HSH Nordbank im Schraubstock zwischen Eigentümern, Markt und Rettungspaket

by Dirk Elsner on 6. November 2008

Ausriss aus der Website der HSH Nordbank

Ausriss aus der Website der HSH Nordbank

Die Meldungen über die HSH Nordbank in diesen Tagen lesen sich nicht gut. Das Institut kommt nicht an das Rettungspaket, weil die Garantien erst gewährt werden, wenn die Kernkapitalquote mindestens 8% betrage, heißt es im Handelsblatt. Die Bank und ihre Eigentümer manövrieren sich unterdessen in eine Zwickmühle, die die Bank ernsthaft gefährden könnte.

Die Durchführungsverordnung vom 20 Oktober (FMStFV)  selbst sieht als eine Voraussetzung für eine Garantie eine angemessener Eigenkapitalausstattung vor. Wie diese ermittelt werden kann, ergibt sich aus der vor zwei Jahren verabschiedeten Solvabilitätsverordnung, einem 334 Seiten umfassenden Rechtswerk, in dem im Detail die angemessene Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten geregelt ist.

Nach Angaben des Handelsblatts betrage die aktuelle Kernkapitalquote aktuell 7,4%. Dabei sollen die Verluste im 3. und 4. Quartal noch nicht berücksichtigt sein, so dass sich mit ihrer Berücksichtigung eine deutlich niedrigere Kernkapitalquote ergeben müsste. Erstaunlich ist daher, dass das Kreditinstitut vor einer Rekapitalisierung den Garantiefonds in Anspruch nehmen will und die Rekapitalisierung erst noch prüfen möchte. Dabei hätte die Bank die Rekapitalisierungsfrage gleich mitbeantworten müssen. Die Solvabilitätsverordnung sieht ohnehin die tägliche Überprüfung der angemessenen Eigenkapitalausstattung vor.

Es ist daher kein Wunder, dass das Institut in der „Klemme steckt“ (Handelsblatt). Es ist auch nicht überraschend, dass das Institut noch keinen Antrag beim Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung eingereicht hat. Denn dieser setzt voraus, dass klargestellt ist, wo das zusätzliches Eigenkapital herkommt. Oder die Rekapitalisierung hätte gleich mit beantragt werden müssen, was prinzipiell möglich gewesen wäre.

Hier steckt die Bank aber offensichtlich in der Zwickmühle, weil die vier Anteilseigner wohl ab 2009 wieder mit einer Dividende rechnen. Das dafür im Handelsblatt vorgetragenen Argumente:

„Der Bund müsse berücksichtigen, dass die Eigner Hamburg, Schleswig-Holstein, die Sparkassen Schleswig-Holsteins und der US-Investmentbanker Christopher Flowers mit einer Kapitalerhöhung von 1,3 Mrd. € im Frühjahr in Vorleistung gegangen seien.“

Sorry, aber dieses Argument muss der Bund gar nicht berücksichtigen. Die FMStFV sieht vor, dass während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahmen grundsätzlich keine Dividende ausgeschüttet wird. Dabei spielt der Zeitpunkt der Einzahlung des Kapitals keine Rolle.

Vielmehr machen offensichtlich die Anteilseigener Druck und versuchen ihre Erträge zu sichern, die ja in Hamburg und Schleswig-Holstein auch in den Haushaltsplanungen enthalten sein dürften. In Hamburg sieht der zuständige Finanzsenator, Michael Freytag, bereits den Haushalt in eine Schieflage geraten. Damit erreicht die Krise politische Dimensionen. Hamburgs Bürgermeister sieht dies übrigens nicht, weil die erwartete Dividende in Höhe von 70 Mio. € nicht für den Haushalt vorgesehen war, sondern für Pensionsrückstellungen und die Beteiligungsverwaltung HGV. Hier bestünde noch ein Puffer für ein oder zwei Jahre, so von Beust im Interview mit dem Hamburger Abendblatt.

Finanzsenator Freytag ist es offenbar ein Dorn im Auge, dass der Bund Gewinne beim Wiederverkauf erworbener HSH-Nordbank-Anteile selbst einstreichen kann. Darüber müssen mit dem Bund sehr hart verhandelt werden, heißt es im Hamburger Abendblatt. Unklar bleibt, woher eigentlich der Verhandlungsspielraum kommen sollte. Hier schwingt jemand ein stumpfes Schwert.

Interessant ist auch, wie der Vorsitzende des Aufsichtsrates der HSH Nordbank, Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner, die Verantwortung für den Kauf der riskanten Papiere wegschiebt:

„Der Vorstand hat diese Papiere vor sieben Jahren gekauft. Damals hat keine Bankenaufsicht, kein Wirtschaftsprüfer und kein Vorstand dies kritisiert“, sagte Peiner dem Abendblatt. „Ein Aufsichtsrat kann nicht klüger sein als diese drei Gruppen zusammen.“

Diese Papiere haben den Eigentümern der Bank allerdings über einen langen Zeitraum eine ordentliche Ausschüttung beschert. Offensichtlich hat damals niemand die Frage nach ihrem Risiko gestellt.

Probleme könnte die Bank auch mit ihren Schiffsfinanzierungen bekommen, wenn die Weltkonjunktur weiter einknickt und die schon deutlich gesunkenen Frachtraten sich nicht erholen.

Insgesamt scheinen der Bank die Optionen auszugehen. Schon jetzt könnten die Bankenaufsicht  wegen der zu geringen Eigenkapitalausstattung eingreifen. Die Bank wird also um die Rekapitalisierung durch den Bund nicht herumkommen, wenn die Eigentümer selbst nicht bereit sind, Eigenkapital bereit zu stellen. Die Verhandlungsposition der Bank ist dabei denkbar schlecht. Das Gefeilsche um die Konditionen der Bundesmittel und die damit verbundenen Verzögerungen könnte die Bank sogar ernsthaft gefährden.

Es stellt sich außerdem die Frage, warum die Bank überhaupt an die Öffentlichkeit gegangen ist, denn ihr muss klar gewesen sein, dass das Kernkapital nicht ausreicht. Vermutlich sollte damit ein Signal an den Markt gesendet werden, damit die HSH Nordbank sich wieder günstiger refinanzieren kann. Am Dienstag (4.11.) betrug die Risikoprämie der Credit Spreads noch 315 Punkte. Das ist der höchste Aufschlag, den ein deutsches Kreditinstitut für Refinanzierung aktuell bezahlen muss. Damit sollte wohl auch Zeit gewonnen werden, um andere Alternativen der Rekapitalisierung zu prüfen.

Es ist jetzt rasches Handeln für die Bank angezeigt. Der Vorstand muss sich im Zweifel über die Bedenken seiner Eigentümer hinwegsetzen. Andernfalls gefährdet er den Bestand der Bank. Das Rettungspaket der Bundesregierung jedenfalls lässt die Sanierung des Instituts zu.

Nachtrag

Am Mittag hat es weitere Informationen zur HSH Nordbank gegeben: Der Vorstandschef der HSH Nordbank, Hans Berger, sagte heute vor dem Finanzausschuss des Landtages in Kiel, die Bank brauche aus dem staatlichen Rettungspaket nach derzeitigem Stand Bürgschaften von rund zehn Milliarden Euro. Er machte auch deutlich, dass das Institut zusätzliches Kapital benötigt, um sich zukunftsbezogen aufzustellen. Das Geld könnte von den Eigentümern oder aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds kommen.

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