Performance nachhaltiger Aktien besser als DAX

by Dirk Elsner on 15. Dezember 2014

Wer beim Thema “Nachhaltigkeit” die Augenbrauen hochzieht, dem empfehle ich dabei zu bleiben. “Verantwortungsvolles Investieren” in Aktien lohnt sich, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt ökologischer und sozialer Verantwortung, sondern auch unter Renditeaspekten. Ein spezieller deutscher Nachhaltigkeitsindex hat sich in den letzten Jahren um über 17% besser entwickelt hat als der DAX, leider ist das kaum bekannt.

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Abbildung 1: Vergleich MSCI Word-Index mit MSWCI World SRI (Quelle: MSCI)

Ich gehöre zu den Skeptikern des “Nachhaltigkeitsbegriffs”[1], weil seine inflationäre Verwendung ihn mittlerweile zu einer Worthülse degeneriert hat (siehe dazu Nachhaltigkeit: Verwirrende Werbefloskel). Durch ein Projekt konnte ich mich in den letzten Monaten tiefer mit dem Thema “nachhaltiges Geldanlagen” beschäftigen. Ich war erstaunt, wie sich nach meinen Recherchen meine Vorurteile nicht nur auflösten, sondern ins Gegenteil drehten.

„Environment Social Governance“ (= ESG) statt Nachhaltigkeit

Bei der Geldanlage vermeidet man den Begriff der Nachhaltigkeit, wie ich gelernt habe. International hat sich hier die Bezeichnung „Environment Social Governance“ (= ESG) durchgesetzt, kurz übersetzt wird das mit “Umwelt, Soziales und Unternehmensführung”. Aus dem Lexikon der Nachhaltigkeit lernt man dazu:

“Der Begriff ist international in Unternehmen als auch in der Finanzwelt etabliert, um auszudrücken, ob und wie bei Entscheidungen von Unternehmen und der unternehmerischen Praxis sowie bei Firmenanalysen von Finanzdienstleistern ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte sowie die Art der Unternehmensführung beachtet beziehungsweise bewertet werden.”

Ich könnte hier jetzt viele Seiten damit füllen, woran man ESG-Geldanlagen erkennen kann und welche Ausschluss- und Verhaltenskriterien man verwenden kann. Erwartungsgemäß gehen die Ansichten darüber je nach persönlicher Neigung weit auseinander, deswegen spare ich mir das an dieser Stelle. Einen Einblick in das professionelle Investment in solche Anlageformen bietet zum Beispiel das DVFA Webinar ESG-Investing

MSCI-World SRI besser als MSCI-World

Ein Vorurteil lässt sich bereits dann widerlegen, wenn man ein oder zwei Beispiele vorweisen kann, die das Gegenteil zeigen. Da will ich hier am Beispiel von zwei Indizes verdeutlichen. Der MSCI World-Index ist ein ziemlich bekannter Aktienindex, der die Entwicklung von 1.612 Aktien aus 23 Industrieländern weltweit widerspiegelt. MSCI berechnet diesen Welt-Index auch in einer SR-Variante. SR steht für Socially Responsible.

Dieser MSCI-World SRI hat sich besser entwickelt als der World Index. Das zeigt der Chart der oben stehenden Abbildung aber auch diese Dokumentation von MSCI.

Noch besser ist Global Challenges Index

Im Zuge meiner Projektrecherchen entdeckte ich außerdem den mir bislang vollkommen unbekannten Global Challenges Index. Die Börse Hannover hat ihn zusammen mit oekom research entwickelt. oekom research bezeichnet sich selbst als eine der weltweit führenden Rating-Agenturen im nachhaltigen Anlagesegment. Vergleicht man die Entwicklung des DAX mit dem GCX in den letzten sechs Jahren, dann stellt man fest, auch hier liegt der Nachhaltigkeitsindex um über 17% besser[2].

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Abbildung 2: Vergleich DAX mit CGX (Quelle: Guidants, eigene Parametrisierung)

Natürlich ist ein solcher Ad-hoc-Vergleich methodisch nicht sauber, weil DAX und GCX ganz andere Zielmärkte umfassen und möglicherweise die Berechnungsmethoden abweichen. Dennoch, ein Anleger könnte, in den GCX ebenso investieren wie in den DAX, zum Beispiel über einen Exchange Traded Fonds (ETF). Immerhin, nach einer Mitteilung der Börse Hannover soll das investierte Volumen in den GCX über verschiedene Instrumente 275 Millionen Euro im Oktober betragen haben.

