Wirtschaftspolitik von Obama

by Dirk Elsner on 5. November 2008

Auf Barack Obama lasten sehr hohe Erwartungen. Die Wunschzettel an den künftigen Präsidenten dürften, wenn man sie hintereinander aufschreiben würde, mindestens den Textumfang aller Reden von Obama während des „epischen“ Wahlkampfes erreichen. Klar, dass auch aus europäischer Sicht die Wirtschaftspolitik zu den zentralen Themen gehört. Immobilienkrise, Bankenkrise, einbrechende Konjunktur, steigende Arbeitslosenzahlen, Rückgang des privaten Verbrauchs und noch mehr Themen stehen auf der langen Agenda.

Alle Erwartungen wird er nicht erfüllen können. Die Aussagen aus seinem Wahlprogramm und seinen Reden lassen sich auch nicht annähernd mit diesen Erwartungen abgleichen. In diesem Beitrag habe ich auf Basis verschiedener Quellen ein paar Aussagen zur Wirtschaftspolitik von Barack Obama zusammengetragen (Quellen siehe unten). Gestartet wird aber mit einem Video und einer Diskussion zur Wirtschaftspolitik von Barack Obama.

Diskussion (engl.) über die Wirtschaft unter Obama

Weiter geht es mit Beiträgen aus verschiedenen Quellen, die ich hier grob nach Feldern zusammengestellt habe.

Konjunktur und Steuerpolitik

Barack Obama favorisiert grundsätzlich eine stärkere staatliche Regulierung und fordert ein neues Konjunkturprogramm in Höhe von $50 Mrd., um den Markt kurzfristig zu stabilisieren. Er setzt sich zudem
für höhere staatliche Ausgaben für eine umfassende Gesundheitsreform sowie für eine Unterstützung in Not geratener Hausbesitzer ein. Zum Ausbau der Infrastruktur plant er die Gründung einer Infrastrukturbank, die
mit Finanzmitteln in Höhe von $60 Mrd. ausgestattet werden soll. Die von ihm geforderten Steuerentlastungen für die unteren und mittleren Einkommensbezieher sollen durch Steuererhöhungen für die Besserverdienenden finanziert werden. Obama plant Steuererleichterungen für alle Beschäftigten mit einem Jahreseinkommen unter $150.000 und will die Steuern auf Kapitalgewinne von derzeit 15% auf 20% erhöhen.

Obama schlägt einen Stopp von Zwangsversteigerungen von Privathäusern für 90 Tage vor, um den durch steigende Zinsen in Bedrängnis geratenen Hausbesitzern Luft zu verschaffen. Unternehmen sollen Steuererleichterungen erhalten, wenn sie neue Arbeitsplätze schaffen.

Obama will zudem Kapitalerträge bei Gutverdienenden höher besteuern, andererseits über 65-Jährige mit einem Einkommen von unter 50 000 Dollar von der Einkommensteuer befreien. Er befürwortet Steueranreize für erneuerbare Energien und Energiesparen, will zugleich aber die Vergünstigungen für Öl- und Gasgesellschaften streichen.

Obama hat der Mittelschicht und den „kleinen Leuten“ so einiges versprochen. Schon seit längerer Zeit hat der neue Präsident für den Fall seiner Wahl ein weiteres Konjunkturprogramm angekündigt, unter anderem in Form von Steuererstattungen für Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen. Die Regel soll nach seinen Vorstellungen das gesamte kommende Jahr über gelten, um den Verbrauchern leichter Zugang zu Geld zu verschaffen. Solche Vorschläge freuen den Handel, der darum bangt, dass die Konsumenten demnächst ihr Geld aufgrund der Finanzkrise sehr viel stärker beisammen halten werden als früher.

Energiepolitik

Bei der Energiepolitik haben sich beide Präsidentschaftskandidaten zum Ziel gesetzt, die US-Öleinfuhren erheblich zu senken und die Abhängigkeit der USA von fremden Öleinfuhren deutlich zu verringern.
Obama legt den Schwerpunkt auf die Förderung erneuerbarer Energien und will künftig $15 Mrd. pro Jahr in
neue Technologien wie Wind- und Solarenergie investieren. So will er bis 2012 den Anteil erneuerbarer Energien auf zehn Prozent steigern.

Zudem soll der Benzinverbrauch von Kraftfahrzeugen in den nächsten 20 Jahren um die Hälfte gesenkt werden. Zur Entlastung der Mittelklasse von den hohen Energiekosten will Obama $1000 pro Haushalt bereitstellen.

