Superreiche: Über Vermögen und Probleme

by Dirk Elsner on 7. September 2008

Immer häufiger lesen wir in den letzten Monaten von den neuen Superreichen, die nicht bescheiden im Hintergrund agieren und ihr Vermögen genießen, sondern mit vollen Händen und sehr öffentlichkeitswirksam ihr „Kleingeld“ unter das Volk bringen. Der Name Roman Abramowitsch ist bekannt. In dieser Woche haben wir Sulaiman Al-Fahim kennengerlernt, der den Fussballverein Manchester City gekauft hat.

Für den Vermögensforscher Thomas Druyen ist reich, wer von der Rendite des Vermögens gut leben kann. Dafür veranschlagt er etwa 3 Millionen Euro. Ab 30 Millionen ist jemand sehr reich, ab 300 Millionen superreich. Und der wirklich Superreiche ist der Milliardär.

Früher lebten die Superreichen in nur wenigen Länder, insbesondere Amerika, Schweiz und Deutschland. Jetzt beobachtet Druyen eine Ausweitung auf Asien, Russland und Südamerika; vor allem aber in Indien und China. In Deutschland wird die Zahl der Milliardäre bei ungefähr 130 vermutet, in der Schweiz bei ungefähr 140.

In der aktuellen Ausgabe der Zeit, die ein fast voyeuristisches Special in die Welt der Superreichen bietet, finden wir weitere Informationen:

„So viele fantastisch reiche Menschen wie heute gab es noch nie auf der Erde. Das US-Magazin Forbes versucht jedes Jahr, möglichst viele Milliardäre zu identifizieren, und stieß zuletzt auf 1125. Zusammen besitzen sie schätzungsweise 4,4 Billionen Dollar (im Vorjahr noch 900 Milliarden). 473 stammen laut Forbes aus den USA, 87 aus Russland, 59 aus Deutschland. 60 bis 70 Prozent gelten als self-made, und viele hören auch dann nicht mit dem Arbeiten auf, wenn sie längst reich geworden sind. In den egalitären Gesellschaften Westeuropas oder Japans legt ihre Zahl am langsamsten zu, schneller geht es in den angelsächsisch geprägten Ländern, am schnellsten in China, Indien, Russland oder Kasachstan.“

„Es gibt Berechnungen aus den USA, nach denen dort die reichsten 22 Prozent der Haushalte 60 Prozent des Konsums tätigen – die ärmsten 20 Prozent aber nur drei Prozent.“

Allerdings schafft reich sein auch „Probleme“. So hat Druyen festgestellt, „dass jemand, der 500 Millionen hat, sich durchaus demjenigen gegenüber unterlegen fühlt, der 1 Milliarde besitzt. Auch unter Superreichen gibt es Hierarchien. Sogar unter solchen, die ähnlich viel besitzen, gehören die einen dazu, und andere werden ausgegrenzt. Manche dynastischen Kreise würden Selfmade-Millionäre niemals in ihrer Mitte akzeptieren.“

Von Byram Karasu, der als Psychiater in New York lebt und in seiner Praxis seit 40 Jahren megareiche Patienten therapiert, erhalten wir tiefere Einblicke in das Psycholeben der Superreichen. Hier Passagen siner Antworten aus einem Interview mit der Zeit.

„Die Probleme können sogar sehr groß sein! Vor allem der neu erworbene Reichtum kreiert in der Regel Beklemmung und möglicherweise auch Depressionen. Diese Menschen stellen börsentäglich fest, was sie wert sind. Sie können an einem Tag ein Vermögen gewinnen und am nächsten Hunderte von Millionen verlieren. Es ist, als ob sie jeden Tag in der Schule benotet würden. Sie fühlen sich bedroht.“

„Aber die Supererfolgreichen sind wie Hochseilartisten. Bei einem Sturz fängt sie zwar ein Sicherheitsnetz auf, aber der Fall ist trotzdem beschämend.“

„Wenn in dieser Gruppe der Neureichen jemand einen schweren Rückschlag erlebt, dann schwindet das Selbstvertrauen, die sexuelle Potenz bei den Männern. Dann folgt in der Regel eine Depression. Aber diese Leute sind Unternehmer. Die meisten schaffen ein Comeback – im Gegensatz zu altem Geldadel.“

„Das Problem beginnt für viele nach den ersten fünf Milliarden: Was ist der Sinn des Lebens? Zunächst war der einzige Zweck, es ganz nach oben zu schaffen. Danach wird das Verdienen von immer mehr Geld zu einem Spiel. Aber mir erzählen sie von ihren Sorgen, richtig zu leben und das Geld richtig einzusetzen. Wenn man quasi über Nacht so reich wird, muss man den Lebensrahmen komplett austauschen.“

„Die einfachen Befriedigungen dieses Mittelschichtlebens reichen nicht mehr aus. Man verliert seine alten Freunde. Dafür schließt man neue Freundschaften in seinem neuen Kreis. Die sind dann nicht mehr so intim und mehr auf Transaktionen basierend. Wahre Freundschaft macht Transparenz notwendig. Diese neuen Freunde sind eher wie Kollegen, denen man ja auch nicht sein Innerstes offenbart.“

„Durch den Reichtum kann ich mir jeden Wunsch erfüllen«, sagt der Kölner Psychologe und Gesellschaftsforscher Stephan Grünewald in der Wochenzeitung Zeit, »aber die Erfüllung ist der Tod des Wunsches.« So werde die Sucht nach immer neuen Konsumerlebnissen für nicht wenige zur Ersatzhandlung, zur Jagd nach Leben, zur Mission, »das zu finden, was einen mal gepackt hatte«.“

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