Immobilienmarkt 2019 – Geht der Zyklus zu Ende?

by Karl-Heinz Goedeckemeyer on 14. Januar 2019

Der aktuelle globale Immobilienzyklus zählt zu den längsten in der jüngeren Vergangenheit. Mit Blick auf die Performance an den Immobilienmärkten ist festzustellen, dass die Synchronizität von Immobilienpreisen in Industrie- und Entwicklungsländern seit 1991 sowohl über Länder hinweg als auch bei Betrachtung einzelner Städte zugenommen hat. Das über dem Trend liegende globale BIP-Wachstum, die ultralockere Geldpolitik vieler Notenbanken und die steigende Nutzernachfrage hat dazu geführt, dass die globale Transaktionsvolumina in gewerbliche und wohnwirtschaftliche Immobilien spürbar gestiegen sind.

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Nach Berechnungen von JLL hat sich das globale gewerbliche Transaktionsvolumen in den ersten drei Quartalen 2018 auf insgesamt 507 Mrd. USD belaufen, was einer Steigerung von 7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Für das Gesamtjahr 2018 erwartet JLL ein Transaktionsvolumen von 730 Mrd. USD. Auch in Deutschland dürfte das Transaktionsvolumen im abgelaufenen Jahr weiter angestiegen sein. JLL rechnet mit bis zu 60 Mrd. Euro – und damit über den seit 2015 laufenden Korridor bei 55 Mrd. Euro. Trotz des fortgeschrittenen Marktzyklus dürfte der deutsche Gewerbeimmobilienmarkt auch im laufenden Jahr dank der stabilen Investorennachfrage im Fokus internationaler Investoren stehen.

Immobilienparty könnte durch politische Störfeuer und konjunkturellen Abschwung gebremst werden

Da jeder Zyklus einmal endet, stellt sich die Frage, ob die Immobilienparty sich im Jahr 2019 fortsetzen oder der Zyklus durch exogene Faktoren – Brexit, Handelsstreit der Supermächte USA und China, der zunehmende Protektionismus, Probleme in den Schwellenländern und der im Jahr 2018 einsetzende Stress an den Finanzmärkten – beendet wird. Noch werden die Risiken – durch die zunehmenden geopolitischen Unsicherheiten – von den Investoren weitgehend ausgeblendet. Angesichts der Tatsache, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Europa nicht homogen verläuft – und vor allem die Südländer bei einem erneuten konjunkturellen Abschwung in Turbulenzen geraten können – sollten Investoren das Länderrisiko im Rahmen ihrer Asset Allocation wieder stärker in den Fokus nehmen.

Könnten als Folge des Brexit Investments in die Eurozone verlagert werden?

Falls es darüber hinaus zu einem ungeordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus Europa kommen wird (Brexit), dürfte der alte Kontinent davon erheblich (negativ) tangiert werden. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der europäische gewerbliche Immobilienmarkt einer sehr zyklischen Entwicklung unterliegt. Im Falle eines „No Deals“ könnte es durchaus zu einem abrupten Abschwung kommen und zumindest einzelne Investoren dazu verleiten, Investments aus Europa abzuziehen.

Nach einer Analyse der Bank of England (BoE) im Auftrag der britischen Regierung ist im „worst case“-Fall innerhalb eines Jahres mit BIP-Einbußen von 8 % zu rechnen. Ferner dürfte das britische Pfund als Konsequenz der Ablehnung eines EU-Austrittsvertrages um 25 % abwerten, die Hauspreise um 30 % fallen, die Arbeitslosenquote bis 2020 auf 7,5 % anziehen (aktuell: 4,1 %), die Inflation bis dahin auf 6,5 % steigen (aktuell: 2,4 %) sowie die Leitzinsen in der Spitze bis auf 5,50 % treiben.

Fakt ist, dass das Vereinigte Königreich der größte Markt für Direktinvestitionen in Europa und stark von ausländischen Geldern abhängig ist. Falls es zu einem No Deal kommt, ist nicht auszuschließen, dass Kapital in andere Regionen fließen wird. Besteht somit die Hoffnung, dass Investitionen in die Eurozone verlagert werden?

Angesichts der stetig gesunkenen Renditen, der hohen Bewertungen und der Tatsache, dass die Immobilienrenditen in der Eurozone dadurch länger auf ihrem derzeitigen Tiefststand verharren werden, ist nicht davon auszugehen, dass signifikante Kapitalströme in die Eurozone fließen werden. Hinzu kommt, dass britische Immobilienpreise inzwischen relativ attraktiv geworden sind und sich die Rendite weiter erhöht hat und nach einem No-Deal Brexit weiter erhöhen könnte. Selbst wenn diese Entwicklungen möglicherweise nicht ausreichen werden, um die Unsicherheiten der Investoren zu kompensieren, könnten die gesunkenen Preise in Verbindung mit dem schwächeren Pfund internationale Investoren dazu verleiten, vermehrt in britische Gewerbeimmobilien zu investieren.

