Warum sichere Vorhersagen an den Märkten kein Geld bringen

by Gastbeitrag on 2. Mai 2017

Gastbeitrag von Nils Rehfeldt*

 

Immer wieder liest und sieht man in den verschiedenen Massenmedien, wie Vertreter von großen Finanzinstitutionen und Vermögensverwalter über die aktuelle Wirtschaftslage und die Aussichten für die Zukunft sprechen. Dabei wird oft das Gefühl vermittelt, als wenn die Meinungsvertreter sich ihrer Sache extrem sicher sind und genau zu wissen scheinen, wie sich die Weltwirtschaft oder ein bestimmter Industriesektor in den nächsten 6 – 12 Monaten entwickeln wird. Bei vielen Tradern und Investoren gehen bei dieser Art von Marktvorhersagen sofort die Alarmglocken an.

Für den erfolgreichen Investor gibt es einen gewaltigen Unterschied zwischen wahrscheinlichkeitsbasierten Szenarien und unnötigen statischen Marktvorhersagen. Diese Unterscheidung ist von extrem hoher Bedeutung, wird aber leider auch von vielen Tradern und Investoren immer wieder vernachlässigt. Daraus folgt eine überdurchschnittlich hohe emotionale Bindung zu Investmentideen, ohne die eigene Vorhersage auch nur eine Sekunde lang in Frage zu stellen.

Jeden Tag kann man auf den bekannten Nachrichtensendern sehen, wie so genannte Wirtschaftsexperten oder Vertreter der großen Investmentbanken ihre Vorhersagen vermarkten und verteidigen.

Sagen wir, einer dieser Vertreter ist grundsätzlich negativ eingestellt und argumentiert, wie die Vielzahl der Risiken in der Eurozone den Dax und andere Aktienmärkte zum Abstürzen bringen werden. Ein anderer Teilnehmer der Gesprächsrunde, ein dauerhafter Bulle im US-Aktienmarkt, empfiehlt den Zuschauern, dass jetzt der richtige Zeitpunkt zum Kaufen ist und der S&P500 auf jeden Fall vor dem nächsten Crash die 3.000 Marke erreichen wird. Der dritte “Experte” in der Runde ist davon überzeugt, dass jetzt genau die richtige Zeit ist, um ETFs zu kaufen, um diese auf lange Sicht im Portfolio liegen zu lassen.

Diese Meinungen sind absolut nutzlos. Jede einzelne.

Es geht nicht vorrangig darum, Recht zu haben

Dem smarten Investor oder Trader ist es absolut egal, was diese aufmerksamkeitssüchtigen “Experten” auf den unterschiedlichen Kanälen der Finanznachrichten denken oder sagen. Diese hausgemachte Gewissheit ist fast schon ein bisschen abtörnend, genau wie die sensationsgetriebenen Nachrichtenagenturen und Medienunternehmen.

In den ständig aufgewühlten Gewässern der Ungewissheit der Märkte folgen nun ein paar Punkte der Wahrheit:

  • Wenn die “Experten” mit ihren Marktvorhersagen und Meinungen in gegensätzliche Richtungen argumentieren, wird einer von ihnen am Ende falsch liegen.

  • Der “Experte” mit der “richtigen” Vorhersage, könnte auch nur Glück gehabt haben.

  • Die Masse der “großen Marktvorhersagen” sind reine Zeitverschwendung.

  • “Richtig” zu liegen oder die Marktrichtung korrekt vorherzusagen hat wenig mit professionellem Investieren und Trading zu tun.

  • Mit einer Marktvorhersage “Recht haben” sind im Gegensatz zur Erwirtschaftung von Rendite / Gewinnen zwei komplett unterschiedliche Dinge.

Warum sind Marktvorhersagen – häppchenweise an die Medien verfüttert, um Aufmerksamkeit zu erlangen – in den meisten Fällen reine Zeitverschwendung?

Der erfolgreiche Investor / Trader macht KEINE Vorhersagen über die Märkte. Im Gegensatz dazu geht es eher darum, die Märkte als ein Zusammenspiel der Wahrscheinlichkeiten zu sehen und genau zu verstehen, was das eigentlich bedeutet.

Die Märkte als ein Zusammenspiel der Wahrscheinlichkeiten bedeutet, kontinuierlich die Wahrscheinlichkeiten zum eigenen Vorteil zu begünstigen.

Diese Vorgehensweise ist sehr pragmatisch … und immer bestimmt durch ständige objektive Beobachtungen und Erfahrungen. Dabei aber immer im Einklang mit den zwei Hauptzielen jedes Investors – Gewinnmaximierung und Risikominimierung (angewendet über das volle Spektrum von Trades und Investitionen über einen längeren Zeitraum)

In der realen Welt sieht das leider immer wieder anders aus, da der Fokus auf die entscheidenden Faktoren bei vielen Marktteilnehmern immer wieder verloren geht! – Der entscheidende Faktor ist der andauernde und rücksichtslose Fokus auf das Generieren von Trading Gewinnen und Rendite. Dabei steht der Drang danach mit etwas “richtig” zu liegen soweit hinten an, dass dieser nicht mal auf der Prioritätenliste zu finden ist und eher ein unterschwelliger Gedanke eines jeden Investors sein sollte.