Große Unterschiede zwischen den Wahlprogrammen von McCain und Obama sieht die Öl-Branche. Wenn die Demokraten das Weiße Haus und eine Mehrheit im Kongress erobern, dann dürften die Steuererleichterungen für die Branche Geschichte sein. Stattdessen werden ExxonMobil (Quartalsgewinn:14,83 Mrd. US$), Chevron und Co. vermutlich Sondersteuern auf allzu hohe Gewinne zahlen. Politisch lässt sich das problemlos durchsetzen, zumal die beiden Dow notierten Energieriesen gerade historische Rekordgewinne gemeldet haben – während der Rest des Landes unter einer Finanzkrise leidet.

In Sachen Klimaschutz ist von einem marktbasierten Emissionshandelssystem die Rede, das bis 2050 die Kohlendioxidemissionen verglichen mit 1990 um 80 Prozent herunterbringen soll.

Handelspolitik

Obama ist gegenüber bilateralen Handelsabkommen kritischer eingestellt als McCain und hatte im Vorwahlkampf gefordert, das Freihandelsabkommen NAFTA aufzuschnüren, um bei den Handelspartnern
verbesserte Arbeits- und Umweltstandards durchzusetzen. Er ist auch Gegner der Freihandelsabkommen
mit Kolumbien und Südkorea; er will zudem die US-Handelspartner von Exportsubventionen sowie der Errichtung nichttarifärer Handelshemmnisse abhalten. Zudem unterstützt Obama eine Ausdehnung des Trade Adjustment Assistance-Programms auch auf den Dienstleistungssektor.

Allerdings hat sich Obama seit seinem Sieg über Hillary Clinton bei den Primaries mit seinen wirtschaftlichen Positionen zunehmend in Richtung politischer Mitte bewegt und seine kritische Haltung zu den Folgen
des Freihandels abgeschwächt. Nach Ansicht von Handelsexperten hat die Bedeutung der Themen Freihandel und Globalisierung ohnehin ihren Zenit bei den Vorwahlen in den swing states – den besonders hart umkämpften Bundesstaaten wie Ohio, Michigan und Pennsylvania – überschritten.

Infrastrukturpolitik

Obama hat temporäre Steuererleichterungen für Firmen vorgeschlagen, die in den kommenden zwei Jahren neue Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten schaffen. Zusätzlich will Obama große Infrastrukturprojekte anschieben – auch zum Zwecke der Ankurbelung der lahmenden Konjunktur. Freuen wird sich hier wohl beispielsweise die Baubranche.

Sozialversicherung

Obama plant die Schaffung eines nationalen Krankenversicherungsprogramms für all diejenigen, die momentan noch völlig ohne Krankenversicherung auskommen müssen. Für Kinder will Obama gar eine Pflichtversicherung einführen, für Erwachsene soll die Mitgliedschaft optional bleiben. Erwachsene, die sich keine Krankenversicherung leisten können, sollen nach seinem Willen staatliche Zuschüsse erhalten. Bezahlt werden sollen diese Zuschüsse aus einem Topf, in den alle Unternehmen einzahlen müssen, die ihren Mitarbeitern keine betriebliche Krankenversicherung anbieten.

Kann er das schaffen?

Zu befürchten ist, dass die Realpolitik Obama zur Aufgabe einiger Versprechen zwingen wird und er damit viele Wähler enttäuschen könnte. Obama baut dem schon jetzt geschickt vor, in dem er in seiner Siegesrede am Dienstag Abend in Chicago selbst sagte, dass nicht alles sofort, in einem Jahr oder in dieser Regierungsperiode zu schaffen ist.

Die Statistik spricht für Obama. Vergleicht man die Legislaturperioden demokratischer Präsidenten seit dem Zweiten Weltkrieg mit den Phasen, in denen Republikaner am Ruder waren, so entwickelte sich die Wirtschaft unter demokratischen Präsidenten deutlich besser als unter Republikanern. Während der Amtszeit eines Demokraten wuchs sie im Schnitt um 4,4 Prozent pro Jahr, unter Republikanern dagegen nur um 2,8 Prozent.

Artikel aktualisiert am 6.11.08

Quellen:

IM BLICKPUNKT, Informationen des Delegierten der Deutschen Wirtschaft in Washington, D.C.

n-TV: Wer wählt wen?

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