Hintergrund: Anlegerstress und seine Bewältigung

by Dirk Elsner on 11. November 2008

Seit fasst einem Jahr stressen die Börsen

Seit fasst einem Jahr stressen die Börsen

Die aktuelle Situation an den Finanzmärkten stresst nun viele Anleger und Investoren seit fast einem Jahr. Seit Mitte September ist noch einmal eine deutliche Stresszunahme zu verzeichnen. Mittlerweile scheint es, als schwappe der Stress der Finanzmärkte auf die Realwirtschaft über. Selbst für hartgesottene und langerfahrene findet der Stress offensichtlich kein Ende.

Die Stressfieberkurve lässt sich dabei gut an der Volatilität (also den starken Kursausschlägen) der Finanzmärkte messen. Gerade weil eine Ende der stressigen Zeiten nicht abzusehen ist, ist dies vielleicht der richtige Zeitpunkt, sich mit dem persönlichen Stress zu befassen, den die Finanzmärkte bei vielen Menschen ausgelöst haben. Viele Anleger suchen nach Orientierung und überlegen sich, mit welchen Strategien sie ihren Stress bewältigen können.

Am Wochenende hatte ich dazu Gelegenheit in der sehr interessanten Dissertation von Birte Rothkopf zu lesen (Literaturhinweis mit Downloadquelle findet man am Textende). In ihrer umfangreichen Arbeit findet sich u. a. ein Abschnitt über das Anlegerverhalten in stressenden Börsensituationen. Vielleicht können die folgenden Auszüge ein wenig bei der Stressbewältigung helfen. Ich habe für die bessere Lesbarkeit dieses Beitrags den entsprechenden Auszug aus der Dissertation gekürzt und z.T. mit anderen Überschriften versehen. An einer Stelle habe ich ihn ergänzt um zusätzliche Informationen aus einem anderen Text.

Stresswahrnehmung

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Börsenbär stresst die Anleger

Anleger nehmen Stress wahr, wenn sie ein Problem wahrnehmen und die Bewältigung dieses Problems mit hohen Schwierigkeiten verbunden ist. Stressende Bewertungen treten auf, wenn eine Diskrepanz zwischen Soll- und Ist- Zustand auftritt. Es treten Informationen auf, die der Anleger nicht mehr als irrelevant oder positiv erachten kann. Von Bedrohung spricht man, wenn die Lage nicht so eindeutig und sofort lösbar ist. Die Bedrohung bezieht sich allgemein auf einen Verlust, der zwar noch nicht eingetreten ist, aber bereits antizipiert wird.

Stressreduktion durch Information

Im Stresszustand versuchen sich Anleger, die Situation plausibel zu erklären, denn hiervon ist ebenfalls abhängig, ob Stress tatsächlich entsteht. Möglicherweise liegt ja darin auch der hohe Informationsbedarf in der aktuellen Finanzkrise begründet. Wir fühlen uns gestresst und wollen verstehen, um den Stress zu reduzieren.

Die Situationserklärung beinhaltet die Ursachen- und die Verantwortlichkeitszuschreibung. Im Rahmen der Ursachenzuschreibung erforscht der Anleger die Ursachen, die ihn in eine derartige Situation geführt haben. Der Mensch ist bestrebt, eine kognitive Beherrschung der Zusammenhänge seiner Umwelt zu erlangen, d.h., dass er seine Umwelt verstehen will. Durch die hergestellten Ursache-Wirkungs-Beziehungen sollen dabei Gründe und Konsequenzen von Verhalten und Ereignissen ermittelt werden. Somit hat die Neigung, Erklärungen für Ereignisse zu suchen, für den Menschen die Funktion, sich ein stabiles Bild von der Umwelt zu machen mit dem Ziel, seine Prognosefähigkeit und Kontrolle über Situationen zu erhöhen.

Zum eigenen Schutz werden Schuldige gesucht

Zum Schutz des Selbstbildes neigen Individuen in Stresssituationen eher dazu, negative Ereignisse auf äußere Umstände zurückzuführen anstatt die Gründe in der eigenen Person zu suchen. Man stelle sich beispielsweise vor, dass ein Anleger einen Verlust, den er mit einer Aktie erwirtschaftet hat, darauf zurückführt, dass sich der gesamte Markt schlecht entwickelt hat und impliziert somit, dass er beim nächsten Mal wieder erfolgreicher sein wird. Damit soll das Selbstwertgefühl geschützt werde. Ob diese Begründungen eher realitätsangemessen oder selbstwertdienlich sind, hängt davon ab, ob sie eher vom Kontrollmotiv oder von dem Bedürfnis nach einem positiven Selbstbild getrieben werden.

Einfluss auf Selbstwertgefühl hängt von Kontrollüberzeugung ab

Kontrollüberzeugung nennt man die subjektive Einschätzung, ob die Kontrolle innerhalb oder außerhalb von der Person selbst liegt. Hierbei wir unterschieden in Personen mit internaler Kontrollüberzeugung und jenen mit externaler Kontrollüberzeugung. Internale Kontrollüberzeugung bedeutet, dass die Menschen sich selbst als den Verursacher von Ereignissen sehen. Bei der externalen Kontrollüberzeugung denken die Personen, das Ereignisse durch Glück, Zufall, Pech oder sogar durch mächtige Andere verursacht werden. Die Ereignisse werden als unkontrollierbar wahrgenommen, dementsprechend wenig leistungsmotiviert ist die Person, d.h. der Aufbau einer internalen Kontrollüberzeugung ist extrem wichtig.

Internale Attribuierungen von Erfolg bzw. Mißerfolg erhöhen bzw. senken den Selbstwert. Externale Attribuierungen haben demgegenüber keine Auswirkungen auf den Selbstwert einer Person. Zum Beispiel führen Verluste an der Börse lediglich dann zu einer niedrigeren Selbstachtung, wenn eigene Fehler dafür verantwortlich gemacht werden, und nicht, wenn der Markt im allgemeinen gefallen ist. Die Dimension der Kontrollierbarkeit hängt darüber hinaus auch mit Schuld und Scham zusammen. Wenn der Anleger annimmt, dass er z.B. Gewinne allein deshalb nicht erzielt hat, weil er unaufmerksam und nachlässig war, also aufgrund eines kontrollierbaren Grundes, dann wird sein Schuldgefühl wachsen. Wenn er den Grund jedoch allgemein in seinen eigenen mangelnden Talenten sieht, also in einem von ihm unkontrollierbaren Grund, dann wird er sich beschämt fühlen.

Zuschreibungen von Verantwortlichkeit resultieren nicht zwangsläufig aus bestimmten Ursachenzuschreibungen. Der subjektive Stress wird dann um so stärker sein, je mehr die zugeschriebene Selbstverantwortlichkeit und Kontrolle über die Situation von dem jeweiligen subjektiven Verantwortlichkeits- und Kontrollanspruch abweicht. Nur, wenn der Anleger ernsthaft den Eindruck hat, diese Probleme nicht bewältigen zu können, steigt sein Stresspegel tatsächlich signifikant an.

Panic!

1. Schritt zur Stressbewältigung

Der weitere Bewertungsprozeß einer möglicherweise stressauslösenden Börsensituation bezieht sich auf die eigenen Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten. Hierbei werden nun konkret psychische, materielle und soziale Ressourcen in bezug auf Möglichkeiten und Anforderungen der Situation bewertet. Zu den psychischen Ressourcen zählen insbesondere das Börsen Know-how und die Anlagestrategie des Anlegers, d.h. welche Kenntnisse er hat und welchen Investmentansatz er verfolgt. Materielle Ressourcen sind seine Vermögensgegenstände, sowie sein frei verfügbares Einkommen. Soziale Ressourcen beinhalten sein soziales Netzwerk, das Unterstützung in Form von informationsbezogener, finanzieller, materieller oder emotionaler Hilfe bietet.

Die allgemeine Erwartungshaltung und Einstellung des Anlegers ist entweder positiv oder negativ gefärbt. Wenn der Anleger ein positives Ergebnis seiner Engagements erwartet, wird er mit Sicherheit das Ausmaß der Schwierigkeit der Situation, in der er sich befindet geringer einschätzen, als wenn er ein negatives Ergebnis erwartet.

Wirksamkeit der Stressbewältigung hängt von eigener Erwartung ab

In Bezug auf die Stressbewältigungsmaßnahmen wird argumentiert, dass bei Menschen, die keine Kontrolle wahrnehmen, die Problemlösungsbemühungen gefährdet sind. Solche Anleger dürften demnach beispielsweise eher dazu neigen, sich nicht mehr mit dem Problem zu befassen und aufzugeben.

Von Kontrollattribuierungen zu unterscheiden ist die wahrgenommene Wirksamkeit des eigenen Handelns. Erwartete Wirksamkeit entspricht einem Urteil, wie gut man eine bestimmte Handlung ausführen kann, die zur Bewältigung einer Situation erforderlich ist. Darüber hinaus werden mit diesem Konstrukt der Selbsteinschätzung aber auch Determinanten bezüglich des Verhaltens, der Denkmuster und der emotionalen Reaktionen in beanspruchenden Situationen erfaßt. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass wahrgenommene Handlungswirksamkeit dazu führt, dass schwierige oder gar stressende Ereignisse als weniger bedrohlich und negativ wahrgenommen werden. Im Einklang hiermit wurde festgestellt, dass die Wahrnehmung von Bewältigungswirksamkeit das Erregungsniveau vor, während und nach einem Bewältigungsversuch senkt.

