Kryptowährungen und ICOs zwischen Wildnis und Zähmung

by Dirk Elsner on 19. März 2018

Ich habe schon früher betont, dass mich die Kryptomärkte faszinieren. An den Märkten für “Kryptowährungen”, die eigentlich besser Kryptoassets genannt werden sollten, lassen sich evolutionäre Entwicklungen im Finanzwesen im Zeitraffer beobachten. “Boom and Bust”, Aufstieg, Fall, Veränderungen, Mutationen sind hier besonders gut und transparent zu beobachten. Was hier in zwei Jahren passiert, dafür benötigen die traditionellen Finanzmärkte 20 Jahre oder mehr.

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Soll man PKWs verbieten, nur weil sie hier nicht gut fahren können?

Nach dem ungezähmten Aufstieg bis Ende 2007, sehen wir derzeit eine Phase der Zähmung, von der nicht klar ist, wie sie ausgehen wird. Eine Momentaufnahme dazu gibt es in meiner neuen Kolumne für Capital unter dem Titel

Kryptowährungen und ICOs zwischen Wildnis und Zähmung

Es geht hier um den Aufstieg von ICOs und den schärferen Blick der Regulierer und die wünschenswerte Professionalisierung der Aktivitäten. Dies ist auch deswegen erforderlich, weil heute noch viel schiefgehen kann beim Handel von Kryptowährungen. Und mit Schiefgehen meine ich nicht nur, den Totalverlust, weil sich die spekulativen Erwartungen an ein ICO oder an eine Kryptowährung nicht erfüllen.

Was sind ICOs

ICOs (= Initial Coin Offering) sind eine noch junge Adaption der Unternehmensfinanzierung, die seit 2017 einen Boom erleben (hier eine laufend aktualisierte Statistik). Die Bezeichnung ist an den englischen Begriff für Börsengang „Initial Public Offering“ (IPO) angelehnt, hat damit aber wenig zu tun. Ich habe darüber bereits hier und hier geschrieben. Bei einem ICO werden digitale Token (Token = Wertmarke) für verschiedenste Zwecke verkauft. Technisch realisiert werden ICOs mit Hilfe von Varianten der Blockchain-Technologie, die auch der Mutter aller Kryptowährungen zu Grunde liegt, dem Bitcoin. Mit Hilfe der Blockchain-Technologie werden Verfügungsrechte über materielle und immaterielle Güter mit Hilfe kryptografischer Verfahren manipulationssicher dezentral und digital dokumentiert.

Ich finde es wichtig, die Kryptoassets nicht von vornherein madig zu machen, nur weil derzeit viel schiefgeht und für Anleger enorme Risiken bestehen. Als die ersten Autos entwickelt wurden, ging auch sehr viel schief. Dazu gab es nicht einmal vernünftig asphaltierte Straßen. Ich wette in der Automobil Historie findet man viele Widerstände gegen die Einführung des Autos, weil sie so gefährlich waren und gestunken haben. Ein Teil des Widerstandes dürfte damals von den Kutschenherstellern gekommen sein. Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), sieht in einem Blogeintrag ebenfalls das Potenzial und hält es nicht für klug, die Krypto-Assets zu verteufeln.

Die Finanzwelt kann jetzt aus ICOs praktisch lernen, wie man die die Blockchain-Technologie auf das Kapitalmarktgeschäft überträgt. Heute sind ICOs noch Crowdfunding auf Speed, morgen können so schon traditionelle Aktien- oder Anleiheemissionen begeben oder Schuldscheine ausgegeben werden.

Spannend ist daneben, dass immer mehr staatliche Institutionen selbst mit Kryptowährungen experimentieren. Im Blog der DZ BANK haben wir vergangene Woche dazu aus einer Studie zitiert, in der es u.a. um die Frage geht, ob und inwieweit ein Bedarf bestehen könnte, dass Zentralbanken eigene Kryptowährungen begeben könnten, sozusagen als weiterer Geldform neben Bargeld und Buchgeld der Geschäftsbanken. Darin schrieben die Autoren:

„Zumindest theoretisch könnte eine Zentralbank-Kryptowährung allen Bürgern zur Verfügung gestellt werden und neben Bar- und Buchgeld als eigene, zusätzliche Geldform existieren. Befürworter versprechen sich hiervon, die Vorteile der Blockchain-Technologie, darunter eine rasche, sichere Übertragung ohne die notwendige Einbeziehung einer dritten Instanz, mit den Vorzügen von Bar- und Buchgeld, insbesondere Wertstabilität, Vertrauen und allgemeine Akzeptanz, kombinieren zu können. Sofern eine einfache Verwendung dieser öffentlichen Kryptowährung ermöglicht würde, könnte es eine Art „modernes Bargeld“ darstellen. Schließlich würde es sich um Zentralbankgeld handeln, das von Privatperson zu Privatperson in Echtzeit übertragbar sowie je nach technischer Ausgestaltung anonym und sogar über größere Distanzen hinweg anwendbar wäre.“

Laut FAZ sieht Benoît Cœuré, Vorsitzender des BIZ-Ausschusses für Zahlungen und Marktinfrastruktur (CPMI), “grundsätzlich große Vorteile von digitalem Zentralbankgeld. So könnten Wertpapier- und Devisengeschäfte damit wesentlich effizienter abgewickelt werden.”

Der BIZ-Ausschuss unterscheidet zwischen zwei Formen des digitalen Geldes: Zum einen eine Währung, die nur ausgewählten Kreditinstituten zur Verfügung gestellt wird. Zum anderen eine Geldform, die von jedem verwendet werden kann. Diese allgemein verfügbare Alternative kann nach Ansicht von Cœuré die Art und Weise, wie Zentralbanken Geld bereitstellen, sowie deren Bedeutung für das Finanzsystem grundlegend verändern. Aber das sei noch unbekanntes Terrain mit Risiken, fügte der Franzose hinzu.

Der BIZ-Ausschusses für Zahlungen und Marktinfrastruktur hat sich gerade in einem vergangene Woche veröffentlichten Report mit Zentralbanken und digitalen Währungen befasst.

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