Der Mittelstand kocht. Dass er nicht überkocht, liegt allein daran, dass er sich in den vergangenen Jahrzehnten an die Milliarden-Subventionen für Großunternehmen gewöhnt hat und er derweil weiter grundsolide seinen Geschäften nachgegangen ist. Während der Mittelstand mit den direkten und indirekten Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise kämpft und dabei nicht auf staatliche Unterstützung hoffen kann (und auch gar nicht auf die Idee kommt, diese einzufordern), nutzen wieder einmal Großunternehmen ihren öffentlichen Einfluss.
Opel braucht eine Bürgschaft von Bund und Ländern in Höhe von zwei Milliarden Euro, weil Forderungen gegenüber ihrer ins Trudeln geratenen Konzernmutter General Motors gefährdet sind. Soweit, so unklar. Und in der Tat befassen sich derzeit Bundes- und Länderregierungen ernsthaft mit diesem Wunsch nach einer staatlichen Subvention, denn nichts anderes ist eine Bürgschaft.
Wer als Mittelständler schon einmal eine öffentliche Bürgschaft zur Finanzierungsunterstützung in Anspruch genommen hat, der weiß, was für ein bürokratischer Akt erforderlich ist, um überhaupt an eine solche Bürgschaft zu gelangen. Da vergeht viel Zeit und muss viel Papier beschrieben und bewegt werden, um überhaupt in den Genuss solcher Mittel zu gelangen. Der Aufwand ist für die meisten Unternehmen so hoch, dass sie im Zweifel lieber auf eine solche Unterstützung verzichten.
Dabei spürt der deutsche Mittelstand ebenfalls sehr intensiv die Folgen der Finanzkrise. Der Credit Crunch macht sich auch hier bemerkbar, wenn auch nicht so spektakulär, wie bei Großunternehmen. Aber die Belastungen summieren sich. So sind Finanzierungen für Investitionen schwerer zu erhalten, die Finanzierungskosten für Leasing- und Kreditversicherungen sind gestiegen und Lieferanten haben ihre Lieferkreditlinien gekürzt. Die Liste lässt sich leicht verlängern. Neben diesen Belastungen von der Finanzierungsseite der Unternehmen her, geraten viele Unternehmen zusätzlich unter Druck, weil sich der Absatz nicht mehr so entwickelt, wie noch zu Beginn des Jahres.
Trotz der Belastungen jammert der deutsche Mittelstand nicht. Er jammert zumindest nicht öffentlich. Oder seine Klagen werden von den Politikern und Medien öffentlich nicht gehört, weil ein jammernder Mittelständler in der Öffentlichkeit so gut wahrgenommen wird, wie das Zwitschern eines Vogels in der vollbesetzten Arena auf Schalke, nämlich gar nicht.
Dennoch kocht es im Mittelstand, wenn er wieder einmal sieht, wie einfach und schnell sich ein Konzern per Lautsprecher Öffentlichkeit verschafft und vermutlich sehr schnell die öffentlichen Subventionen diesmal in Form einer Bürgschaft einstreicht.
Das Kalkül von Opel an dieser Stelle ist klar. Politiker folgen nicht der wirtschaftlichen Vernunft, sondern eine politökonomischen Rationalität, was im Klartext heißt, sie versuchen mit gegebenen Mitteln den Politikmix zu verfolgen, der ihnen ein optimales Wahlergebnis verspricht. So wundert es nicht, dass ausgerechnet Roland Koch, der zufällig im Januar die Neuwahlen in Hessen gewinnen will, den Autoschirm aufspannen möchte.
Während offensichtlich für Großunternehmen das „too big to fail“ in Mode kommt und einen warmen Segen verspricht, gilt für den Mittelsand „too small to yell“, was nichts anderes heißt, sie sind zu klein, um aufzuschreien.
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