Premiere kickt sich ins Abseits mit Fußball

by Dirk Elsner on 29. Mai 2009

Die Aktien von Premiere sind nach einem Bericht des Handelsblatts am vergangenen Mittwoch um 15% gestiegen. Ursache sei ein positiver Analystenkommentar. Händler begründeten den Kurssprung mit einer Hochstufung durch Goldman Sachs: „Das neue Goldman-Ziel von 3,30 Euro ist ein Wort und sorgt für Fantasie.“ Am gleichen Tag veröffentliche Premiere, das sich bald Sky Deutschland nennen will, erste Einzelheiten zu neuen Preismodellen für Abonnenten. Als Alt-Arena-Kunden staune ich nicht schlecht über die künftigen Preise und über die Analyse.

Die Fußball-Bundesliga gibt es künftig nämlich nur noch im Paket mit 20 Fernsehkanälen für 32,90 Euro statt bislang solo für 19,90 Euro (bzw. 15 € als ehemaliger Arena-Kunde). Ich teile hier die Auffassung des Handelsblatts, das dazu schreibt:

“Das könnte viele Kunden vergraulen. Denn so mancher Bundesliga-Fan interessiert sich nur für Fußball und wäre wohl nicht bereit, für die zusätzliche Angebote von Sky gezwungenermaßen draufzuzahlen. Schließlich bekommt man die Bundesliga übers Internet zum Beispiel bei der Telekom für deutlicher weniger als 32,90 Euro.”

Allerdings hat das Handelsblatt übersehen, dass man bei der Telekom zum Fußball noch ein Paket aus Telefon, Internet und TV dazu buchen muss. Dies ist vor allem dann ärgerlich, wenn man einen länger laufenden Vertrag mit einem anderen Telefonprovider hat. Dort zahlt man sogar etwa 60 €, wenn die Bundesliga sehen will und weder seinen Telefonprovider noch seinen digitalen Kabelprovider wechseln mag.

Während Medien lediglich die Pressemeldung von Premiere abgedruckt haben, bemängelt die Blogwelt die Preispolitik der Murdoch-Tochter. “Preiserhöhung in einer Depression – BingO Premiere” schreibt Kaltaquise. Weiter ärgern sich der Pottblog mit  “Aus Premiere wird Sky – und die Preise steigen” und der Racingblog in “Raider heißt jetzt Twix “. Kritisch fasst Allesaussersport das neue Modell unter der Überschrift “Das neue Sky – ein Hauch von Luftnummer” zusammen:

“Für mich sieht es derzeit nach viel Boohay um wenig Neues aus. Diverse Kanäle haben einen neuen Namen bekommen, und die Sender sind mitunter in neue Pakete geschoben worden. Die anscheinend neu aufgenommen Sender sind eher Spartensender mit marginalen Interesse. Ich bin von der Sender-Auswahl enttäuscht. Enttäuschend ist, das kein rundes Sportpaket geschnürt worden ist und zum Beispiel die beiden SKY Sportkanäle mit ESPN America, sportdigital.tv oder EUROSPORT 2 bzw. EUROSPORT HD gebundelt wurde. Die Chance zur Pflichtveranstaltung für Sportfans zu werden, wurde versäumt.”

Insgesamt sind beide Angebote für den bezahlten Live-Fußball inakzeptabel und wieder einmal nicht auf die Bedürfnisse vieler Kunden abgestimmt. Beide Anbieter nötigen Interessenten dazu, Leistungen abzunehmen, die sie nicht benötigen. Diese durchsichtige Marketingstrategie wird wieder einmal nicht aufgehen. Für die Telekom wäre das allerdings nicht ganz so dramatisch, weil sie nur etwa 1/10 für die Bundesligarechte bezahlt hat im Vergleich zu Premiere.

Vor diesem Hintergrund ist erstaunlich, dass der Analyst von Goldman zu einer so  guten Prognose kommt, zumal Premiere ja auch noch die auf 250 Mio. € geschätzte Kampagne für die Namensumbenennung zahlen muss. Zur Begründung ist in der FTD zu lesen:

“Analyst Richard Jones hob den Bezahlfernsehsender in einer Branchenstudie vom Mittwoch als „starke Turnaround-Story“ in dem Sektor hervor. Unter dem neuen Management biete Premiere Chancen auf zweistellige Wachstumsraten, fuhr Jones fort. … Angesichts der verbesserten Konjunkturaussichten habe er unterdessen seine Ergebnisprognosen 2010 für die Medienbranche als Ganzes um 23 Prozent angehoben.”

Ich denke, eine tiefe Auseinandersetzung erübrigt sich. Da stellt sich eher die Frage, ob nicht Rubert Murdoch, dessen News Corporation Hauptaktionär von Premiere ist, da nicht mal seinem, dem Goldman-CEO Freund Lloyd Blankfein, mit dem er z.B. zusammen der “Partnership for New York City” vorsitzt (siehe dazu hier), um einen kleinen Gefallen gebeten hat.

Dem Analysten Richard Jones und der Geschäftsführung von Sky Deutschland empfehle ich derweil mal einen Blick in den Kommentarthread von allesaussport. Da erhält man eine Ahnung, ob das Preismodell funktionieren kann.

Nachtrag am 2.6.

Peter Körte kommentiert in der FAZ die Neuerungen bei Premiere ähnlich wie ich: Über den Krampf zum Spiel.

Auf Netzwelt.de gibt es einen interessanten Kommentarthread zum Artikel: „Ist Sky das bessere Premiere?„, in dem u.a. ein Leser ein alternatives Preismodell vorschlägt, das deutlich näher an den Kundenbedürfnissen liegt.

gerd F Mai 29, 2009 um 10:17 Uhr

Ich sehe das ähnlich wie Fussballseher. Das künftige Preismodell von Premiere ist ein No-Go. Ich werde dann wohl wieder auf das alte Dampfradio umstellen und bei besonderen Spielen die eingesparten Entgelte dem Wirt einer Fussballkneipe zukommen lassen 🙂

Fussballseher Mai 29, 2009 um 10:09 Uhr

Kurzfristig wird Premiere aber wohl punkten können, denn so wie ich es verstanden habe, kann man sich das bisherige Preismodell noch bis Ende Juni sichern lassen. So wird es Premiere vermutlich gelingen, die Abozahlen auch durch ehemalige Arena-Kunden kräftig nach oben zu ziehen. So gesehen ist die Strategie geschickt.

Anschließend wird das Wachstum allerdings abflachen oder gar negativ. Für die Perspektive der Aktie ist aber der langfristige Kundenzuwachs wichtig. Den gewährleistet das neue Preismodell nicht. Dieses Modell treibt die Kunden zur Telekom, deren Modell m.E. wesentlich geschickter ist. Allerdings ist auch hier ärgerlich, dass man wie hier richtig beschrieben, Leistungen abnehmen muss, die man schon hat (Telefon, Internet).

Persönlich ist lehne ich das neue Preismodell von Premiere/Sky ab, auch wenn es unsere Haushaltskasse zulassen würde. Fast 50 € für beide Fußballkanäle ist nicht akzeptabel.

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