Grüne Finanzen: Die Banken, die Kunden und die Leere dazwischen

by Gastbeitrag on 4. Februar 2015

Gastbeitrag von Anke Brünger und Florian Semle*

Nachhaltige Investment-Produkte sind eine Erfolgsgeschichte. Laut European Forum for Sustainable Investment erzielten sozial-ökologische Konzepte in den vergangenen zwei Jahren höhere Renditen als der Durchschnitt am europäischen Investmentmarkt. Grün boomt – doch die Kommunikation dazu lahmt, wie die Studie zeigt. Bei nachhaltigen Geldanlagen plagt viele Institute ein Vermittlungsproblem. Den Kunden fehlt häufig die Orientierung im Dschungel aus Standards, Zertifikaten und grünen Renditen. So sagt die Mehrzahl aller Befragten, dass sie auf Nachhaltigkeit bei Finanzprodukten achten würden, zweifelten aber an den Angaben der Unternehmen. Das „Power-Marketing“ für grüne Finanzprodukte hat scheinbar ein Glaubwürdigkeitsdefizit verursacht. Bunte Broschüren und schillernde Video-Spots erzeugen zwar Aufmerksamkeit, schaffen aber gleichzeitig einen latenten Greenwashing-Verdacht bei den kritischen Zielgruppen.

In diese Glaubwürdigkeitsnische stoßen Wirtschafts- und Finanzblogger mit Expertise in den grünen Segmenten des Investierens. In der Blogosphäre wird auf die grüne Fassade weitgehend verzichtet und statt dessen kritisch reflektiert. Doch was die Blogger zu grünen Finanzthemen auszeichnet ist nicht die Kritik, sondern die Perspektive: Finanzthemen werden hier mehrdimensional betrachtet: Als Investment und im weltweiten öko-sozialen Kontext. Die fehlende Werbung und kritische Unabhängigkeit ist unserer Meinung nach sogar ein Glaubwürdigkeitsbonus – und Glaubwürdigkeit ist die eigentliche „Währung“ für grüne Finanzen.

Die Blogosphäre zu grünen Finanzthemen lässt sich grob in drei Segmente einteilen:

Grüne Finanzblogger: Eine kleine Gruppe Blogger widmet sich ausschließlich oder hauptsächlich den nachhaltigen Finanz- und Wirtschaftsthemen. Sie sind die klassische Anlaufstelle für Kunden und Investoren, die nicht nur ihr Gewissen beruhigen, sondern mit ihrem Geld verändern wollen. Die grünen Finanzblogger sind kritisch, aber offen für Themen, die reale Wirkung versprechen. Dabei ist die Themenvielfalt sehr bunt: von Ausschlusskriterien über Risiko-Rendite-Profile bis zu nachhaltigen Aktienindizes. Überzeugend sind in diesem Segment beispielsweise Die Vorbänker oder Nachhaltige Finanzlösungen.

Wirtschafts- und Finanzblogger: Die Wirtschafts- und Finanzblogosphäre ist äußerst vielfältig. Von einfachen Finanztipps für den Otto Normal-Investor über den kritischen Seitenblick auf die Volkswirtschaft bis hin zu nachhaltigen Börsenanalysen für Fortgeschrittene findet sich jedes Thema und reichlich Meinung dazu. Nachhaltigkeit ist für Wirtschafts- und Finanzblogs zwar Randthema, die Bedeutung dieses Segments wird jedoch von einer wachsenden Blogger-Gemeinde erkannt. Interessante Beiträge liefert beispielsweise der Blog Social Banking 2.0 des Journalisten und Publizisten Lothar Lochmeier oder Die Wunderbare Welt der Wirtschaft, auch der Blick Log mit einigen Seitenblicken zum Thema Nachhaltigkeit.

Banken als Blogger: Um es kurz zu machen: Kein großes deutsches Finanzinstitut wagt derzeit den konsequenten offenen Dialog zu grünen Themen, beispielsweise über ein Blog oder über offene Schnittstellen im Social Web. Dafür stoßen kleine, spezialisierte Finanzanbieter wie die GLS Bank in diese Nische und spinnen über Inhalte und Diskurse ein Netzwerk an Dialogpartnern, manchmal sogar an Fürsprechern. Die GLS Bank einen eigenen

Corporate Blog, in dem sie für ein wachsendes Netzwerk über die finanzierten Unternehmen und Projekte, aber auch über allgemeine Themen wie Klimaschutz oder ökologische Landwirtschaft berichtet.

Unser Fazit: Glaubwürdigkeitspotenzial jenseits des Marketings

Grüne Finanzthemen haben eine Öffentlichkeit im Web. Vor allem in Blogs und in Social Media Netzwerken werden Meinungen gebildet und Empfehlungen unter Nutzern ausgetauscht, aber die Finanzbranche findet hierzu – noch – kaum Zugang.
Pessimismus ist deshalb nicht angebracht. Je stärker der Markt für Grüne Investments wächst, desto interessanter werden die derzeit noch brachliegenden Potenziale für Pioniere und Fortgeschrittene.

Einige ausgewählte grüne Finanzblogs zur Inspiration finden Sie hier.


Der Beitrag ist ein Crosspost der Webseite utopia.de und erfolgt hier mit Genehmigung von Florian Semle.


Florian Semle verantwortet bei Utopia den Bereich Utopia Dialog, die Beratung für Nachhaltigkeitskommunikation in Social Web und betreut Community Management und Redaktion. Seit über 8 Jahren arbeitet er bloggend und gut vernetzt für Unternehmen, Verbände, NGOs, Verlage, Startups u.v.m. Er wurde mehrfach ausgezeichnet für Social-Media-Konzepte (u.a. Public Affairs Award 2005, Bester Corporate Blog 2010, Grimme Online Award 2012 für eine virale Kampagne). Zuvor war er für internationale Kommunikationsagenturen und als Kommunikationsleiter für die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag tätig.

Anke Brünger: Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt „Sustainable Consumption“ an den Universitäten Mannheim, Sevilla und Aarhus, Abschluss an der Technischen Universität München. Praktische Erfahrungen in den Bereichen Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation unter anderem bei Tchibo, adelphi und fischerAppelt. Bei Utopia verantwortlich für die Projektabwicklung der Beratungsmandate.

Max P. Februar 5, 2015 um 17:28 Uhr

Finde das Thema mehr als interessant. Es ist ja nicht nur auf dem Aktienmarkt sondern auch bei Funding Plattformen immer mehr vertreten, dass nachhaltige Unternehmen Förderung benötigen mit teilweise auch wirtschaftlich interessanten Ideen.

Jan H. Februar 4, 2015 um 16:25 Uhr

Ich finde es allerdings auch nicht schlecht sein Geld mit dem Devisenhandel ein bisschen aufzustocken.

Comments on this entry are closed.

{ 1 trackback }

Previous post:

Next post: