Über die Bauchschmerzen mit der Opel-Bürgschaft und anderen staatliche Subventionen

by Dirk Elsner on 18. November 2008

Opel setzt Merkel unter Zugzwang ist heute im Handelsblatt zu lesen. Opel benötigt eine staatliche Bürgschaft, um im Falle der Insolvenz der ins Trudeln geratenen Mutter GM nicht ebenfalls mit in den Abwärtsstrudel gerissen zu werden. Was ist jetzt das Problem an der Bürgschaft für Opel? Dieser Beitrag versucht eine Antwort zu finden, die allgemein an der Subventionsproblematik anknüpft.

Grundsätzlich gehen wir in unserer Wirtschaftsordnung davon aus, dass der Marktprozess ohne staatliche Hilfe tendenziell zu guten und vernünftigen Ergebnissen führt. Dennoch können Subventionen in Form von Finanzhilfen (und nichts anderes ist eine Bürgschaft) in Grenzen ein legitimes Instrument der staatlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik zur gezielten Förderung bestimmter wirtschaftlicher Aktivitäten, zur Abfederung von Härten, zur Internalisierung von externen Effekten oder zur Einkommensumverteilung sein.

Ob diese Argumentation auch auf das Beispiel Opel zutreffen, darf bezweifelt werden. Nicht selten werden Subventionen nämlich auch zum Zwecke eines politischen Kompromisses oder zur Konfliktminimierung gewährt. Hier verhindert die angedachte staatliche Bürgschaft, möglicherweise eine andere marktwirtschaftliche Lösung für den Autobauer, wie z.B. Kauf der Werke durch einen Investor, Kauf oder Zusammenschluss durch bzw. mit anderen Herstellern usw.

In der öffentlichen Diskussion wird, wie auch für andere staatliche Finanzhilfen, auf die daraus folgenden Beschäftigungseffekte verwiesen. So wurde gegen die Erhöhung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Schnittblumen lt. Sachverständigenrat (2003) mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen im Floristengewerbe argumentiert, und im Falle einer Kürzung der Eigenheimzulage wurde die Zahl von etwa 100 000 weniger Beschäftigten im Baugewerbe genannt. Ungeachtet der Tatsache, dass solche Zahlen von den Betroffenen selbst in die Diskussion gebracht werden, so dass eine gewisse Skepsis gegenüber den behaupteten Größenordnungen berechtigt ist, enthalten die Argumente einen wahren Kern: Dort, wo Begünstigungen entfallen, ist auch mit einem Verlust an Arbeitsplätzen zu rechnen. Dies gilt auch für den Fall Opel.

Die Frage ist allerdings, wie hoch die Anzahl an Arbeitsplatzverlusten tatsächlich ist und welche Arbeitsplatzverluste durch die Verhinderung effizienterer Lösungen als öffentliche Hilfen langfristig verloren gehen. Hier liegt aber genau das Problem vieler Subventionen. Von vornherein lässt sich gar nicht sagen, wo die zusätzlichen Arbeitsplätze entstehen werden, wenn Subventionen nicht gewährt werden, weil sich die finanziellen Wohlfahrtseffekte durch Vermeidung bzw. Kürzung von Subventionen auf viele Wirtschaftssubjekte verteilen.

Dies macht es so schwer, wirtschaftlich gegen die Subvention von Opel zu argumentieren. Der Schaden bei Nichtgewährung der Bürgschaft ist spektakulär und offensichtlich. Der Nutzen bei Nichtgewährung verteilt sich auf viele Köpfe, wie z.B. auf Steuerzahler, Konkurrenten und Finanzinvestoren und andere. Die jeweiligen Einzelsummen sind aber zu gering und liegen deshalb unterhalb der politökonomischen Wahrnehmungsschwelle.

In Bereichen, in denen in den vergangenen Jahren vormals geschützte staatliche Monopolunternehmen in den Wettbewerb entlassen wurden, gab es im Vorfeld ebenfalls Befürchtungen drohender Arbeitsplatzverluste. Übersehen wurde aber regelmäßig, dass mit den neu in den Markt tretenden Unternehmen auch neue Beschäftigung geschaffen wurde, die nicht selten die Arbeitsplatzverluste der ehemaligen „Platzhirsche“ mehr als wettmachen konnten. Der Telekommunikationsbereich ist hier sicherlich das augenfälligste Beispiel.

In diesem Sinne könnten die Subventionen, die jetzt Opel für sich einfordert, auch anders verwendet werden, z.B. für die Förderungen von Innovationen oder Unternehmensgründungen, die einen Strukturwandel beschleunigen würden und ebenfalls langfristig Arbeitsplätze sichern helfen. Auch hier gibt es Probleme, wie z.B. Blogwave von verschiedenen Startups berichtet, die ihren Betrieb mangels Finanzierung einstellen müssen. Aber hier ist das Problem, die positiven Beschäftigungswirkungen solcher Fördermaßnahmen werden nicht unmittelbar wahrgenommen.

In diesem Blog zum gleichen Thema:

Da koch(t) der Mittelstand: Schnelle Mrd-Bürgschaften für Autoindustrie

Presseberichte zu Opel:

HB: Opel setzt Merkel unter Zugzwang

HB: Konzerne in Wartestellung

HB: Angst vor Präzedenzfall Opel

HB: „Bürgschaft für Opel ist Hilfe für GM“

FAZ: 40.000 Jobs bei Zulieferern gefährdet?

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