Die Ampel springt: Schneller Wechsel von Deflation auf Inflation

by Gastbeitrag on 25. Mai 2009

Gastbeitrag von Dr. Franz-Josef Lerdo

Den Anlegern geht es demnächst wie einem Autofahrer an der Kreuzung. Die Ampel ist auf grün, springt aber rasend schnell – nämlich ohne Gelbphase – auf rot, so dass er unweigerlich in die Radarfalle fährt. Was heißt dieses Bild für die Kapitalmärkte? Die letzten Monate waren geprägt von schlechten Wirtschaftsmeldungen. Aus der Finanzkrise entwickelte sich eine allgemeine Wirtschaftskrise. Die Aktienkurse haben sich in den letzten Wochen trotzdem – in der Erwartung einer möglichen Aufhellung der Großwetterlage – von den Tiefstkursen entfernt. An den Bondmärkten hat die dramatische Herabschleusung der Geldmarktzinsen durch die Notenbanken in Verbindung mit teilweisen Rückkäufen von langlaufenden Bonds die Zinskurve nach unten gedrückt. Die Inflationsraten sind weltweit rückläufig, auch die Rohstoffpreise und als besonderer Indikator der Ölpreis.Wie dauerhaft ist dieser Zustand, der deflationäre Züge hat?

Die Notenbanken werden bei den ersten Anzeichen einer konjunkturellen Erholung wiederum massiv in die Geld- und Kapitalmärkte eingreifen und die zugeführte Liquidität abschöpfen. Zu groß ist die Angst, dass das Zusammenspiel von monetaristisch geprägten Geldimpulsen und keynesianischen Fiskalmaßnahmen einen konjunkturellen Overkill bewirkt. Die Inflationsraten werden daher stark ansteigen. Von Deflationsängsten springt die Ampel unmittelbar auf Inflationsfurcht.

Wie sollten die Anleger auf dieses Wechselbad reagieren? Waren bisher noch Staatsanleihen guter Bonität das Maß aller Dinge und „gute“ Industrieanleihe eine Überlegung wert, dreht sich nun alles: Die Bondblase platzt, Inflation heißt raus aus allen Schuldverschreibungen, egal von welchem Emittenten, unabhängig von jeglicher Laufzeit.

Welche Assetklassen sind die neuen Favoriten? Es sind Sachwerte, also Aktien, Immobilien und Rohstoffe. Aktien sind klassische Sachwerte, die bei einer konjunkturellen Wende enormes Potential bieten. Immobilien sind ebenfalls traditionelle Inflationsgewinner. Hinzu kommt, dass der leverage über langfristige Finanzierungen derzeit so attraktiv wie noch nie ist. Rohstoffe, auch Edelmetalle, dürften ebenfalls von der zu erwartenden konjunkturellen Erholung in Verbindung mit einem beachtlichem Preisauftrieb profitieren. Bleibt die Frage nach den Bonds: Anleihen sind nur dann interessant, wenn sie Inflationsschutz bieten. Da derzeit noch Deflationsszenarien eingepreist werden, sind die heutigen Einstiegskurse bei inflationsgeschützten Anleihen günstig.

Kommen wir zurück zur Eingangsüberlegung: Statt an der Ampel in die Rotfalle zu fahren, sollten Anleger rechtzeitig das Tempo drosseln und die Spur wechseln.

Dr. Franz-Josef Lerdo

IfW Niggemann, Dr. Lerdo & Partner Family Office GmbH

Herrliberg, Schweiz

ketzerisch Mai 27, 2009 um 12:02 Uhr

Die zehnjährige Martkinflationserwartung in den USA hat sich innerhalb des letzten Monats von 0,6% auf 1,2% erhöht. Mal sehn, ob die FED jetzt mit der Geldabschöpfung beginnt. Ich traue dem Braten nicht….

Ulf Mai 25, 2009 um 23:28 Uhr

die deflation ist ja so eine art noise trading der wirtschaftsubjekte auf das preisniveau. In vielen Branchen sank es ja auch, was nicht zwingend Deflation heißt, aber bereits (nominell) zu Abschreibungsbedarf führt (falls man bilanziert). Nun emittieren Staaten viel Anleihen, um … das Bilanzieren/Abschreiben einfacher zu machen… Unterm Strich werden Emissionserlöse also NICHT für die Finanzierung zukünftiger (zusätzlicher) Wertschöpfung verwendet. Da selbst die meisten „Investoren“ sich die neuen Staatsanleihen per gegenseitiger Geldschöpfung bezahlen, wird am Ende mehr Geld ungefähr den gleichen realen Gegenwerten gegenüberstehen.

HRR Mai 25, 2009 um 09:50 Uhr

„Die Notenbanken werden bei den ersten Anzeichen einer konjunkturellen Erholung wiederum massiv in die Geld- und Kapitalmärkte eingreifen und die zugeführte Liquidität abschöpfen.“

Auf diesem Satz basieren die Annahmen Ihres Artikels. Doch wie realistisch ist es, dass wir das „Abschöpfen“ in den nächsten 1-2 Jahren erleben? Angesichts der Tiefe der Krise scheint mir das ziemlich blauäugig zu sein, auch wenn es dem breiten Konsens der Investoren entspricht.

Comments on this entry are closed.

Previous post:

Next post: