Die Suche der Verbraucher nach verantwortlichen Kreditinstituten

by Gastbeitrag on 25. Juli 2009

von: Frank Bertsch u. Werner Just in: Aus Politik und Zeitgeschichte 26/2009

Die globale Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise setzt einen Schlusspunkt hinter das 20. Jahrhundert. Sie kann als Endphase von Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und nach dem Ende des Ost-West-Konflikts verstanden werden.[1] In der Weltwirtschaft sind große Ungleichgewichte der Handels- und Finanzströme entstanden. Sie rufen protektionistische Bestrebungen hervor.

Zugleich nähren sie eine Geldschwemme, die das Entstehen einer spekulativen Desorganisation von Anlagemärkten begünstigt hat und begünstigt. Es wird zu einer grundlegenden Korrektur der globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommen müssen – zunächst auf den Finanzmärkten. Die Bewältigung der Krise wird eine andere Großwetterlage im 21. Jahrhundert schaffen. Ökonomen erwarten einen neuen langwelligen Zyklus ökonomischer und ökologischer Entwicklungen, den fünften Kondratieff-Zyklus.[2]

Transnationale Antworten auf die globale Krise

Die Bundesrepublik erweist sich mit dem Finanzmarkt-Stabilisierungsfonds Soffin, dem Wirtschaftsfonds Deutschland und den Konjunkturprogrammen in der Krise als handlungsfähig, und sie wird dies auch in der anhaltenden Strukturkrise der Märkte weiter bleiben müssen. Während sich die Probleme des Finanzmarkts in den Jahren 2007 und 2008 von den USA aus weltweit ausbreiteten, setzte die Rezession der Realwirtschaft – nach einer konjunkturellen Abschwächungsphase – in den führenden Volkswirtschaften fast simultan im vierten Quartal 2008 ein. Der tiefgreifende wirtschaftliche Abschwung wird die Weltwirtschaft im Jahr 2009 prägen und sich auch 2010 auswirken. Die Erholung von der globalen Krise wird länger dauern. Staatsverschuldung wird nicht zu vermeiden sein. Eine prozyklische Politik wie in der Weltwirtschaftskrise der Jahre 1929/30 wäre vor heutigen und künftigen Generationen nicht zu verantworten.

Das Versagen der Selbstregelungskompetenz der Finanzmärkte und der Verlust ihrer Funktionssicherheit verdeutlichen, dass sowohl auf nationaler wie auf transnationaler Ebene staatliche Ordnungskompetenzen erforderlich sind. Es gilt, neue Regeln für alle Bereiche, Geschäfte und Produkte der Finanzwirtschaft auszuhandeln und eine zweckmäßige Aufteilung der Kontrollkompetenzen auf nationale und transnationale Instanzen vorzunehmen. Die Treffen der weltwirtschaftlich einflussreichsten Ländergruppe der G 20 in Washington (November 2008) und London (April 2009) haben gezeigt, dass die Regierungen in der globalen Krise Handlungsfähigkeit besitzen. Von Bedeutung ist auch, dass sich die Vereinigten Staaten und China darauf verständigt haben, ihre ungleichgewichtigen Handels- und Finanzbeziehungen zu ordnen. Die Londoner Beschlüsse zur Aufsicht über Finanzmärkte und finanzwirtschaftliche Unternehmen (Banken, Hedge-Fonds, Rating-Agenturen u.a.) sowie zur Eigenkapitalausstattung und Bilanzierung der Institute leiten einen Reformprozess ein. Die Etablierung eines systemischen Überwachungs- und Warnsystems durch das neue Financial Stability Board (FSB) und den International Monetary Fund (IMF) kann die Entwicklung der Finanzmärkte und Volkswirtschaften nachhaltig beeinflussen. Die Umsetzung der Londoner Beschlüsse in Regelwerke wird einige Zeit erfordern. Die G 20 wollen diesen Prozess begleiten. Das Zeitfenster für eine international übereinstimmende Neuordnung der Finanzmarktverfassung wird nur für eine kurze Zeit unter dem Eindruck der Krise offen sein. Ermutigend ist, dass die gemeinsamen ordnungspolitischen Bemühungen Deutschlands und Frankreichs zur Schaffung neuer Finanzmarktregeln international Unterstützung fanden und finden. Die Abstimmung beider Länder wird sich bei der Steuerung der Finanzmärkte in den Ländern der Euro-Zone und der Europäischen Union bewähren müssen.

Weitere Abschnitte in diesem Aufsatz zum Weiterlesen

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