Spitzenmanager schreiben sich in Davos endgültig ab

by Dirk Elsner on 29. Januar 2009

World Economic Forum Annual Meeting Davos 2003

Nur Gesten oder Aufbruch in Davos? (Foto flickr/WEF)

Mit geringen Erwartungen schaue ich in diesem Jahr zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Ich habe nicht den Eindruck, dass von der dort versammelten „Wirtschaftselite“  Impulse ausgehen werden. Dieser Eindruck wird bestätigt durch Aussagen von Samuel DiPiazza, Vorstandschef der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers, den das Handelsblatt wie folgt zitiert: „Das Tempo und die Intensität der Rezession hat die Psyche der CEOs erschüttert und eine globale Vertrauenskrise ausgelöst.“

Naiv frage ich wieder einmal, wer sitzt eigentlich in den Top-Funktionen der Top-Unternehmen? In einer marktwirtschaftlichen Ordnung wird mit elitärer Bezahlung auch elitäre Leistung erwartet. Wann können CEOs besser Führungsstärke zeigen als in solch wirtschaftlichen schweren Zeiten? Stattdessen scheinen viele Vorreiter in Banken und anderen Unternehmen weiter nahezu handlungsunfähig und hoffen auf die Unterstützungmaßnahmen staatlicher Stellen. So erschreckt es mich, wenn ich als eine Schlussfolgerung einer PwC-Untersuchung im Handelsblatt lese:

„Insgesamt wünschen sich die Manager mehr Orientierung von der Politik in Zeiten, in denen die globalen Trends nicht eindeutig zu erkennen sind. Denn nur 23 Prozent der CEOs glauben, dass sie über genügend Informationen über die Risiken verfügen, die ihre Geschäfte betreffen.“

Und weil viele Manager weder selbst Orientierung geben, geschweige denn eine neue Aufbruchstimmung beschwören können, schwänzen sie lieber die früher gern als Bühne verwendete Veranstaltung in Davos.  Dabei hätte man dort mal deutliche und nachhaltige Zeichen der Einsicht, des Aufbruchs und der Veränderung signalisieren können. Dies ist ein äußerst schwaches Bild einer Gruppe, die die Bezeichnung Wirtschaftselite nicht verdient hat.

Eliten, die Vorbildfunktionen erfüllen, die Risiken nicht nur für sich, sondern auch zum Wohle für ihr Unternehmen oder gar die Gesellschaft eingehen, die neue Wege suchen und gehen und die mitreißen können, sind derzeit kaum sichtbar. Aber vielleicht bringen ja die, die sich in Davos versammelt haben doch ein paar positive Zeichen in den nächsten Tagen zustande und jammern nicht über die „Endzeitstimmung in Davos“ (Süddeutsche).

PS

Bevor sich hier jemand über eine pauschale Managerschelte freut: Natürlich gibt es viele kräftig arbeitende und gerade jetzt vor Energie pulsierende Manager und Führungkräfte. Sie sitzen nur nicht an den öffentlichkeitswirksamen Schaltstellen der Top-Unternehmen. Sie wirken in ihren jeweiligen Unternehmen oder anderen Verantwortungskreisen außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung. Dort bewirken sie mehr als in einer medienwirksamen Funktion.

Weitere Beiträge zum Thema und vom Weltwirtschaftsforum

HB: Davos: USA fordern neues Verantwortungsbewusstsein

HB: Kollektive Depression in Davos

FTD: Weltwirtschaftsforum in Davos: Im Jahre eins nach Lehman

Pressemitteilung von PwC: Vorstandschefs erwarten kein schnelles Ende der Wirtschaftskrise

FAZ: Putin warnt vor zu viel staatlicher Intervention

CEO Survey von PWC als kostenlosen Download

FTD: Die unverbesserliche Super-Heuschrecke

Blick Log: Vom Schweigen und Versagen der Funktionselite

Weisgarnix: Davos im Sauerland

Süddeutsche: Analyse: Endzeitstimmung in Davos

RP-Online: Weltwirtschaftsforum: Die Großen von Davos beraten über die Krise

Stern: Wer es nicht mehr nach Davos schafft

Weltwirtschaftsforum im Zeichen der Wirtschaftskrise: Diesmal mehr als Amüsement?

SWR: Meedia: Davos: Das globale Dorf im Zeichen der Krise

HB: Soros: „Die Welt braucht ein neues Finanzsystem“

Davos Diary: Jeff Jarvis on The Lack of Trust

Big Picture: Davos: Is Capitalism, as We Know It, Dead?

HB: Davos ist wie Weihnachten

Spon: Lemminge in Davos

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