In den Meldungen zum spektakulären mutmaßlichen Betrugsfall um die ehemalige Wall Street-Legend Bernard L. Madoff drehte sich der öffentliche Fokus meist um die betrogenen Anleger. Mehrfach habe ich hier über die Anlagekaskaden geschrieben, mit denen nicht nur Madoffs Investmentfirma, sondern auch zwischengeschaltete Vermittler vermögende Kunden zum Teil vollkommen legal (nämlich über Provisionen) erleichtert haben.
Ein weiterer Blick lohnt auf die Banken, die mit der Abwicklung für Madoff betraut waren. Hier geraten insbesondere die HSBC und die UBS in den Fokus von Untersuchungen.
Vermögensberater prüfen Klagen gegen die britische HSBC und die UBS, die als Depotbanken für von Madoff gemanagte Fonds fungierten. Üblicherweise verwahren Fonds und Vermögensverwaltungen die Wertpapiere ihrer Kunden nicht selbst, sondern lassen dies von einer Depotbank erledigen. Für Investmentfonds ist es sogar Pflicht, dass die zu einem Fond gehörenden Wertpapiere nicht von der Kapitalanlagegesellschaft verwahrt und verwaltet werden. Die Kapitalanlagegesellschaftt legt einen Fonds auf, vertreibt ihn und bestimmt die Anlagepolitik. Durch die Deponierung des Sondervermögens bei einer unabhängigen Bank soll gewährleistet werden, dass eine strenge Trennung von Gesellschaftsvermögen und Fondsvermögen erfolgt.
Der Grund für die Klageempfehlung gegen die HSBC, die als Depotbank für den auch in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Herald (Lux) US Absolute Return Fonds tätig war: Sie hat als Depotbank die Madoff-Investitionen nicht sorgfältig genug geprüft und damit gegen Investmentgesetze verstoßen haben. Danach müssen Banken, die Wertpapiere für Fonds aufbewahren, sorgfältig prüfen, ob Fondsmanager korrekt agieren. Dazu gehört laut der EU-Fondsrichtlinie OGAW die Prüfung, ob mit dem Anlegergeld überhaupt Wertpapiere gekauft werden und das Kapital nicht abgezweigt wird. Unabhängig davon ob diese EU-Fondsrichtlinie juristisch Anwendung finden kann, sind darin Pflichten einer Verwahrstelle aufgeführt, die selbstverständlich sein sollten (Details siehe Anhang: “Verpflichtungen betreffend die Verwahrstelle”)
Nach Auskunft der amerikanischen Brokeraufsicht Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) hat Madoffs Wertpapierhandelshaus seit seinem Bestehen 1960 kein einziges Wertpapier für Kunden gekauft. Auch Unterlagen über Kundenkonten hätte er der Behörde nie vorgelegt, so Behördensprecher Herb Perone auf Anfrage des Handelsblatts. „Das hätte den Depotbanken auffallen müssen“ , sagt Anwalt Patrick Elixman, der auf Investmentrecht spezialisiert ist.
Auch die Fondsbranche übt scharfe Kritik an den Depotbanken. Laut Gesetz hätte sich die Depotbank regelmäßig davon überzeugen müssen, dass Madoff das ihm anvertraute Fondsvermögen ordentlich verwaltete. „Einer Depotbank müsste auffallen, wenn ein Fonds kein ordentliches Geschäft betreibt“, so ein Vermögensverwalter. Nach einer Mitteilung des Fondsverwalters, die dem Handelsblatt vorliegt, könne die Depotbank derzeit über die erworbenen Wertpapiere keine Angaben machen. „Das ist ein klarer Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei der Depotführung“, sagt Anwalt Elixmann.
Ins Visier der Anlegeranwälte ist nach Angaben des Handelsblatts zudem die österreichische Bank Medici geraten. Sie hatte die beiden Madoff-Fonds „Herald Lux“ und „Thema International“ verwaltet. Nach ihren Angaben hat Herald Lux ein Volumen von rund 2,5 Mrd. Dollar. Seit Anfang Januar steht die Bank wegen dem Madoff-Skandal unter Staatsverwaltung. Anwälte wollen das Institut jetzt wegen Fehlern im Fondsprospekt verklagen: „Nirgendwo taucht der Name Madoff auf, das ist ein klarer Fall von Prospekthaftung“, so Elixmann.
In den Fondsbedingungen, die zum Herald (Lux) US Absolute Return Fonds im Internet zu finden sind, ist als Investmentmanager genannt: “Bank Medici AG, Österreich, und/oder ein anderes/andere Unternehmen, das/die als Investmentmanager des Fonds bestellt wird/werden. Bei Bestellung solcher Unternehmen wird dieser Verkaufsprospekt entsprechend aktualisiert.“ Herald Lux legt sein Gelder in sogenannten Teilfonds an. Der Ausgabekursaufschlag betrug 5,26%. Daneben hat der Investmentmanager Anspruch auf Managementgebühren in Höhe von 2%, Erstattung für alle in angemessenem Ausmaß getätigten Auslagen sowie einer Performancevergütung in Höhe von 10% des Wertzuwachses. Das Entgelt für die Depotbank in Höhe von 0,125% des Fondsvermögen fällt da praktisch nicht ins Gewicht.