Von den Wirksamkeitserwartungen hängt es letztlich ab, wie viele Bewältigungsbemühungen der Anleger einsetzt und mit welcher Ausdauer er das tut. Dies kann damit begründet werden, dass ein hohes Wirksamkeitsniveau die Handlungsmotivation fördert. Diese z.T. generalisierten Erwartungen determinieren dann wiederum, wie die Informationen der Situation im Zusammenhang mit den Bewältigungsmöglichkeiten wahrgenommen und verarbeitet werden. Hierdurch beeinflussen sie den Entscheidungsprozeß bezüglich der Wahl der Bewältigungsstrategie. Personen mit hohen Wirksamkeitserwartungen bevorzugen Herausforderungen, setzen sich höhere Ziele und verfolgen diese konsequent.

Gleichzeitig werden Handlungen in Gedanken antizipiert. Personen mit hohen Wirksamkeits-Werten entwickeln eher optimistische Szenarien. Daher kann angenommen werden, dass Wirksamkeit also auch die Ergebniserwartung beeinflußt. Wirksamkeitsurteile bestimmen außerdem, wieviel Aufwand und Ausdauer Personen in eine schwierige Situation investieren. Diesbezüglich zeigen eine Reihe von Forschungen, dass Personen mit einem starken Wirksamkeitsgefühl deutlich mehr Aufwand betreiben, um Herausforderungen zu meistern. Rückschläge werden schnell überwunden und das Ziel weiter verfolgt. Je höher also die erwartete Wirksamkeit, desto größer ist die Leistung und desto geringer die emotionale Erregung.

Ein Ereignis wird nur dann als stressend empfunden werden, wenn die Person meint, Schwierigkeiten zu haben, damit fertig zu werden. Die Fähigkeiten einer Person werden somit psychisch den Bedrohungen aus der Situation gegenübergestellt und stellen einen bedeutenden kognitiven Faktor in der Bildung der psychischen Stressreaktion dar.

Die folgende Abbildung gibt noch einmal einen Überblick über die Elemente des Stresswahrnehmungsprozesses:

Elemente des Wahrnehmungsprozesses einer potentiell stressenden Situation
Elemente des Wahrnehmungsprozesses einer potentiell stressenden Situation                  Quelle: Birte Rothkopf, Die Persönlichkeit als Erklärungsansatz interindividueller Unterschiede im Anlegerverhalten an der Börse

Konkrete Schritte der Stressbewältigung

Bisherige Forschungen zum Stressverhalten haben ergeben, dass Personen grundsätzlich folgende übergeordnete Bewältigungsmaßnahmen ergreifen können:

  1. Tolerieren: Zulassen der Einwirkung bestimmter Stressoren und/oder Er-tragen des resultierenden Stresszustandes.
  2. Kontrollieren: Beeinflussen der stressauslösenden Bedingungen und/oder der Stresssymptome.
  3. Resignieren: Verringern oder Aufgeben jeglicher Bewältigungsansprüche und Bewältigungsanstrengungen.

Tolerieren

Im Rahmen der Situationsbewertung werden Stressoren dann tolerierbar, wenn sie eingeschätzt werden als

  • vorübergehend
  • weniger belastend im Vergleich zu dem Versuch, sie zu kontrollieren
  • unvermeidbar bei der Verfolgung übergeordneter Ziele
  • grundsätzlich unkontrollierbar.

Falls die Stressoren jedoch derart groß werden, dass der Anleger nicht mehr dazu bereit oder in der Lage ist, sie zu ertragen oder hinzunehmen, befindet er sich in einem Zustand, der schnell in Stress münden kann. Um Abweichungen (Soll-Ist Diskrepanzen) zwischen dem gewünschten Zustand und dem tatsächlichen zu beheben, kann der Anleger zunächst versuchen, den tatsächlichen Zustand dem gewünschten anzupassen. Hierauf wird im Rahmen von Kontrolle eingegangen. Wenn ihm dies nicht gelingt, wird er seine Ansprüche verändern bzw. senken müssen, die er an den gewünschten Zustand hinsichtlich seiner angestrebten Ziele stellt. Dies wird im Abschnitt zur Resignation behandelt.

