Werden Banken durch den technologischen Fortschritt überflüssig?

by RalfKeuper on 19. November 2014

In den vergangenen Wochen häuften sich die Artikel, in denen die Autoren bezweifeln, dass die Banken durch den technologischen Fortschritt verschwinden werden. Den Anfang machte John Authers mit seinem Beitrag Disruptive technology will not kill banks in der Financial Times. Seine Sicht begründet Authers damit, dass alle Bestrebungen, die Banken zu ersetzen, an den strengen regulatorischen Bestimmungen scheitern würden.

Darauf antwortete JP Nicols mit Sorry, but Disruptive Technology WILL Kill Banks. Verantwortlich für den schleichenden Niedergang der Banken macht Nicols u.a. das nach wie vor ausgeprägte hierarchische Denken, welches einer Anpassung des Geschäftsmodells an die technologischen Herausforderungen im Weg steht. Dieser externe Selektionsdruck, wie er u.a. von den diversen FinTech-Startups ausgeht, und der in Zukunft noch zunehmen wird, führt nach Ansicht von Nicols dazu, dass die Banken dem technologischen Fortschritt, repräsentiert durch die sog. disruptive technologies, zum Opfer fallen.

Eine im Vergleich zu den vorgenannten Standpunkten vermittelnde Position nimmt John Gapper mit seinem Beitrag Technology will hurt banks, not kill them, der ebenfalls in der Financial Times erschien, ein. Zwar sei es nicht von der Hand zu weisen, so Gapper, dass der technologische Fortschritt den Banken arg zusetzt und noch zusetzen wird, jedoch könne es nicht im Interesse der neuen Herausforderer wie Google & Co. sein, dass die Banken völlig von der Bildfläche verschwinden. Ziel der Non- und Near-Banks sei nicht, die Banken vollständig zu ersetzen, sondern zu ergänzen. Für ihre Finanzdienstleistungen benötigen sie die Infrastruktur der Banken. Hinzu kommen die bereits erwähnten regulatorischen Hürden. Hier erfüllen die Banken auch weiterhin ihren Zweck. In diesen Bereich vorzustossen, wäre für die Herausforderer mit zu hohen Kosten und Risiken verbunden.

Nicht weit von dieser Position entfernt ist Bjorn Cumps in Battle for the Payment Platforms. Wie er am Beispiel der Bezahlplattformen verdeutlicht, wird sich der Wettbewerb im Banking in Zukunft zwischen verschiedenen Ökosystemen abspielen. Paradebeispiel ist hier Apple; und das nicht nur wegen Apple Pay. Als weitere Ökosysteme nennt Cumps Google/Android und MCX/Walmart/Paydiant. Es sei nicht das Ziel dieser Ökosysteme, so Cumps, das gesamte Bankgeschäft an sich zu reißen, sondern mit ihren Services auf die bestehende Infrastruktur der Banken aufzusetzen. Ihnen geht es darum, die von den Kunden bevorzugte Plattform, der zentrale Einstiegspunkt für die Abwicklung ihrer Bankgeschäfte zu werden:

Tech companies do not want to become banks. They just want a sizeable part of the pie of certain banking services (payments, credits, …). They know how to optimize or even re-engineer certain parts of the banking processes in a way banks never did. Tech companies are in the payments value chain from now on. No doubt about that. .. How much of the payments pie they will be able to claim depends on how these new ecosystems will evolve. .. How new value will be created with new services. And finally, which platform will come out as the winner.

Weite Teile des Banking verlagern sich auf digitale Plattformen, auf Medienplattformen. Wer diese dominiert, oder koordiniert, wird König sein – auch, aber nicht nur im Banking. 


Der Beitrag ist ein genehmigter Crosspost von Ralf Keuper, den er auf seinem Blog Bankstil veröffentlicht hat.

Blumentrath November 19, 2014 um 12:06 Uhr

Laola: Ja. Protest:Nein. Zustimmung: Uneingeschränkt.

Ralf Keuper (Bankstil) November 19, 2014 um 08:30 Uhr

Rein technisch gesehen, sind die Banken tatsächlich weitgehend überflüssig geworden. Allerdings erfüllen Banken (noch) eine wichtige Funktion im Wirtschaftskreislauf, z.B. für die Risikotransformation, wenngleich auch hier der Funktionsverlust oder die Disintermediation voran schreitet, d.h. die Zahl der Anbieter, die Aufgaben der Banken übernehmen, wächst – genannt seien die diversen FinTech-Startups und vor allem die Internetkonzerne.
Es ist zwar davon auszugehen, dass die Banken und ihre Interessengruppen versuchen werden, über die politische Ebene Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen – was an sich nicht ungewöhnlich und an sich legitim ist. Es wäre jedoch fatal, wenn die Banken ihre ganzen Hoffnungen darauf richten würden. Bisher hat noch keine Branche den gesellschaftlichen Wandel und technologischen Fortschritt auf diese Weise aufhalten können. Auch der Status der Systemrelevanz ändert an diesem Befund nichts: Denn – relevant für ein System zu sein, das selbst nicht (mehr) relevant ist, ist nicht wirklich erstrebenswert.
Der Stilwandel, wie ich ihn auf meinem Blog Bankstil beschreibe, wird das Gesicht der Bankenbranche z.T. drastisch verändern.
Die Banken werden zwar nicht völlig verschwinden, aber wohl weitgehend in den Hintergrund gedrängt.

Irgendwie hat man manchmal den Eindruck, dass die Banken (unfreiwillig) selber ganz gut darin sind, sich überflüssig zu machen.

Detlef Korus November 19, 2014 um 07:42 Uhr

Räuberische Staaten und das komplette Bankensystem werden alles tun, um neue Wettbewerber zu attackieren. Man beachte nur, was sich bei Bitcoin tut. Für die blosse Darstellung von Zahlen, die von A nach B transferiert werden, braucht man lediglich sichere Serververbindungen – und keine Bank, die ja bis heute vielfach mit Cobol arbeitet. Ausser den Staaten, die die Banken zur blossen Absicherung ihrer Zwangsmassnahmen für ihre exorbitanten Verschuldungsarien auf Kosten der eigenen Bürger brauchen, gibt es heute längst keinen Bedarf mehr für dieses überholte System. (Na, jetzt bin ich auf den Laola-Protest gespannt ..)

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