Festzuhalten ist, dass die Konjunkturdynamik in den USA, China und vielen Ländern Europas im laufenden Jahr nachlassen wird. Zum Jahresende hat die EZB ihre Wachstumserwartungen für 2018 und 2019 um je 0,1 Prozentpunkt auf 1,9 und 1,7 % gesenkt. Für 2020 bleibt sie bei 1,7 % und für 2021 erwarten die Notenbanker nur 1,5 %. Für Deutschland rechnet das DIW im Jahr 2018 mit nur noch 1,5 % und 1,6 % für 2019. Wenngleich die Wirtschaft diesseits und jenseits des Atlantiks nicht in die Rezession abgleiten dürfte, dürften die fetten Jahre vorbei sein und neuer Realismus einkehren. Wird dieser auch dazu führen, dass die Investitionen in globale Immobilien zurückgehen werden? Einige Faktoren sprechen dafür, dass der Zyklus noch weiterlaufen könnte: Die nach wie vor unterstützende Geldpolitik, das positive Sentiment der Investoren, die wohl weiterhin ausreichend Kapital in den Immobilienmarkt schleusen werden, der noch attraktive Renditespread im Vergleich zu Staatsanleihen und der solide (aber nachlassende) Konjunkturverlauf in den hochentwickelten Volkswirtschaften.

Renditekompression setzte sich in 2018 weiter fort

Da jedoch die Zinssätze auch in Europa mittelfristig steigen dürften und die zuvor unterstützenden Programme zur quantitativen Lockerung zurückgefahren werden, dürfte die Renditekompression bei Immobilien schwinden, was zu einer Stabilisierung der Rendite führen wird. Damit sich Immobilien-Investments weiterhin lohnen muss sich als Ausgleich der Kapitalzuwachs durch Mietsteigerungen erhöhen. Immerhin verzeichneten 15 der 24 Index-Städte im dritten Quartal 2018 ein ansehnliches Mietpreiswachstum. Mit 6,0% gegenüber Vorjahr liegt der jährliche Mietpreiszuwachs in Europa deutlich über dem 5- bzw. 10-Jahres-Durchschnitt von 2,6 bzw. 0,6 %.

Wie stark die Renditen inzwischen gefallen sind, zeigt sich am europäischen JLL-Index für Bürospitzenrenditen, der 24 Städte umfasst. Im Jahresverlauf sind die Renditeverläufe zum ersten Mal (seit 1980) wieder unter die 4%-Marke gefallen. Auch in den deutschen Hochburgen sind die Nettoanfangsrenditen im Jahresverlauf 2018 weiter gefallen – in Berlin auf 2,9% und Hamburg auf 3,0%.  Spürbar höhere Renditen im Bereich von 4,0 bis 4,5% sind noch in attraktiven Mittelstädten erzielbar. Gleichzeitig beeinflusst die sich ändernde Marktdynamik die Aussichten für die Nutzer- und Investmentmärkte. Flexible Büros sind ein wachsender Teil der Nutzerlandschaft, während der Einzelhandel zunehmend in der Gunst der Investoren verliert.

Ausblickend ist davon auszugehen, dass das Jahr 2019 Investoren vor größeren  Herausforderungen stellen wird. Trotz der gestiegenen politischen Unsicherheiten ist die Grundstimmung weiterhin positiv. Investoren dürften Ausweichstrategien zugunsten anderer, renditeträchtiger Assetklassen fahren und Kapital in neue Anlagehäfen wie Co-Working-Spaces, Mikrowohnen, Hotels, Serviced Apartments oder Student Housing verlagern und ihre Investments auch regional stärker streuen.


Karl-Heinz Goedeckemeyer ist unabhängiger Finanzanalyst für börsennotierte Immobilienunternehmen, Finanzwerte sowie internationale , Immobilienmärkte mit Fokus auf die Segmente Wohnen, Büro und Hotels. Daneben ist als freier Autor für einzelne Publikationen tätig. Davor hat er rund 10 Jahre als Aktienanalyst börsennotierte Immobilienunternehmen aus dem deutschsprachigem Raum sowie europäische und US-amerikanische Banken analysiert.  Karl-Heinz Goedeckemeyer schreibt regelmäßig für das Blick Log

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