Offene Immobilienfonds: Wann kann die Rücknahme ausgesetzt werden?

by Dirk Elsner on 31. Oktober 2008

Immobilienvermögen von Fonds

Immobilienvermögen von Fonds

Viele Anleger hat in den letzten Tagen die Sorge gepackt, was mit ihren bisher vergleichsweise wertbeständigen offenen Immobilienfondsanteilen passiert, wenn sich die Rückgabe der Anteile verstärkt.Verschiedene Medienmeldungen haben hier viele Anleger verunsichert.

Zum Schutz der Anleger hilft den Fonds- gesellschaften im Prinzip nur die vorübergehende Schließung von Fonds. Dies ist bereits jetzt vereinzelt zu beobachten.

Unter welchen Umständen das möglich ist, soll das folgende Beispiel aus der Praxis zeigen.

Ein Blick in das Kleingedruckte

Ein Blick in das Kleingedruckte der Fondsbedingungen hilft, zu verstehen, wann und unter welchen Voraussetzungen ein offener Immobilienfonds die Rücknahme der Anteil aussetzen darf. So heißt es z.B. im Verkaufsprospekt eines bekannten großen Immobilienfonds:

„Die Gesellschaft kann die Rücknahme der Anteile zeitweilig aussetzen, sofern außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Aussetzung unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger erforderlich erscheinen lassen“

Es wird dabei auch definiert, was außergewöhnliche Umstände sind:

Außergewöhnliche Umstände liegen insbesondere vor, wenn

  • eine Börse, an der ein wesentlicher Teil der Wertpapiere des Sondervermögens gehandelt wird (außer an gewöhnlichen Wochenenden und Feiertagen), geschlossen oder der Handel eingeschränkt oder ausgesetzt ist,
  • über Vermögensgegenstände nicht verfügt werden kann,
  • die Gegenwerte bei Verkäufen nicht zu transferieren sind,
  • es nicht möglich ist, den Anteilwert ordnungsgemäß zu ermitteln, oder
  • wesentliche Vermögensgegenstände nicht bewertet werden können.

Klausel bei umfangreichen Rückgaben

In der aktuellen Situation ist fraglich, ob einer dieser Gründe vorliegt. Es gibt aber noch eine weitere Formulierung, die auf die aktuelle Situation anwendbar ist:

„Da die eingezahlten Gelder entsprechend den Anlagegrundsätzen überwiegend in Immobilien angelegt sind, bleibt der Gesellschaft daneben vorbehalten, die Rücknahme der Anteile befristet zu verweigern, wenn bei umfangreichem Rücknahmeverlangen die Bankguthaben und der Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Investmentanteile zur Zahlung des Rücknahmepreises und zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht mehr ausreichen oder nicht sogleich zur Verfügung stehen. Der Gesellschaft bleibt es vorbehalten, die Anteile erst dann zu dem jeweils gültigen Rücknahmepreis zurück zu nehmen, nachdem sie unverzüglich, jedoch unter Wahrung der Interessen der Anleger, entsprechende Vermögenswerte veräußert hat. Die Frist für die Verweigerung der Rücknahme von Anteilen beträgt drei Monate.

Rechte und Pflichten der Fondsgesellschaft

Im Klartext bedeutet dies, die Gesellschaft darf in einer Run-Situation die Rückgabe verweigern, wenn ihre liquiden Mittel nicht ausreichen.  Sie hat aber auch Pflichten. Sie muss nämlich versuchen, Vermögenswerte zu veräußern. Dabei hat sie aber die Interessen der Anleger zu wahren. Was dies konkret bedeutet wird bewusst offen gelassen. Im Zweifel bedeutet dies aber, sie möchte Notverkäufe vermeiden, damit die Immobilien nicht unter ihrem bisherigen Wertansatz veräußert werden.

Die Gesellschaft hat in diesem Fall eine Frist von drei Monaten, um die Liquiditätssituation zu verbessern. Für den freien Verkauf von Immobilien ist dies dennoch ein vergleichsweise kurzer Zeitraum, zumal die Marktsituation auch für Immobilien aktuell nicht optimal ist.

Fragen Sie Ihre Bank oder die Fondsgesellschaft

Da ich keine Möglichkeit habe, die Verkaufsbedingungen verschiedener Fondsgesellschaften hier zu vergleichen, ist es ratsam, zunächst in das Kleingedruckte der eigenen Fonds zu schauen oder sich an die depotführende Bank oder direkt an die Fondsgesellschaft zu wenden.

Wesentlich vernünftiger wäre es, die Anleger würden auf die Rückgabe ihrer Anteile verzichten. Ein einzelner Anleger wird dies aber nun dann tun, wenn er sicher sein kann, dass auch andere Anteilsinhaber auf die Rückgabe verzichten. Dazu braucht es aber starker öffentlicher Signale von den Fondsgesellschaften. Wie die aussehen könnten, wird derzeit wohl intensiv diskutiert werden. Im Zweifel bleibt ihnen bis zur Stabilisierung der Situation nur die vorübergehende Schließung.

Weiterführende Beiträge

Folgende Beiträge liefern weitere Hintergrundinformationen

Welche offenen Immobilienfonds sind momentan geschlossen?

Offene Immobilienfonds – ausgesetzte Anteilsrückgabe schadet Fondsbranche

Immofonds: Ein Drittel der Gelder blockiert

wird noch weiter ergänzt

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Coien Oktober 31, 2008 um 15:05 Uhr

Ob nach drei Monaten oder 2 Jahren hängt sicher von den jeweiligen Bedingungen der Fonds ab. Die Bedingungen, die ich angeschaut habe, sahen 3 Monate vor. Der Betrugsvorwurf klingt mir zu sehr nach Verschwörung und hilft den Anlegern nicht. Aktuell würde eine Neubewertung vermutlich zu Abschlägen und damit zu Wertverlusten führen.

Jochen Hoff Oktober 31, 2008 um 14:30 Uhr

Die Fonds können sogar bis zu zwei Jahre geschlossen bleiben. Übrigens stellt sich nicht die Frage der Notverkäufe unter Wert. Es ist einfach so, dass Immobilien zu irrsinnigen Preisen gekauft und erstellt wurden. Diese Preise lagen schon immer weit über dem möglichen Verkaufswert. Es geht um geplanten Betrug, der durch Inflation kaschiert werden sollte.

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