Crowdsourcing als Ideenfindungsverfahren

by Dirk Elsner on 14. Juli 2016

Hier im Blog habe ich mich oft und ausführlich mit Crowdsourcing befasst. Allerdings in den letzten Jahren meist unter der Überschrift Crowdfunding, also einer der neuen Anwendungen alternativer Finanzdienstleistungen. Heute will mich einem anderen Anwendungsfeld nähern, das für die Wirtschaftspraxis immer bedeutender werden könnte. Das Ideen-Crowdsourcing.

Crowdsourcing gehört bekanntlich zu einer relativ jungen Begriffswelt, die in den letzten Jahren für viele auf dem Internet basierende Leistungen entwickelt wurde. Dabei werden die von einem Empfänger (Unternehmen, Privatperson, Organisation etc.) für eine Aktivität (Investitionsvorhaben, Projekt, Wissenssammlung etc.) benötigten Ressourcen (Arbeitskraft, Fachwissen, finanzielle Mittel) von einer Gruppe von Menschen (= Crowd) eingesammelt. Zugeschrieben wird die Begriffsprägung Jeff Howe in seinem 2006 in Wired erschienen Artikel “The Rise of Crowdsourcing”.

Tatsächlich steckt hinter dem Begriff mehr als nur das einfache “Einsammeln von Ressourcen” aus einer Gruppe Freiwilliger. Beim Crowdsourcing werden besonders die interaktiven Elemente betont, wie insbesondere die Beteiligung und auch Netzwerkeffekte.

In der Wirtschafts- und Finanzpraxis hat das Crowdsourcing trotz Ähnlichkeiten mit bisherigen Erscheinungsformen zu der Kreation zahlreicher neuer Dienstleistungen geführt. Jeff Howe unterscheidet dabei Crowdsourcing in dem Artikel “Why the Power of the Crowd Is Driving the Future of Business” grundsätzlich in:

  • Wissen der Vielen (Crowd Wisdom)

  • Nutzung des schöpferischen Potenzials der Vielen (Crowd Creation)

  • Nutzung des Abstimmungsverhaltens der Vielen (Crowd Voting)

  • Nutzung des finanziellen Potenzials der Vielen (Crowd Funding)

Am Wochenende wies mich meine Frau bei einer Diskussion um die Vor- und Nachteile des Crowdsourcing darauf hin, dass der (Achtung Schleichwerbung) Kaffeeröster Tchibo schon vor längerer Zeit eine Ideenfindungsplattform eingerichtet habe. Das machte mich neugierig.

Das Hamburger Unternehmen präsentiert unter Tchibo-Ideas eine Mitmachplattform, in der die Community eingeladen wird, “die Tchibo Welt aktiv mitzugestalten”. Beim zweiten Blick ist leider nicht klar zu erkennen, ob es sich nur um eine gut gemachte Marketing-Aktivität handelt  oder die Kunden wirklich auch Produkte mitgestalten können. Die Grenzen scheinen hier fließend zu sein. Laut Crowdsourcing Blog sollen auf der 2008 gegründeten Plattform Nutzer ihre Produktwünsche oder Alltagsprobleme als Aufgaben einstellen und von anderen Community-Mitgliedern im Rahmen eines Ideenwettbewerbs lösen lassen. Claudia Pelzer sieht das Projekt als ein Positivbeispiel für eine erfolgreich umgesetzte Crowdsourcing Kampagne. In einem Interview mit Socialnetworkstrategien mit Miguel Helfrich, einem der Erfinder hinter Tchibo-ideas, erfährt man mehr.

Der Produktmanager-blog.de zählt in dem Beitrag Innovations-Management durch Crowdsourcing und Open Innovation eine Fülle weiterer namhafter Unternehmen auf, die ähnliche Form.

Ich habe mich für diesen Beitrag nicht mit den Erfolgen der Ideen-Plattformen befassen können. Frank Puscher nennt in einem Beitrag für C´t aber drei Faktoren, die die Erfolgschancen von Crowdsourcing bestimmen:

  • “Die Crowd muss überhaupt willens sein, einen Beitrag zu leisten. Man benötigt dazu ein funktionierendes Motivations- und Anreizsystem, also ein faires oder als fair empfundenes Belohnungskonzept, das aber nicht zwangsläufig aus pekuniärer Bezahlung besteht.

  • Die Crowd muss technisch, gestalterisch und kognitiv in der Lage sein, die gestellte Aufgabe zu meistern.

  • Der Anbieter muss das Vertrauen der Crowd besitzen. Das gilt vor allem, wenn die Ergebnisse für Firmenzwecke weiterverwendet werden.”

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