Keine Verallgemeinerung

Natürlich kann man aus diesen beiden Beispielen nicht ableiten, dass ESG bzw. “verantwortungsvolle Geldanlagen” stets bessere sind als Strategien, die das nicht berücksichtigen. Diese Beispiele zeigen aber, dass sich die Beschäftigung mit dem Thema lohnt.

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Indizes, die das Thema ökologisch und soziale Verantwortung messen. Die Deutsche Börse etwa listet auf dieser Seite weitere Ratings- und Indizes auf. Der Daten- und Nachrichtenanbieter Dow Jones, hat eine ganze Familie mit Sustainability-Indizes entwickelt.

Nicht jeder Nachhaltigkeitsindex schneidet in jedem Zeitraum besser ab als sein weiter gefasster Index. Und es gibt auch andere Nachhaltigkeitsindizes, die eine schlechtere Performance ausweisen wie der NAI-Index für Naturaktien.

Warum interessiert sich niemand für die bessere Performance?

Um die oben stehenden Informationen zu bekommen, musste ich im Web schon ganz schön wühlen. Detailinformationen über “verantwortungsvolles” Geldanlegen sind noch weit davon entfernt, Mainstream zu werden. Eigentlich ist das für Deutschland verwunderlich, wo doch unsere “Empörungsgesellschaft” (ZEIT) sonst so schnell die Zeigefinger erhebt für Verhaltensverstöße gegen den wie auch immer definierten gesellschaftlichen Konsens. Beim Thema Anlage unseres eigenen Geldes, scheint uns das bisher aber nicht zu jucken.

Privatanleger wird erst entdeckt

Jenseits meines durch Krisenbewältigung und digitalen Wandel geeichten Finanzweltradars ist in den letzten Jahren ein hoch spannendes Ökosystem rund um das ESG-Investing entstanden. Adressaten sind bisher vorwiegend professionelle Investoren. Der Privatanleger wird gerade erst entdeckt (siehe dazu auch FR: Nachhaltigkeit Geldanlage Das zarte Pflänzchen Nachhaltigkeit). Für uns Privatanleger ist es bisher nicht so einfach, entsprechende Anlagen zu finden, sie gibt es aber. Daneben interessiert sich die Standardbörsenberichterstattung bisher nicht für das Thema.

Die meisten Banken feiern zwar das Thema Nachhaltigkeit und unternehmerische Verantwortung in speziellen Berichten ab. Sucht man freilich auf ihren Webseiten nach entsprechenden Produkten, dann wird die Luft sehr schnell dünn.

Fazit

Ich glaube, nicht nur ich unterlag dem Vorurteil, dass ESG-Anlagen eine schlechtere Performance aufweisen, als Kapitalanlagen, die ESG-Kriterien nicht berücksichtigen. Dieses Vorurteil ist definitiv falsch und habe ich in die Mottenkiste gepackt. Es wird Zeit, sich damit intensiver zu befassen, auch in diesem Blog.


Disclaimer

Diese Beitrag stellt keine Anlageberatung dar und auch keine Empfehlung zum Kauf bzw. zum Verkauf eines Wertpapiers, eines ETFs, eines Terminkontraktes oder eines sonstigen Finanzinstrumentes. Eine Investitionsentscheidung bzgl. irgendwelcher börslicher oder außerbörslicher Geschäfte, Kontrakte, Terminkontrakte oder sonstiger Finanzinstrumente sollte nur auf Grundlage intensiver eigener Informationsbeschaffung über die Produkte, die Anbieter und die Transaktionswege und nach Beratungsgesprächen erfolgen. Jedes Investment in Anlageformen ist mit verschiedensten Risiken behaftet. Vor einem Investment sollten Interessenten unbedingt die Risikofaktoren in den jeweiligen Bedingungen gelesen und verstanden haben. Aus der Performance der Vergangenheit kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden.


[1] Axel Bojanowski schrieb inAus Politik und Zeitgeschichte”, Heft 31-32/2014:

Die „Mehrdeutigkeit des Begriffs „Nachhaltigkeit“ macht ihn meiner Auffassung nach unbrauchbar für die präzise journalistische Berichterstattung. Befürworter des Wortes, das als sustainable development mittlerweile weltweit mehr Verwirrung als Nutzen stiftet, proklamieren zwar eine scheinbar eindeutige Definition: Nachhaltigkeit bedeute, etwas zu bewahren für künftige Generationen. Ein verlockender Begriff also, dem auch wissenschaftliche Institute nicht widerstehen können. Der Begriff steht für die gute Absicht unter Einschränkung eigener Bedürfnisse.”

[2] Auf 17.3% kommt man, wenn man die auf 100 normierten Vergleichspositionen vom vergangenen Freitag vergleicht: GCX: 175,22; DAX 149,37 -> Differenz 25,85

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