Presseberichte und weitere Dokumente
HB: Vermögensverwalter Madoff-Klagewelle rollt an
LSS LEONHARDT SPÄNLE SCHRÖDER Rechtsanwälte: Durfte Madoff anstelle der Österreichischen Investmentmanager kaufen und verkaufen ?
NYT: Live-Blogging the Senate’s Madoff Hearing
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Auszug aus OGAW-Richtlinie
RICHTLINIE DES RATES vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für
gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (85/611/EWG)
hier: Verpflichtungen betreffend die Verwahrstelle
Artikel 7
(1) Die Verwahrung des Vermögens des Investmentfonds ist einer
Verwahrstelle zu übertragen.
(2) Die Haftung der Verwahrstelle nach Artikel 9 wird nicht dadurch
aufgehoben, daß sie sämtliche oder einen Teil der Vermögensgegenstände,
deren Verwahrung sie übernommen hat, einem Dritten überträgt.
(3) Die Verwahrstelle muß außerdem
a) dafür sorgen, daß der Verkauf, die Ausgabe, die Rücknahme, die
Auszahlung und die Aufhebung der Anteile, die für Rechnung des
Investmentfonds oder durch die Verwaltungsgesellschaft
vorgenommen werden, den gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen
des Investmentfonds gemäß erfolgt;
b) dafür sorgen, daß die Berechnung des Wertes der Anteile den
gesetzlichen Vorschriften oder Vertragsbedingungen gemäß erfolgt;
c) den Weisungen der Verwaltungsgesellschaft Folge leisten, es sei
denn, daß sie gegen die gesetzlichen Vorschriften oder die Vertragsbedingungen
des Investmentfonds verstoßen;
d) dafür sorgen, daß ihr bei Geschäften, die sich auf das Vermögen des
Investmentfonds beziehen, der Gegenwert innerhalb der üblichen
Fristen übertragen wird;
e) dafür sorgen, daß die Erträge des Investmentfonds gemäß den
gesetzlichen Vorschriften und den Vertragsbedingungen des Investmentfonds
verwendet werden.
Artikel 8
(1) Die Verwahrstelle muß entweder ihren satzungsgemäßen Sitz in
dem Mitgliedstaat haben, in dem die Verwaltungsgesellschaft ihren
satzungsgemäßen Sitz hat, oder in ihm niedergelassen sein, wenn sie
ihren satzungsgemäßen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat.
(2) Die Verwahrstelle muß eine Einrichtung sein, die einer
öffentlichen Aufsicht unterliegt. Sie muß ausreichende finanzielle und
berufliche Garantien bieten, um die ihr als Verwahrstelle obliegenden
Tätigkeiten ordnungsgemäß ausführen zu können und den sich daraus
ergebenden Verpflichtungen nachzukommen.
1985L0611 — DE — 13.04.2005 — 006.001 — 16
▼B
▼B
(3) Der Mitgliedstaat bestimmt die in Absatz 2 bezeichneten
Kategorien von Einrichtungen, aus denen die Verwahrstellen gewählt
werden können.
Artikel 9
Die Verwahrstelle haftet nach dem Recht des Staates, in dem sich der
satzungsmäßige Sitz der Verwaltungsgesellschaft befindet, der Verwaltungsgesellschaft
und den Anteilinhabern gegenüber für Schäden des
Investmentfonds, die durch eine schuldhafte Nicht- oder Schlechterfüllung
der Pflichten der Verwahrstelle verursacht worden sind. Im
Verhältnis zu den Anteilinhabern kann die Haftung unmittelbar oder
mittelbar über die Verwaltungsgesellschaft geltend gemacht werden, je
nachdem, welche Art von Rechtsbeziehungen zwischen der
Verwahrstelle der Verwaltungsgesellschaft und den Anteilinhabern
bestehen.
Artikel 10
(1) Die Aufgaben der Verwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle
dürfen nicht von ein und derselben Gesellschaft wahrgenommen
werden.
(2) Die Verwaltungsgesellschaft und die Verwahrstelle haben bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und ausschließlich im
Interesse der Anteilinhaber zu handeln.
Artikel 11
Die gesetzlichen Vorschriften oder die Vertragsbedingungen des Investmentfonds
regeln die Voraussetzungen für einen Wechsel der Verwaltungsgesellschaft
und der Verwahrstelle und sehen Regelungen vor, die
den Schutz der Anteilinhaber bei diesem Wechsel gewährleisten.
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