Am Samstag hat Barack Obama Details zu seinem Wirtschaftsprogramm veröffentlicht. Das übliche Reiz-Reaktionsmuster hat sofort wieder eingesetzt. Politische Gegner und “Experten” nutzen die Chance, wie immer, wenn jemand einen konkreten Vorschlag macht, sich auf Kosten dieses Vorschlags zu profilieren. Es bleibt zu hoffen, dass diese Schreihälse – meist fällt ihnen weder eine gute Lösung noch könnten sie diese durchsetzen oder begründen – diesmal stumm bleiben.
Denn es ist vollkommen unerheblich, wie der Vorschlag der neuen US-Administration im Detail aussieht. Es kommt nicht auf die einzelnen Maßnahmen an, sondern auf die damit verbundenen psychologischen Effekte. Der gewünschte Kickstart wird dann gelingen, wenn mit dem Startmomentum die herrschende Angst an den Kapital- und Realmärkten überwunden wird.
Wegen der unsicheren Rahmenbedingungen haben viele Unternehmen ihre bisherigen Strategien überprüft und Investitionen zurückgestellt. Genau die Verzögerung, die erstmalig weltweit simultan auftreten und durch die Kreditklemme noch verstärkt werden, haben den Abschwung, vor dem sich alle fürchteten, erst erzeugt.
Neuausrichtung fällt schwer
Eine konkrete neue Ausrichtung vorzugeben, fällt vielen Unternehmen derzeit noch schwer. Eine Ursache ist das Fehlen hinreichend stabiler Rahmenbedingungen. Dies führt dazu, dass Investitionsrechnungen mit einem deutlich höheren Risikosatz diskontiert werden und so viel eher zurück gestellt werden als bei stabilen und kalkulierbaren Rahmenbedingungen. Chancen entstehen in dieser Situation für die Unternehmen, die es am besten schaffen, die Unsicherheit zu managen. Ist ein schöner Allgemeinplatz, der in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen sein dürfte.
Angst verstärkt Zurückhaltung
Viele Menschen hat angesichts der aktuellen Wirtschaftssituation die Angst ergriffen. Unser Gehirn mag es nicht, wenn es die Auswirkungen von Aktionen und Handlungen auf unser Wohlbefinden nicht vorhersehen kann. Normalerweise nehmen wir Informationen aus unser Umwelt auf und glauben zu wissen, was passiert bzw. können in unserem Alltagsleben ziemlich genaue Vorhersagen auch ohne wissenschaftliche Analyse treffen. Dieser Mechanismus ist gründlich durcheinander geraten. Immerhin ist unser Gehirn so weit entwickelt, dass wir die Angst dennoch steuern können.
Schlechte Nachrichten senken Produktivität in den Unternehmen
Wir werden überschüttet mit Informationen, von denen wir glauben, dass sie erhebliche und zwar negative Auswirkungen auf unser Befinden haben könnten. Auf der Ebene der einzelnen Mitarbeiter steigt die Sorge etwa vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und der Gefährdung der Altersvorsorge. Dies lenkt ab und senkt die Produktivität in den Unternehmen. Die Angst lässt sich dabei nicht so einfach abschalten. Sie macht unkonzentriert und stört die “vernünftige” Verarbeitung von Informationen. Dadurch wird die Entscheidungsfindung beeinträchtigt und die Wahrscheinlichkeit für Fehler steigt.
Warten auf den Ruck
Es scheint fast so, als warten alle auf den großen Ruck, um die Angst und Zurückhaltung zu besiegen. Nicht wenige (ich gehöre dazu) denken, ein solcher Ruck, der diesmal eine globale Reichweite haben muss, kann personifiziert derzeit nur von Barack Obama ausgehen. Ob dies realistisch ist, lässt sich nicht beurteilen, sondern nur hoffen.
Dieser Ruck kann aber nur gelingen, wenn nicht sofort wieder alles auseinander genommen wird und endlos diskutiert und damit verzögert wird. Es kommt weniger auf die Inhalte an, als uns das viele Experten weismachen wollen. Es kommt darauf an, dass wir uns an Ludwig Erhard erinnern und an seinem überlieferten Mythos, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie sei.
Meldungen und Beiträge zu Obamas Wirtschafts- und Finanzpolitik
FTD: Obamas Wirtschaftskabinett: Kluge Köpfe mit Krawallpotenzial
Zeit: Konjunkturpaket soll schnell durch den Kongress
Calculated Risk: Summers: „Next few months are going to be very, very difficult“
NYT: Republicans Are Resistant to Obama’s Stimulus Plan
SZ: US-Bankenkrise: Washingtoner Realsozialismus
HB: Obama macht Ernst: Eine Billion gegen die Krise
FAZ: Obama nimmt die Finanzmärkte ins Visier
FTD: Obama will Finanzmärkte zügeln
Weisgarnix: Zeitreiseführer Buiter empfiehlt: Besuchen sie die Metallurgische Forschungsgesellschaft!
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