Probleme und Chancen der deutschen Bankenlandschaft

by Gastbeitrag on 20. Juli 2009

von: Harald Klimenta in: Aus Politik und Zeitgeschichte 26/2009

Die Politik des Staates sollte darauf gerichtet sein, wirtschaftliche Machtgruppen aufzulösen oder ihre Funktionen zu begrenzen. Jede Festigung der Machtgruppen verstärkt die neufeudale Autoritätsminderung des Staates." Walter Eucken[1]

Mit zunehmender Tiefe und Tragweite der gegenwärtigen Krise sind plötzlich Gedanken erlaubt, die noch vor Jahresfrist töricht oder illusionär erschienen wären. So wird öffentlich darüber diskutiert, die Finanzmärkte radikal zu verschlanken, nicht nur bei den Landesbanken werden ganze Geschäftsbereiche abgewickelt. Im folgenden Text wird die These vertreten, dass das Bankenwesen aus Gründen der Kontrollierbarkeit, der Transparenz, der Stabilität und der ökologischen Nachhaltigkeit auf seinen produktiven Kern gestutzt werden muss. Dabei unterlässt es der Verfasser, sich Gedanken über die Durchsetzbarkeit oder Anschlussfähigkeit seiner Thesen zu machen, da die Krise täglich alte Gewissheiten zu Makulatur erklärt.

Banken sind "nur" Makler

Der Daseinszweck von Banken wird vernebelt, wenn von "Produkten" gesprochen wird, die von ihnen "vertrieben" würden. Ihre Rolle besteht nicht darin, alltägliche Dienstleistungen zu produzieren, sondern dafür Sorge zu tragen, dass jene in einer arbeitsteiligen Gesellschaft produziert werden können. Banken haben die öffentliche Aufgabe zu erledigen, die Versorgung der Gesellschaft mit Krediten sicherzustellen; sie sind keine gewöhnlichen Unternehmen. Hierzu organisieren sie den Geldkreislauf: Geld wird von Menschen, die im Moment zu viel, an Menschen umverteilt, die zu wenig davon haben. Mit anderen Worten: Banken sind in allererster Linie Makler, das heißt, sie bringen einen Überschuss- mit einem Defizitsektor zusammen. Überschüsse sammeln sich zumeist auf Seiten der privaten Haushalte an, Defizite beim Staat und bei (vor allem kleinen oder neu gegründeten) Unternehmen, die Investitionen vorfinanzieren müssen. Deshalb funktionieren Banken umso effizienter, je reibungsloser das Geld durch sie hindurchgereicht wird. Je mehr auf dem Verwaltungswege verloren geht, desto weniger Kredit wird geschöpft.

Beim Kreditgeschäft, dem Durchreichen des Geldes durch die Bank, hat jene allerhand Probleme zu meistern. Bei der Fristentransformation hat die Bank mit den relativ kurzen Einlagehorizonten ihrer Sparer im Vergleich mit den deutlich längeren Kreditlaufzeiten von Unternehmen zu kämpfen und trägt deshalb ein erhebliches Zinsänderungs- und Refinanzierungsrisiko. Und mittels der Risikotransformation versucht die Bank zu garantieren, dass die Spareinlagen ihrer Sparer zu 100 Prozent sicher sind, obwohl Kredite immer mit einem Ausfallrisiko behaftet sind, weil sie erst in prinzipiell unsicherer Zukunft bedient werden. Banken müssen also Informationen sammeln – sie müssen kreditwürdige Investitionen erkennen und fragen: Welcher Kredit wird mit maximaler Wahrscheinlichkeit selbst bei möglichst hohen Zinsen zurückbezahlt? Dieses ureigenste Interesse der Banken gehört zum Kern des Kapitalismus: Investitionen werden so gelenkt, dass sie dem Bankenwesen maximal nutzen. Im Folgenden wird ebenfalls die Frage zu erörtern sein, ob dies auch maximalen gesellschaftlichen Nutzen spendet.
Ein Blick auf die deutsche Bankenlandschaft offenbart, dass die Banken sich in ihrem Selbstverständnis und in ihren Organisationsformen und damit auch in der Effizienz ihrer Maklertätigkeit deutlich unterscheiden. In Deutschland existieren drei völlig unterschiedlichen Arten von Banken parallel nebeneinander ("Drei-Säulen-Modell"):[2]

  • Genossenschaftliche Institute haben einen Anteil von ca. 15,5 Prozent an der Bilanzsumme aller Banken. Hierzu zählen die ca. 1 300 Raiffeisen-, Volks-, und Spardabanken, deren Zentralinstitute Westdeutsche Genossenschafts-Zentral- (WGZ) und die Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank (DZ), Union Investment, genossenschaftliche Hypothekenbanken, die VR Leasing, die R+V Versicherung sowie kirchliche Genossenschaftsbanken und Spezialinstitute.
  • Öffentlich-Rechtliche Institute sind für ca. 45,5 Prozent der Bankbilanzen verantwortlich. Das sind ca. 500 Sparkassen und deren Zentralinstitute, die Landesbanken und die Deka-Bank, hinzu kommen die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und zehn Landesbausparkassen (LBS).
  • Privatbanken sind kleine, häufig exklusive Privatbanken wie Sal. Oppenheim oder Berenberg, Pfandbriefbanken wie die Hypo Real Estate sowie private Bausparkassen. Von ehemals fünf großen Privatbanken (mit einem Marktanteil von knapp 25 Prozent an der Bankenbilanz) bleiben nach den aktuellen Übernahmen (Deutsche Bank und Postbank, Commerz- und Dresdner Bank) nur drei, wobei die Hypovereinsbank seit 2005 eine Tochter der italienischen Unicredit ist. Hinzu treten weitere ausländische Privatbanken wie die City-Bank oder Fortis.

Hier die weiteren Abschnitte dieses Aufsatzes

Jede Säule bietet alles

Too big to fail – Große Banken machen große Probleme

Hiesiges Bankenwesen prädestiniert

Probleme der Landesbanken lösen

Nachhaltigkeit und Transparenz

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