Wenn der Fokus darauf liegt, mit den eigenen Vorhersagen so oft wie möglich richtig zu liegen, wie kann noch der Fokus für eine positive Performance gegeben sein?

Gewinnmaximierung und Verlustbegrenzung haben oberste Priorität

Nehmen wir an, der Fokus liegt darauf, mit den Investitionen Geld zu verdienen und nicht unbedingt darauf,  Recht zu haben. (So wie es ein sollte.) Sagen wir, eine handvoll der Trades oder Positionen im Portfolio verhalten sich nicht wie erwartet.

So viel Zeit ist bereits die Analyse geflossen, um die Investments zu identifizieren und zu bewerten. Während die Situation für den Investor nun immer unangenehmer wird und Dinge nicht so verlaufen wie erwartet, stellt er sich folgende Frage: “Soll ich meine Positionen behalten? Meine Analyse macht doch Sinn und der Markt wird sich sicher schon bald in die angenommene Richtung entwickeln und alle anderen Marktteilnehmer werden schon sehen, dass ich “Recht” habe.”

Auf keinen Fall, Sherlock! Ein wirklich guter Trader und Investor handelt immer im Interesse seiner Performance… auch wenn das bedeutet sich einzugestehen, dass man mit der initialen Analyse seiner Investition falsch liegt. Alles andere wäre ein absoluter Egotrip.

Auf diese Weise gibt der Trader, der unbedingt Recht haben muss, das Lenkrad zur Vermögensbildung und -sicherung aus der Hand, jedes Mal wenn bei einer Veränderung der Marktsituation auch gleichzeitig eine Veränderung der Denkweise in Bezug auf das eigene Portfolio erforderlich gewesen wäre.

Leider führt kein Weg daran vorbei. Recht haben und Geld verdienen sind zwei Prioritäten, die direkt miteinander in Konkurrenz stehen. Der Fokus auf eine der beiden vermindert den Fokus auf die andere.

Szenarioanalyse und wahrscheinlichkeitsbasierte Überzeugung

Bei der Abwägung von Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten potenzieller Marktszenarien kann es immer wieder zu Konflikten kommen. Woher kann der Investor wissen, welches Szenario wahrscheinlicher ist und wo sich möglicherweise eine Investition lohnen könnte?

Nehmen wir an, es gibt zwei plausible Szenarien. Szenario 1 bewirkt, dass die Kurse im Markt steigen und Szenario 2 bewirkt, dass die Kurse im Markt fallen. Mit dieser Situation sind Investoren und Trader regelmäßig konfrontiert. Eines der beiden Szenarien könnte eintreten und sich direkt auf die Kurse in einem oder mehreren Märkten auswirken. Für welches der beiden Szenarien soll dich der Investor entscheiden?

Hierfür nutzen viele Investoren die Verbindung zwischen marktrelevanten Informationen und den sich daraus ergebenden Preisbewegungen. Wie ein Markt auf marktrelevante Informationen und Nachrichten reagiert, ist für die Einschätzung der zukünftigen Marktrichtung und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens Marktszenarien von sehr hoher Bedeutung.

Zusammenfassend könnte ein Trader und Investor wie folgt vorgehen:

Der smarte Trader und Investor konzentriert seine Zeit und Energie auf die Entwicklung flexibler Themes / Szenarien  – für einen Industriesektor, eine Währung, einen Rohstoff oder auch für den gesamten Markt. Dann verarbeitet er den Informationsfluss von qualitativ hochwertigen Quellen für Wirtschaftsnachrichten mit der Absicht ein Gefühl für den Markt zu bekommen. Dabei geht es nicht um exakte Marktvorhersagen. Er sammelt stets nützliche marktrelevante Daten, um das Gefühl für die abhängigen Wahrscheinlichkeiten zu bekommen, um diese so objektiv wie möglich zu bewerten. Der Fokus liegt darauf, die möglichen Szenarien und Thesen für die zukünftige Marktentwicklung auszuarbeiten. Dabei wird auch immer wieder die Reaktion des Marktes auf neue Informationen beobachtet, um die Positionierung der Marktteilnehmer und das Sentiment im Markt zu bewerten. Diese Aktivitäten stehen unter dem Aspekt der Gewinnmaximierung haben nichts damit zu tun, einem bestimmte Marktrichtung vorherzusagen.

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Nils Rehfeldt ist ein unabhängiger Trader und Investor mit dem Fokus auf Währungen und Rohstoffe. Seit 5 Jahren betreibt er die Webseite www.maniforex.de, wo er seine Sichtweisen auf die Märkte und Strategien für den profitablen Forex Handel teilt.

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Dieser Beitrag stellt keine Anlageberatung dar, keine Empfehlung für eine bestimmte Verhaltensstrategie und auch keine Empfehlung zum Kauf bzw. zum Verkauf eines Wertpapiers, eines Terminkontraktes, eines sonstigen Finanzinstrumentes oder der Anlage in Konten.

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