogs Acemaxx-Analytics und ist ursprünglich hier erschienen.

Stefan Rapp Oktober 9, 2014 um 11:23 Uhr

Die Frage ist doch immer aus welcher Perspektive heraus ich das BIP betrachte und welchen Zweck diese Perspektive erfüllen soll.
Stellen wir uns doch einfach mal vor wir brauchen um ein gewisses Wachstum zu generieren in einem bestimmten Jahr eine gewisse Menge an Investitionen. Wenn ich für das Folgejahr jetzt genau das Ergebnis dieses Wachstum wieder investieren muss um entsprechend weiteres Wachstum zu generieren und man mach dies ständig sieht die Entwicklung des BIP zwar schön aus aber wenn dabei nicht mehr Konsum für die Bevölkerung und den Staat abfällt, was nützt dies dann ?

Weiter ist das Wachstum des BIP ja nur das „Nettowachstum“ es gibt schrumpfende und wachsende Märkte zu gleich, wenn man dies genau Messen könnte würde man auf der einen Seite ein größeres Brutto Wachstum, nennen wir es mal P-BIP und dem gegenüber stehe dann das negative Wachstum N-BIP. Das Nettowachstum ist dann P-BIP – N-BIP. Interessant wäre dann das Bruttowachstum minus das Nettowachstum welches zwar quantitativ genau dem N-BIP entspricht, aber eben das Wachstum meint was zur kompensieren der schrumpfenden Märkte erforderlich ist. Dies könnte man als implizites Wirtschaftswachstum begreifen und wäre ein Indikator für die innere Wachstumsdynamik einer Volkswirtschaft.

Weiter stellt sich mir hier auch die Frage ob Konsum an sich auf gleichem Niveau auch immer gleicher Wohlstand bedeutet. Oder ist in der Subjektiven Wahrnehmung der Individuen einer Gesellschaft eine gewisse Dynamik praktisch schon eingepreist. Erwartet man nicht nach ein paar Jahren wenn man sich ein neues Auto kauft und zahlt dafür die gleiche Kaufkraft, auch das es weiter entwickelt ist um die gleiche Wohlstanderfahrung zu machen wie beim letzten Kauf. Wären wir nicht doch etwas enttäuscht wenn wir das gleiche Auto bekämen ? Wir sitzen quasi in einem Zug der Fahren muss damit wir uns wohl fühlen und erst wenn dann noch Nettowachstum zur Dynamik hinzu kommt, entsteht als Produkt die Beschleunigung die uns in den Sitz drückt, das macht uns dann erst richtig zufrieden.

Karl-Heinz Thielmann Oktober 9, 2014 um 07:37 Uhr

Innovationen führen nur dann zu mehr Wachstum, wenn es sog. „Basisinnovationen“ sind, die a) tatsächliche Neuheiten sind, b) durch Unternehmer aggressiv vorangetrieben werden; c) die auch von anderen Unternehmern imitiert werden, so dass die Pioniere immer wieder nachlegen müssen und sich so ein Innovationswettlauf ergibt; sowie d) als Konsequenz aus dem ganzen zu massiven Investitionen führen.

Dass dabei Produkte im Verlauf immer billiger werden, ist natürlich. Kopien zu Null-Kosten sind aber eher selten. Selbst wenn, hat dies am Anfang noch keinen Innovator abgehalten.

Weiterhin sollte man Basisinnovationen nicht mit „Marketing-Innovationen“ wie „Diet-Coke“ verwechseln, die letztlich nur die Anpassung eines bereits bestehenden Rezepts auf sich verändernde Kundenbedürfnisse darstellen.

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