Kontrollieren

Zur Kontrolle einer Stresssituation werden zunächst die Anpassungsanstrengung und der Anpassungsaufwand erhöht. Diese Bewältigungsmaßnahmen der Kontrolle werden differenziert nach „direkten Handlungen“ und „psychischen Prozessen“. Letztere werden erst dann in Gang gesetzt, wenn jemand keine direkten Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung oder Beseitigung einer Bedrohung sieht.

Manchmal ist die Anwendung emotionsorientierter Strategien eine notwendige Bedingung, dass problemorientierte Maßnahmen zum Erfolg führen, da hoher emotionaler Stress die Problemlösung erheblich beeinträchtigen kann. Auf der anderen Seite bewirken problemlösende Strategien, dass die Situation weniger bedrohlich erscheint, was wiederum Einfluss auf die emotionalen Stresssymptome hat.

Frankfurter Struck By Lightning

Problemorientierter Bewältigungsstrategien

Ein Anleger bewältigt eine Situation problemorientiert, wenn er nicht einfach nur über das Problem und die möglichen Folgen, die auftreten könnten, nachdenkt, sondern darüber, wie er es lösen kann. Bei der Problemorientierung wird insofern noch gar nicht direkt Stress wahrgenommen bzw. das Stressniveau ist noch relativ gering. Der Anleger sieht aber im Kontext potentiell stressender Börsensituationen Notwendigkeit, aktiv an Probleme und Hindernisse heran zu gehen. Vier Verhaltensweisen können hier als problemorientierte Strategien angesehen werden:

  1. Internale Kontrollüberzeugung
  2. Angemessene Risikofreude
  3. Aktive Informationsverarbeitung
  4. Analytischer Entscheidungsstil

Diese vier Anlegerverhaltensweisen haben gemeinsam, dass sie alle eher den rationalen Verhaltensweisen zuzuordnen sind. Denn ohne Kontrollüberzeugung, angemessene Risikofreude, aktive Informationsverarbeitung und einen analytischen Entscheidungsstil ist es nur schwer möglich, rational an der Börse zu agieren. Eine internale Kontrollüberzeugung ist meist Voraussetzung bzw. eine Art Grundlage, um eine aktive Informationsverarbeitung und einen analytischen Ent-scheidungsstil überhaupt an den Tag legen zu können. Beides sind Verhaltens-weisen, die auf eine Problemlösung abzielen und so im Rahmen der problemorientierten Situationsbewältigung zum Zuge kommen.

Ein Anleger mit internaler Kontrollüberzeugung ist der Meinung, dass seine Fähigkeiten für seinen Börsenerfolg entscheidend mitverantwortlich sind. Anleger, die eine problemorientierte Bewältigungsstrategie verfolgen, haben meist eine hohe Kontrollüberzeugung, ansonsten würden sie sich eingestehen, dass ihr Aufwand, den sie rund um ihre Anlageentscheidung betreiben, zwecklos ist. Das Streben nach Kontrolle führt dazu, dass ein problemorientierter Anleger versucht, für Geschehnisse, die er zunächst nicht nachvollziehen kann, rationale Erklärungen zu suchen.

Eine hohe Kontrollüberzeugung kann jedoch auf der anderen Seite leicht in eine Kontrollillusion übergehen. Diese Illusion von Kontrolle kann dazu führen, dass ein Anleger überhöhte Risikobereitschaft zeigt. Solange er demgegenüber entsprechend seiner Risikopräferenz anlegt und eine angemessene Risikofreude an den Tag legt, handelt er problemorientiert.

Dadurch, dass sich die Finanzmärkte durch eine fast einzigartige Informationsbreite und -dichte auszeichnen, ist die aktive Informationsverarbeitung ein Schlüsselfaktor für ein informiertes Handeln an der Börse. Ein Anleger, der aktiv Informationen verarbeitet, versucht so viele Informationen wie möglich zum Marktgeschehen bzw. zu bestimmten Aktien zu sammeln, um so einen Überblick über die aktuelle Situation zu gewinnen. Idealerweise berücksichtigt er alle verfügbaren Informationen. Solch einer aktiven Informationsverarbeitung kommt eine besondere Bedeutung zu als Grundlage für eine fundierte Anlageentscheidung. Eine derartige Informationsbasis ist Voraussetzung für einen analytischen Entscheidungsstil.

