Shareholder Value wieder als Management-Prinzip?

by Dirk Elsner on 2. August 2009

Frank Wiebe hat sich gestern im Handelsblatt und in seinem Blog für den Shareholder Value, wie er wirklich zu verstehen ist, eingesetzt. Das Prinzip des Shareholder Values ist in den letzten Monaten bekanntlich deutlich in die Kritik geraten. Wiebe bemüht sich um die richtige Einordnung und der Blick Log sekundiert dabei.

Jack Welch hatte in der Business Week und der Financial Times das Shareholder Value-Prinzip bereits beerdigt. Ecolot hatte dazu im Handelsblatt einige zentrale Äußerungen von Welch zusammengetragen:

“Die Frage war doch, was ich davon halte, shareholder value zur Strategie eines Unternehmens zu erheben. Das ist tatsächlich eine blöde Idee, denn shareholder value ist keine Strategie, sondern ein Ergebnis von Strategien." Nur den shareholder value zu steigern, motiviere doch niemanden, die tägliche Arbeit zu verrichten. Dabei sei wichtig, sowohl auf kurzfristig als auch auf langfristig wirkende Strategien zu setzen: "Ein guter Manager weiß, wie er heute etwas nehmen muss, träumt aber auch gleichzeitig von der Zukunft." Nur wenn man beides beherrsche und berücksichtige, profitierten das Unternehmen, seine Kunden, die Gesellschaft und letztlich auch die Anteilseigner.”

In der Diskussion über die Ursachen der Finanzkrise wird vergleichsweise forsch die Ansicht verbreitet, eine der Ursachen läge im Shareholder Value-Prinzip. Dieses Prinzip stehe je nach Weltanschauung als Synonym für effiziente Unternehmensführung oder für eiskalten Turbokapitalismus. Nach Fredmund Malik liegt eines der Übel, die die Finanzkrise verursacht haben, in der aus den USA kommenden Corporate Governance und meint damit ebenfalls die Shareholder-Value-Philosophie. Damit diese "Irrlehre für Manager" ein Ende habe, empfahl Malik in der Schweizer "Weltwoche" allen Unternehmen, die sich bislang am Shareholder-Value-System orientierten, eine ganz neue Governance. Denn das Problem habe keine ökonomischen Ursachen. Die Führungs- und Aufsichtsprinzipien der Wirtschaft, Corporate Governance genannt, müssen dringend renoviert werden. In einem weiteren Interview empfiehlt Malik dazu die konsequente Ausrichtung des Unternehmens an den Kundenbedürfnissen.

Dabei hatte Alfred Rappaport, der „Entdecker" dieser Managementphilosophie, lediglich selbstverständliche Ziele aufgeschrieben, die schon lange Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie waren. Das Prinzip des Shareholder Value ist nämlich im Prinzip nur eine “beratungskonforme Verpackung” für das Unternehmensziel Marktwertmaximierung, einem Konzept, das auf der Barwertmethode aus der Entscheidungstheorie basiert. Als Leitbild taucht diese Methode in praxisnaher Literatur unter der Bezeichnung „Shareholder value" oder „Wertmanagement" auf. Den Methoden gemeinsam ist, dass ein künftiger Zahlungsstrom mit einem risikoadjustiertem Zins diskontiert wird.

Shareholder Value war nie eine neues weiteres revolutionäres Managementkonzept, sondern es geht dabei einzig darum, die Determinanten des Unternehmenswerts so zu steuern, dass der Wert möglichst hoch wird. Nach diesem Konzept besteht die beste Unternehmensstrategie darin, den Cashflow nicht nur in einer Periode sondern kontinuierlich zu steigern. Das geht am besten durch langfristiges Wachstum der Zahlungsüberschüsse.

Vereinfacht kann man ja das Shareholder-Prinzip mit folgender Formel darstellen:

formel1

Diese Formel hat den Vorteil, dass sie Einflussfaktoren des Shareholder-Value sichtbar macht. So wirken alle einzahlungserhöhenden und auszahlungmindernden Maßnahmen positiv auf den Marktwert. Entscheidend ist dabei, dass dies nicht einmalig, sondern über einen längeren Zeitraum passiert. Weiterhin hat das Risiko einen erhebliche Einfluss auf die Wertbildung. Die Reduktion von Risiko wirkt jedenfalls wertsteigernd, wie man aus der Formel sehen kann.

Die Zielvorgabe für das Management lautet nach diesem Prinzip, Handlungen und Investitionsstrategien danach auszuwählen, ob sie Wertbeiträge für die Eigentümer schaffen. Andere Anspruchsgruppen werden indirekt berücksichtigt, so die These. Gelänge es dem Unternehmen nämlich nicht, finanzielle Ansprüche der Shareholder zu befriedigen, wäre seine Lebensfähigkeit bedroht, weil ihm die Eigentümer die Unterstützung entzögen.

Forderungen anderer „Anspruchsgruppen" sind implizit in der Zielfunktion enthalten. So erhöhen unzufriedene und unmotivierte Mitarbeiter das Risiko, vermindern die Zahlungsüberschüsse und erhöhen die Kosten, vermindern also den Unternehmenswert. Unethisches Verhalten im Wettbewerb oder gegenüber Kunden kann vielleicht kurzfristig die Zahlungsüberschüsse erhöhen, jedoch nicht langfristig. Unternehmen müssen also auch für derartige Verstöße mit Marktwertminderungen rechnen. Auch wenn andere Anspruchsgruppen als die Eigentümer im Konzept des Shareholder Value nicht ausdrücklich vorkommen, so werden doch viele unternehmenstypische Entscheidungsparameter indirekt darin berücksichtigt, weil sie Einfluss auf die Ein- und Auszahlungen und das Risiko haben. Die Methode berücksichtigt also sowohl langfristige Wirkungen von Entscheidungen als auch Risikoaspekte.

Eine besondere Förderung des Risikos lässt sich aus dieser Methode nicht ableiten, weil die Risikoerhöhung wertmindernd wirkt. Viele von Managern initiierte risikoreiche Maßnahmen zielen auf die kurzfristige Erhöhung der Zahlungsüberschüsse, weil daran häufig Bonuszahlungen gekoppelt sind. Eine kurzfristige Erhöhung von E(ZÜ)t hat aber nach der oben stehende Formel gar keine besondere marktwerterhöhende Wirkung.  Ein konsequente Anwendung des Shareholder-Prinzips hätte also möglicherweise die Exzesse der Finanzkrise verhindern können. Dazu hätte es aber einer intensivere Steuerung gerade durch die Eigentümer bzw. Aktionäre bedurft.

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