Emotionsorientierter Stressbewältigung

Bleibt der Erfolg rein quantitativer Aufwanderhöhungen aus, nimmt die Kontrollüberzeugung
ab. Es kommt zu einer zunehmenden Strukturveränderung des Anpassungsverhaltens: „Die Verhaltensstruktur wird einfacher, das Verhalten stereotyper, die Zeitperspektive kürzer“. Im Rahmen einer Aktivierung allgemeiner und schnell verfügbarer Reaktionsmuster werden Entscheidungsfindungsprozesse verkürzt und die Informationsverarbeitung vereinfacht. Gleichzeitig wird meist eine Anpassung durch Senkung des Anspruchsniveaus in Gang gesetzt. Emotionsorientierte Stressbewältigung ist vor allem auf die eigene Person konzentriert. Durch Strategien der Emotionsregulierung sollen negative Emotionen bzw. Stress reduziert werden.

Die emotionsorientierte Strategie wird vom Anleger zur Bewältigung eingesetzt, wenn er Stress wahrnimmt. Die Wahrnehmung von Stress und der Erkenntnis, dass problemorientierte Strategien nicht zum Erfolg geführt haben, bedingen sich oft gegenseitig und sind als wechselseitiger Prozess zu verstehen. Bevor er möglicherweise resigniert, versucht der Anleger sich bzw. seine Gefühle an die Umwelt anzupassen, was in einer solchen Situation seiner Meinung nach die einzig verbleibende Bewältigungsmöglichkeit ist.

Bei der emotionsorientierten Stressbewältigung kann man zwei Formen, die aktive und die passive Bewältigungsstrategie, unterscheiden. Unter aktiven Bewältigungsformen fasst man solche Verhaltensweisen, die mehr oder weniger aktives Agieren durch den Anleger voraussetzen. Passive Bewältigungsformen zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass der Anleger durch fast gänzliche Inaktivität versucht, das Problem zu bewältigen. Entsprechend werden die Anlegerverhaltensweisen folgendermaßen zugeordnet:

  • Aktiv/intuitiv
  • intuitiver Entscheidungsstil
  • Gewinne realisieren
  • Momentum-Strategie
  • Contra-Strategie
  • Passiv
  • passive Informationsverarbeitung
  • Verluste aussitzen

Passive emotionsorientierte Stressbewältigungsmaßnahmen zielen darauf ab, Emotionen durch passives Verhalten zu kontrollieren bzw. zu verdrängen. Im Rahmen passiver Bewältigungsstrategien ist der Anleger bestrebt, sein Anlageentscheidungsproblem zu reduzieren, indem er zur passiven Informationsverarbeitung neigt. An einem Beispiel verdeutlicht, blendet solch ein Anleger kritische Researchberichte von Analysten aus oder übersieht bewusst oder unbewusst Presseberichte, die negativ über die von ihm gehaltenen Wertpapiere berichten.

Ein weiteres Verhalten, das man zur passiven Bewältigungsstrategie zählen kann, ist das Aussitzen von Verlusten. Bei einer Nichtrealisierung von aufgelaufenen Verlusten in einer Aktie hofft der Anleger, mit diesem Wert doch noch einmal in die Gewinnzone zu gelangen.

Die vier Verhaltenweisen im Gewinn- und Verlustbereich können jedoch nicht immer als emotionsorientiert eingestuft werden, wenn der Anleger sich beispielsweise aufgrund von Analysen bewußt derartig verhält. In dem Fall könnte man sie auch als problemorientiert ansehen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass es beim Kontrollieren als Bewältigungsform problem- und emotionsorientierte Strategien gibt. Die problemorientierten Bewältigungsformen zielen in erster Linie auf die Auseinandersetzung mit der externalen Umwelt und auf die Lösung des Problems ab.

Die emotionsorientierte Bewältigung, in Form von aktiven als auch passiven Strategien dient der Emotionsregulierung und der Auseinandersetzung mit der eige-nen Person und deren Gefühlszuständen.

Resignieren

Wenn der Anleger letztendlich sowohl keinerlei Kontrollmöglichkeiten mehr wahrnimmt (Erleben von Hilflosigkeit) als auch keine Besserung der Situation erwartet (Erleben von Hoffnungslosigkeit), wird er verhaltensmäßig und mental resignieren .

Überblick über Maßnahmen zur Bewältigung potentiell stressender Situationen
Überblick über Maßnahmen zur Bewältigung potentiell stressender Situationen                Quelle: Birte Rothkopf, Die Persönlichkeit als Erklärungsansatz interindividueller Unterschiede im Anlegerverhalten an der Börse

Literaturhinweise:

  1. Birte Rothkopf, Die Persönlichkeit als Erklärungsansatz interindividueller Unterschiede im Anlegerverhalten an der Börse, Aachen 2003, S. 29 -55.
  2. dbamberger’s Weblog Kontrollüberzeugung

Fotos stammen per eingebettem Code von Flickr

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